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 Die fliegenden Trautmans

Autoren: Miriam Toews
Übersetzer: Christiane Buchner
Verlag: Berlin Verlag

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Als Hattie Trautman einen Anruf von ihrer elfjährigen Nichte Thebes bekommt, die ihr am Telefon erklärt, dass mit der Familie alles den Bach runtergeht, macht sich Hattie auf nach South Dakota, um nach dem Rechten zu sehen.
Hatties Schwester Min war schon immer psychisch anfällig für alles mögliche, landete früh in psychiatrischen Anstalten, wollte sich mehrfach das Leben nehmen, schaffte es nie - oder wollte es vielleicht doch nicht wirklich - und erweckte seit dem Tag ihrer Geburt den Eindruck, sich weder für das Leben noch für den Tod entscheiden zu können.

Als Hattie in South Dakota eintrifft, steht es tatsächlich schlecht um Min, und sie wird in eine Klinik eingewiesen. Gemeinsam mit Thebes und ihrem fünfzehnjährigen Neffen Logan macht Hattie sich auf den Weg nach Kalifornien, um den Vater der beiden ausfindig zu machen. Es wird eine abenteuerliche Reise mit unerwarteten Ereignissen, und neben einem klapprigen Van treffen sie auf einen liebebedürftigen Pitbull, eine Menge schäbiger Motels, Hippies, viel Chaos, eine ganze Reihe verwaister Basketballplätze und, natürlich, Erkenntnisse über jeden von ihnen, so dass die Trautmans am Ende nicht mehr dieselben sind wie zu Beginn dieser Odyssee quer durch Amerika.

"Die fliegenden Trautmans" ist ein waschechtes Roadmovie, was für einen Schriftsteller eigentlich immer bedeutet, dass sich die meiste Handlung im Kopf der Personen abspielt und in ihren Gesprächen, denn der begrenzte Ort der meisten Szenen ist die Fahrerkabine, allenfalls noch ein bescheidenes Motelzimmer; draußen zieht die Landschaft vorbei, doch immer wieder geht es zurück in den Van, auf den Weg zu einem unsicheren Ziel. Die kanadische Autorin Miriam Toews hat dieses Szenario, das gleichzeitig Chance und Fluch sein kann, bravourös gemeistert.
Es ist eine wunderbare Geschichte, voller anrührender, skurriler und atemberaubender Momente. Das Dreigestirn, um das die Handlung kreist, hat sie grandios ausgearbeitet: Hattie, die besorgte Schwester, die im Gegensatz zu Min ihr Leben halbwegs auf die Reihe gekriegt hat und die sich nun plötzlich mit der Betreuung zweier Kinder konfrontiert sieht. Thebes, dieses erstaunliche Mädchen, das wir von der ersten Sekunde, von der ersten Seite an ins Herz schließen bis zum Ende des Romans. Und Logan, der typische Fünfzehnjährige voller Wut und Herzschmerz, und doch viel mehr als das. So lebendig sind diese Charaktere, so wundervoll die Dialoge, dass man immer weiter lesen muss, obwohl ja eigentlich nur die Roadmovie-typischen Dinge geschehen - die Trautmans treffen auf unvorhergesehene Probleme und auf skurrile Bewohner der vielen kleinen Orte, die sie auf der Suche nach ThebesÂ’ und Logans Vater durchqueren. Selbstredend, dass sich am Ende alle ein Stück verändert haben. Gern würden wir mit auf diese Reise gehen, und sei es nur, um eine Ahnung von der Freiheit zu bekommen, sich einfach ins Auto zu setzen und halb Amerika zu durchqueren, ohne Angst vor Jobverlust oder Schulverweis.

"Die fliegenden Trautmans" ist ein wunderbares Buch, das allen Fans von Roadmovies uneingeschränkt ans Herz gelegt werden kann. Witzig, nachdenklich, traurig, spannend - das perfekte Lesevergnügen.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 01. November 2008 | ISBN: 9783827008077 | Originaltitel: The Flying Trautmans | Preis: 18,00 Euro | 256 Seiten | Sprache: Deutsch

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