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 Here they come!


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Es ist ein brüllend heißer Sommer im New York der Siebziger Jahre. Die dreizehnjährige Smitty, so lautet ihr Spitzname, lebt mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in einem heruntergekommenen Loft. Geld ist immer knapp, die Lebensmittel gehen regelmäßig vor Ende des Monats aus, Müll fliegt einfach aus dem Fenster und in den Wintern drängeln sich die Katzen in der eiskalten Wohnung mit unter die Bettdecke. Smittys Vater, ein erfolgsloser Fernsehproduzent, hat die Familie verlassen und lebt mit einer neuen Frau, die stets nur "die Schlampe" genannt wird, zusammen.

Smitty schlägt sich so durch - sie hat sich mit einem der Hotdog-Verkäufer angefreundet, lässt ihn ab und zu unter ihr T-Shirt fassen und bekommt dafür Schokoriegel und Hot Dogs. Ansonsten träumt sie von einem anderen Leben, davon, dass ihr Bruder nicht andauernd droht Selbstmord zu begehen, davon, dass ihr Vater zurückkommt oder dass die Mutter nicht immer nachts im Schlaf neben ihr weint. Dann verschwindet Smittys Vater auf einmal spurlos, und ihr Bruder macht sich zusammen mit der Schlampe auf nach Spanien, um ihn zu finden.

"Here they come!" ist der zweite Roman der US-amerikanischen Autorin Yannick Murphy. Das Buch besitzt keine eigentliche Handlung, sogar das Verschwinden von Smittys Vater trägt nicht wirklich viel zur Story bei und wird unspektakulär gelöst. Trotzdem übt dieses Buch eine Anziehung aus und man kann es innerhalb weniger Tage oder sogar Stunden verschlingen. Murphy wirft einen scharfen Blick auf eine von Schicksal geprüfte Familie, die aber eigentlich überall auf der Welt so vorkommen könnte.
Episodenhaft berichtet sie von den Eindrücken der Dreizehnjährigen, die ansonsten namenlos bleibt, wie so viele andere in diesem Buch: Die geliebte Familienhündin wird immer nur als "die Hündin" bezeichnet, und die neue Freundin des Vater ist "die Schlampe". Die Familie lebt in Armut, die Großmutter trinkt und flucht auf Französisch, der Sohn hantiert mit einer Schrotflinte, die Mutter einer Freundin ist tablettensüchtig. Und doch ist dieser Roman nicht hoffnungslos oder von Gewalt geprägt, wie der Klappentext verheißt - tatsächlich kommt sehr wenig Gewalt vor, die Familie hält trotz des Chaos und der Armut im Großen und Ganzen zusammen.

"Here they come!" ist eine durchaus faszinierende Novelle, die lebhaft geschildert ist und die man rasch durchliest. Eine tiefgründige oder wirklich zusammenhängende Handlung gibt es zwar nicht, aber gerade das Episodenhafte und Bruchstückhafte macht den Reiz bei diesem Familienportrait aus. Man ertappt sich dabei, wie man Seite um Seite verschlingt und das Leben dieser chaotischen, aber doch liebenswerten Familie gebannt verfolgt. Empfehlenswert, allerdings ist der Preis für eine Taschenbuchausgabe etwas zu hoch gegriffen.

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 1. September 2008 | ISBN: 9783855355013 | Originaltitel: Here they come! | Preis: 16,00 Euro | 256 Seiten | Sprache: Deutsch

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