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 Die letzte Königin der Kelten


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Spannung
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Die keltische Stammeskönigin Boadicea, die ihr Volk im ersten Jahrhundert nach Christus lange Zeit erfolgreich gegen die römischen Invasoren angeführt hat, gehört zu den strahlendsten historischen Frauenfiguren der britischen Inseln. Kein Wunder also, dass sich zahlreiche Legenden und Sagen um diese englische Volksheldin ranken oder dass verschiedene Künstler - Musiker, Maler wie Schriftsteller - von ihr inspiriert wurden: Enya hat ihr einen Instrumentalsong gewidmet, in Marion Zimmer Bradleys Avalon-Romanen findet sie regelmäßig Erwähnung und Manda Scott hat ihrem Leben gar eine ganze Romanreihe gewidmet ("Die Seherin der Kelten" und andere).

Manfred Böckl, ein deutscher Autor, der bereits mehrere keltische Sagenstoffe behandelt hat, beginnt seine Erzählung mit dem Hochzeitsfest seiner Titelheldin und ihrem Gemahl Prasutax. Obwohl ihnen nicht allzu viele gemeinsame Jahre vergönnt sind, genießen sie ihre gemeinsame Zeit miteinander, denn ihre tiefe Liebe zueinander ist unerschütterlich. Als die Legionen des Römischen Reiches in Britannien einmarschieren, gelingt es dem Paar, welches über den Stamm der Icener herrscht, zunächst noch, einige Jahre in Frieden mit den Eroberern zu leben und sich eine gewisse Unabhängigkeit zu bewahren. Doch dann verunglückt Prasutax tödlich und das Leben von Boadicea, ihren Töchtern und des Volks der Icener ändert sich schlagartig. Die bis dahin recht gleichberechtigte Stellung der Frauen innerhalb der keltischen Stämme wird von der Macht Roms untergraben, die Invasoren überziehen Britannien mit einer wahren Schreckensherrschaft.
Boadicea aber, die von den Druidinnen und Druiden auf der Insel Mon aufgezogen wurde, fügt sich nicht in ihr Schicksal. Mit Hilfe der geistigen Führer ihres Volkes mobilisiert sie die Stämme und führt die vereinten Völker in einen Freiheitskrieg gegen die römische Übermacht.

Obwohl das Hörbuch als historische Erzählung vermarktet wird, handelt es sich bei "Die letzte Königin der Kelten" eher um einen historisch-phantastischen Roman: Die Geister der Anderswelt beobachten Boadiceas Hochzeit und immer wieder vernimmt die schöne Fürstin die Stimme der Großen Göttin. Wer sich jetzt allerdings auf einen wunderbaren und spannenden Roman wie etwa Zimmer Bradleys "Die Wälder von Albion" freut, wird herb enttäuscht. Das Leben von Boadicea bietet zwar all die Elemente, aus denen man einen mitreißenden Roman fabulieren könnte. Dem Autor gelingt das jedoch nicht.

Dass man mit seiner Geschichte nicht warm wird, liegt weniger an der Handlung selbst als an Böckls schwülstigem Stil und der Interpretation durch den Sprecher. Die Texte klingen so, als würden sie einem Legenden- oder Sagenbuch entspringen, nicht jedoch einem modernen Roman. Böckl berichtet zwar, was passiert, verzichtet allerdings darauf, zu schildern, wie seine Figuren dies empfinden. Einen Einblick in das Innenleben der Charaktere erhält man nicht. Dadurch baut sich leider keinerlei Bezug zu den Figuren auf, auch nicht zur Protagonistin Boadicea. Wann immer es die Handlung kurzfristig schafft, den Hörer mitzureißen - etwa wenn Boadicea an einer heiligen Stätte die Stimme der Großen Göttin vernimmt - das Ausbleiben einer näheren Beschäftigung mit den Reaktionen der Figuren auf solche Ereignisse wirkt wie eine kalte Dusche. Die Lesung durch Raimund Wurzwallner verstärkt diesen Eindruck leider noch. Sehr traditionell trägt er den Text vor und erinnert dabei ein bisschen an einen Märchenonkel. Für ein Sagen-Hörbuch mag das vielleicht angebracht sein, bei der Interpretation eines historischen Romans jedoch wird ein solcher Stil leider sehr schnell langweilig - und bei einem ungekürzten Hörbuch von fast zwanzig Stunden sogar recht bald anstrengend. Immer wieder drängen sich dem Hörer Vergleiche zu Marion Zimmer Bradleys Werken um das frühzeitliche England auf und man fragt sich zwangsläufig, woran "Die letzte Königin der Kelten" mehr krankt: am langweiligen Stil des Autors, der uninspirierten Lesung oder der Entscheidung des Verlags, den Text für die Hörbuchversion nicht wenigstens auf ein leichter verdauliches Maß zu kürzen. Zudem machen es die vielen, sicher gut recherchierten Begriffe und Ortsnamen, die Böckl in die Handlung einfließen lässt, recht schwierig, dem Handlungsverlauf richtig zu folgen.

Erfreulicherweise ist zwar im Booklet eine Karte Britanniens zur Zeit von Boadicea mit abgedruckt, ein ausführliches Glossar sucht man jedoch vergeblich. Gerade das jedoch ist vor allem für Hörer, die sich mit der keltischen Kultur dieser längst vergangenen Tage bisher noch nicht beschäftigt haben, eigentlich unverzichtbar. Jenes unglaublich große Wissen, mit dem Böckl glänzt - der große Trumpf des Romans - wird hier der Hörbuchversion zum Verhängnis. Dass der Autor zudem bereits gleich im Prolog eine komplette Übersicht über die noch kommenden Ereignisse liefert - einschließlich des Endes - ist ein weiterer Stimmungskiller.

So faszinierend die Figur der Boadicea deshalb auch sein mag, so begrüßenswert es auch ist, dass ausgerechnet ein deutschsprachiger Autor sich jener englischen Nationalheldin, deren Geschichte in unseren Gefilden doch noch immer recht unbekannt ist, annimmt und so erfreulich es ist, dass der RADIOROPA-Verlag eine Lesung von fast zwanzig Stunden zu einem bemerkenswert kleinen Preis anbietet - das alles reicht nicht aus, um schlussendlich eine Empfehlung für das vorliegende Hörbuch abgeben zu können. Jene, die an Boadicea und ihrer Zeit interessiert sind, finden auf dem Markt einige bessere Bücher und Hörbücher, die sicher wesentlich unterhaltsamer sind. Schade, hier wurde wirklich Potential verschenkt - und zwar auf der ganzen Linie.

Christian Handel



CD | CD-Anzahl: 2 | Erschienen: 01. August 2007 | ISBN: 9783836800303 | Laufzeit: 1170 Minuten | Preis: 9,80 Euro

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