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 Funny Games


Cover
Gesamt +++++
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Gewalt in Filmen sorgt immer wieder für Kontroversen und hinterlässt erhitzte Gemüter, wenn es darum geht, ob explizit dargestellte Gewalt Menschen zum Nachahmen anregt oder, ganz im Gegenteil, einen abschreckenden Effekt hat. Ein Film, der sich direkt in die Diskussion einmischt und mediale Gewalt selbstreflexiv thematisiert, ist Michael Hanekes "Funny Games".

Anna (Susanne Lothar) und Georg (Ulrich Mühe) wollen mit ihrem kleinen Sohn ein verlängertes Wochenende am See verbringen. Golf spielen, die Natur genießen, mit dem eigenen Segelboot über den See schippern, ein perfektes Familienwochenende, ganz entspannt und ruhig. Als zwei junge, sehr freundliche Männer (Arno Frisch und Frank Giering), die sich als Angestellte des Nachbarn ausgeben, vor der Tür stehen, ahnt niemand etwas Böses - schließlich brauchen Peter und Paul, wie sie sich nennen, nur ein paar Eier zum Kochen. Doch als die Eier aus Tollpatschigkeit mehrmals hintereinander zu Boden fallen, beginnt die Situation zu eskalieren. Anna will die beiden Jungs aus dem Haus haben, und als der herbeieilende Georg etwas zu grob mit ihnen umspringt, bekommt er flugs mit einem herumstehenden Golfschläger das Bein gebrochen. Dann beginnt für die Familie ein Albtraum der schlimmsten Sorte - nämlich einer, aus dem man nicht aufwachen kann. Peter und Paul zwingen den Wochenendurlaubern eine unmenschliche Wette auf: Sie setzen darauf, dass bis zum nächsten Morgen alle Familienmitglieder tot sind - wollen Anna und Georg dagegen wetten?

Der Österreicher Michael Haneke macht Filme nicht der Unterhaltung wegen, was "Funny Games" aus dem Jahr 1997 auf eindrucksvollste Weise belegt. Die Handlung ist in wenigen Sätzen zusammenzufassen, doch was den Zuschauer letztendlich dabei erwartet, ist in keinster Weise daran abzulesen; nicht einmal ein prüfender Blick auf das beunruhigende Cover kann einen darauf vorbereiten, was man bald darauf auf dem Bildschirm miterleben wird. Hanekes Film ist pure Provokation, die schon beim Titel beginnt, denn "funny" ist hier sicher absolut gar nichts. Haneke will nach eigener Aussage zeigen, dass Gewalt im Film nicht konsumierbar ist, und dafür inszeniert er ein schier unerträgliches Kammerspiel des Schmerzes, das keinen kalt lässt und bis ins Innerste nachhallt. Dabei sind es interessanterweise nicht die wenigen vorhandenen Gewaltdarstellungen an sich, die derart schockieren - da hat der Horrorfan schon Schlimmeres über den Fernseher flimmern sehen. Nein, es sind die Demütigungen, die Anna und Georg ertragen müssen, die unglaubliche Sinnlosigkeit der verübten Brutalität und die Ausweglosigkeit der Situation, in die die Familie gerät. Die grandiosen Schauspieler unterstützen die unheilschwangere Atmosphäre, die Haneke aus einer Alltagssituation beschwört, und zeigen Darstellerleistungen, die das Geschehen absolut real wirken lassen. Man will diesen Leuten helfen, man kann das alles nicht mit ansehen, man will den DVD-Player aus dem Fenster werfen - und man merkt dabei gar nicht, dass man bereits Teil von Hanekes Experiment geworden ist. Das beweisen auch die direkten Ansprachen der Täter an die Zuschauer - "Haben Sie schon genug?" - und die kleinen Hoffnungsmomente, die Haneke einstreut, um Erwartungshaltungen zu hinterfragen. Im Grunde ist "Funny Games" ein Spiel mit den Sehgewohnheiten des Zuschauers, die hier gnadenlos ad absurdum geführt werden. Und dieses Spiel ist kein Krimi, kein Thriller, kein Horror- oder Splatterfilm, nicht mal ein Drama, sondern eine cineastische Gehirnerschütterung, die unsere Auffassung von Gewalt in den Medien heftig durchrüttelt, um sie zumindest für kurze, vielleicht auch für lange Zeit zu verändern. Gewalt ist nämlich, wie Haneke sagt, nicht konsumierbar - will jemand dagegen wetten?

Bild und Ton der DVD von Concorde Home Entertainment sind nicht berauschend, aber noch im grünen Bereich. Unter den Extras ist vor allem das Interview mit dem Regisseur informativ, den Rest (Trailer, Infos zur Besetzung und Medienzitate) kann man sich schenken.

Fazit: Ein schwer verdaulicher, brillant konstruierter Film - unvergessliche Anti-Unterhaltung zum Nachdenken!

Marc Zeller



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. November 2005 | FSK: 18 | Laufzeit: 104 Minuten | Originaltitel: Funny Games | Preis: 17,95 Euro | Untertitel verfügbar in: - | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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