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 Die Lichter der Koboldstadt

Storyband

Autoren: Simon Clark
Illustratoren: David Magitis
Übersetzer: Martin Weber
Verlag: Eloy Edictions

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Der Bram Stoker-Award, der World Fantasy-Award, der British Fantasy-Award ... wenn ein Autor, der für die eben genannten Preise nominiert war beziehungsweise deren Preisträger ist, so darf man sicherlich von mehr als nur durchschnittlichem Talent sprechen. Deshalb stimmt die Tatsache, dass hierzulande von dem Briten Simon Clark bis auf eine Handvoll Kurzgeschichten noch keines seiner exzellenten Werke übersetzt worden sind, nachdenklich. Oder sollten die Awards und Übersetzungen in fünfzehn Sprachen womöglich doch nur ein Trugschluss gewesen sein? Vielleicht können die drei Erzählungen des bei Eloy Edictions herausgegebenen Storybandes "Die Lichter der Koboldstadt" eine Antwort darauf geben.

"Auf Schwingen, die so dunkel schlagen ...": Der Auftakt des Bandes hätte kaum besser gewählt sein können. Wer allerdings aufgrund des doch ziemlich verträumt, ja beinahe romantisch klingenden Titels eine zahnlose Story vermutet, der erlebt sein blaues Wunder. Fast harmlos, ja passiv, beginnt der Schrecken für den sympathischen Protagonisten in Form eines Risses in der Wand. Selbst das unvermittelte Auftreten eines Erdloches scheint ihn - noch - nicht aus der Ruhe zu bringen. Doch spätestens, nachdem die Erde ihre geflügelten und hungrigen Bestien ausgespieen hat, herrscht blankes Chaos und unvorstellbares Entsetzen - inklusive einem perfekt konsequenten Höhepunkt. Es ist mehr als nur vorbildlich, wie sich Simon Clark eines alten Schuhs annimmt, ihn auf Vordermann bringt und schlussendlich etwas vollkommen Eigenständiges präsentiert.

Bei der "Hand des Ruhmes" handelt es sich um das mumifizierte Überbleibsel eines gehängten Mörders - und kann Menschen angeblich in Trance versetzen. Zu dumm nur, dass die Hand ausgerechnet bei zwei kleinen Einbrechern landen muss, die sich damit Reichtum und Macht erhoffen, jedoch etwas gänzlich anderes beschwören ...
Auch die Prämisse dieser Story ist sicherlich alles andere als neu. Wer jedoch erwartet, dass die Geschichte eine vertraute Wendung einschlagen wird, irrt sich gewaltig. Bitterböse und in ungeahntem Ausmaß gipfelt die Erzählung in einem Finale, nach dem man sich erst mal den Schweiß von der Stirn wischen muss.

Ähnliches trifft auch auf die dritte und damit letzte Erzählung zu - der titelgebenden (und 2001 mit dem British Fantasy Award ausgezeichneten) Story "Die Lichter der Koboldstadt", bei der man sich nicht des Gefühls erwehren kann, dass Clark sich mit den vorangegangenen Geschichten erst mal warmgelaufen hat und jetzt sein Pièce de résistance vorlegt. Das winterlich graue London, die abartigen Vorgänge auf lokalen Friedhöfen und nicht zuletzt die Rückkehr einer einstigen Gothic-Sängerin - diese Zutaten verwandeln sich unter Clarks Obhut in ein Festmahl, das mindestens so innovativ wie faszinierend ist und sich - ähnlich wie Clive Barkers beste Werke - letztlich jeder Kategorisierung entzieht.

Zieht man den Großteil der gegenwärtig in Deutschland veröffentlichten Horrorautoren zum Vergleich, so ist es schlichtweg unverständlich, warum ein Autor vom Schlage eines Simon Clark bislang nur als Geheimtipp fungiert. Obwohl der Inhalt von "Die Lichter der Koboldstadt" nur aus drei mehr oder minder langen Erzählungen besteht, offenbart der Brite eine Vielfalt und Orginialität, die ihresgleichen sucht. Und wer schon mal das Vergnügen hatte, einen ganzen Roman aus Clarks Feder lesen zu dürfen, der weiß, dass dies alles andere als die Ausnahme ist.

Darum: Gebt uns mehr von Clark!

Torsten Scheib



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