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 Todeszug nach Yuma


Cover
Gesamt +++++
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Ungewöhnlich, dass heutzutage noch Western produziert werden. Das Genre scheint ausgelutscht, der Wild-West-Film wartet auf den Galgen. Umso erfreulicher, dass Regisseur James Mangold ("Walk the line") sich als Outlaw der Filmbranche erweist und sich noch einmal in den Sattel schwingt. Und dafür hat er mit Christian Bale als Farmer und Russell Crowe als Postkutschenräuber hochkarätige Schauspieler gewinnen können.

Dan Evans hat es schwer: Er ist ein Krüppel, nachdem ihm im Bürgerkrieg wegen einer Schussverletzung ein Teil eines Beines amputiert werden musste, seine Farm ist trocken, weil es nicht regnen will und sein Nachbar den Fluss gestaut hat, der die Familie mit Wasser versorgen sollte, und er hat Schulden, die er nicht abbezahlen kann. Die Eisenbahngesellschaft will sein Land kaufen, um eine neue Strecke hindurch zu verlegen, und Evans steht kurz davor nachzugeben. Außerdem fühlt er sich von seiner Frau und seinen beiden Söhnen nicht mehr geachtet. Als in der nahegelegenen Stadt Bisbee noch ein Mann für einen Gefangenentransport gesucht wird, will er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Der Lohn für diese Aufgabe würde seine Farm retten, außerdem hofft Evans, sich dadurch den Respekt seiner Familie zurückzuholen.
Der Gefangene ist Ben Wade, ein berüchtigter Outlaw, der mit seiner Bande regelmäßig brutale Überfälle auf Geldtransporte verübt. Er ist besonnen, berechnend und skrupellos, dabei aber ein Mann mit Charme und Prinzipien. Und er zeigt, dass er sich um seine Haut keine Sorgen macht, denn seine Bande ist da draußen, um ihn zu befreien.
Geschnappt wurde er in Bisbee, auch Evans war daran beteiligt. Man will ihn vor Gericht stellen, dafür muss er aber erst ins Gefängnis nach Yuma. Der Zug dorthin fährt einmal in der Woche um 3:10 Uhr nachmittags in Contention ab, also muss Wade dorthin gebracht werden. Für Evans, den Kopfgeldjäger Byron McElroy und einige Leute von der Bahngesellschaft beginnt ein Wettrennen gegen die Zeit, Wades brutale und gerissene Kumpane sind ihnen auf den Fersen, weiterhin müssen sie durch Indianergebiet und durch den neuen Eisenbahntunnel, in dem gerade die Schienen verlegt werden. Wade erweist sich dabei als zäher Gefangener, aber auch als ungewöhnlicher Ganove und vielschichtiger Mensch.

Der Film "3:10 to Yuma" ist eine Neuauflage des gleichnamigen Westerns von 1957 und was damals als "Zähl bis drei und bete" in die deutschen Kinos kam, heißt heute "Todeszug nach Yuma". Der deutsche Titel ist deshalb unglücklich gewählt, weil der wahre Gegenspieler von Christian Bale nicht Russell Crowe, sondern die Zeit ist - der amerikanische Titel hebt das deutlich hervor. Aber in Deutschland muss der Titel wohl immer reißerisch klingen.
So viel zum Titel, ansonsten ist dieser Western einer der besten, die in den letzten zwanzig Jahren produziert wurden. Mangold beweist, dass das Genre noch nicht ausgereizt ist, und legt zudem ein Musterbeispiel für moderne Western vor. Er ist nicht so geleckt wie die frühen US-amerikanischen Wild-West-Streifen, nicht so dreckig wie die Italo-Western der Sechziger und Siebziger, nicht so verspielt wie die Filme der Achtziger und hat nicht den fast schon zwanghaft epischen Charakter der Neunziger-Western. Vielmehr greift sich der Film aus diesen vier Stilrichtungen das Beste heraus, würfelt es gekonnt durcheinander und kombiniert es mit etwas, das im Western viel zu selten wirklich hervorsticht: Charaktertiefe. Nur über die hervorragend präsentierten Hauptcharaktere, ihre Hintergründe und die daraus resultierenden Motivationen kann man das Ende des Films überhaupt verstehen.
Die Hauptdarsteller passen gut in ihre Rollen - und gut zueinander. Das nicht immer auf Anhieb durchschaubare Wechselspiel zwischen gegenseitigem Abtasten und Beobachten einerseits und zweckmäßiger Kumpanei andererseits ist überzeugend und unterhaltsam. Ein wirkliches Gut und Böse gibt es bei dem Duo Evans/Wade nicht: Jeder wird durch eine Überzeugung angetrieben, befindet sich in einer Grauzone, die von besorgten Ehefrauen, brutalen Kopfgeldjägern und gemeinen Eisenbahnschienenbauern umspült wird. Bale, dessen Rolle als vom Respekt der Seinen verlassenen Familienvater etwas Resigniert-abgestumpftes hat, wird von Crowe leicht in den Schatten gestellt, was an dessen starker Präsenz liegt. Er spielt den intelligenten, aber von seinem Tun auch etwas gelangweilten Outlaw mit einer überzeugenden Gelassenheit, die perfekt auf den Schauspieler passt. Interessant sind aber auch die Nebenrollen: Altstar Henry Fonda als raubeiniger Anführer der Pinkertons - Kopfgeldjäger und Handlanger im Auftrag der Eisenbahngesellschaft - macht seine Sache sehr gut und zeigt, dass er noch rüstig ist; Logan Lerman spielt Dan Evans heißspornigen Sohn William mit Hingabe; und Ben Foster gibt einen wunderbar lässigen, skrupellosen Charlie Prince ab, den Unteranführer von Wades Bande, intelligent, energisch und cool.
Die Besetzung ist Regisseur Mangold wirklich gelungen. Sie agiert vor gekonnt geführter Kamera an Originalschauplätzen, keine Szene wurde im Studio gedreht. Die Musik von Marco Beltrami ist dezent und minimalistisch ohne epische Streicherpassagen. Morricone stand Pate, dennoch hat Beltrami ein gutes eigenständiges Werk geschaffen.

Die DVD spart nicht mit Extras: Neben dem informativen Audiokommentar von Mangold befinden sich ein gutes Making-of und einige Features zum historischen Wild-West-Hintergrund und zur Legendenbildung um Outlaws und Banditen auf der Scheibe. Einige entfallene Szenen und Trailer runden das Ganze ab.

Dieser Western ist großartig. Wer Negativkritik anbringen will, muss schon sehr in den Details suchen - hier könnte man anmerken, dass Bale scheinbar hin und wieder nur halbherzig daran gedacht hat, dass seine Figur ein Holzbein hat. Aber das ist Erbsenzählerei. Endlich wieder ein Western, der zu unterhalten weiß und nicht nur schwer im Magen liegt wie der mit dem tanzenden Wolf oder der mit dem erbarmungslosen Opa Eastwood. Mehr davon und man könnte von einer Renaissance des Westernfilms sprechen.

Stefan Knopp



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 1. Mai 2008 | FSK: 16 | Laufzeit: 118 Minuten | Originaltitel: 3:10 to Yuma | Preis: 13,45 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch, Englisch, Türkisch, Englisch für Hörgeschädigte | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Englisch

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