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 Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


"Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist" ist der erste Roman von Selim Özdogan, bereits 1995 erschienen und nun auch als gekürzte Lesung bei Lübbe Audio veröffentlicht.

Alex ist 22 und geht relativ ziellos durchs Leben. Er studiert, aber nicht richtig, er jobbt, aber auch nicht wirklich konsequent, und sein Leben kotzt ihn gerade tierisch an. Am liebsten möchte er Dichter sein und immer nur das tun, was er will, aber derzeit findet er alles einfach nur öde, sich selbst eingeschlossen. Dann lernt er die Studentin Esther kennen, die wie er aus Köln kommt, und alles scheint plötzlich anders. Er verliebt sich in Esther und diesmal scheint es auch wirklich die wahre, die eine Liebe fürs Leben zu sein. Doch es ist eine Liebe mit Höhen und Tiefen. Esther will viel Freiheit, Alex will sie am liebsten jeden Tag sehen und ganz für sich haben. Esther will unter Leute, er hingegen möchte zuhause kuscheln und sich vor der Welt einigeln. So geht es immer weiter, mit Hochs und darauf folgenden Tiefs, bis ein schlimmes Ereignis Alex aus seinem Trott herausreißt ...

Es fällt schwer, den Inhalt dieses Romans zu beschreiben, denn es passiert eigentlich so gut wie nichts. Im Grunde genommen ist es ein typisches Frauenbuch, nur eben von einem Mann und aus der Sicht eines Mannes geschrieben. Zwar schreibt Özdogan locker, leicht, mit Humor, doch das reicht hier irgendwie nicht, um einen bei der Stange zu halten. "Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist" ist ein sehr viel versprechender Titel, eingelöst wird dieses Versprechen aber kaum. Das liegt zum größten Teil an Alex, dem unentschlossenen Antihelden der Geschichte. Er ist so egozentrisch, so selbstmitleidig, voller Weltschmerz, dreht sich die ganze Zeit so sehr im Kreis, dass man als Hörer sehr schnell genervt ist von ihm und seinen kleinen Problemchen. Alex gibt vor, nach dem Motto "no risk, no fun" zu leben - nur tut er das ganz und gar nicht, außer man zählt ständiges Besoffensein dazu.

Der Autor ist leider wie sein Protagonist etwas unentschlossen zu Werke gegangen, denn die Hochs und Tiefs, die Alex erlebt, sind allesamt ziemlich bedeutungslos; sie lösen sich meistens zu schnell in Wohlgefallen auf. Der Hörer horcht immer wieder auf, wenn Alex in einer Krise ist: Beim ersten Mal mit Esther kriegt er keinen hoch. Drama! Doch dieses Problem löst sich alsbald, alles klappt wunderbar. Dann ist Esther verschwunden. Endlich Spannung, denkt der Hörer! Ist sie abgehauen, hatte sie einen Unfall, hat sie gar einen anderen? Denn schließlich kündigt Alex an, dass ab "diesem Samstag", an dem Esther verschwindet, alles anders ist. Ist es aber nicht. Esther ist bald wieder da, alles löst sich (fast) in Wohlgefallen auf.

So geht es die ganze Zeit - Alex labert und leidet und sinniert, wie schrecklich sein Leben ist und was für ein Arsch er doch ist und zwischendurch spricht er immer wieder von seinem Penis, bis es fast komisch wirkt. Er findet immer irgendwas, um zu leiden - wenn er nicht mit Esther schlafen kann, beschwert er sich, und wenn sie dreimal am Tag Sex haben, dann findet er tatsächlich immer noch was zu meckern. Das alles ist leider relativ langweilig, denn höchstwahrscheinlich weiß jeder Hörer, wie es ist, jemanden zu küssen, wie man Tequila mit Salz und Zitrone trinkt, wie man aufs Parties tanzt, wie man verkatert aufwacht und so weiter. All diese kleinen, netten Dinge des Lebens hat der Autor in eine sehr blumige, bildreiche Sprache verpackt, die einfach viel zu stark ist für die Banalitäten, die hier erzählt werden. Man kann einwenden, dass das Leben eben aus solchen Dingen besteht - arbeiten, sich verlieben, tanzen, Bier trinken, traurig sein, Freunde treffen, hinfallen, wieder aufstehen. Für einen Roman reicht das aber nur bedingt. Erst auf der vierten CD (von insgesamt vier) passiert endlich etwas und dann nimmt die Geschichte endlich, endlich etwas Fahrt auf.

Insgesamt bleibt das Hörbuch sehr leichte Kost für eher junge Hörer, was vielleicht auch an der gekürzten Fassung liegt. An der Lesung selbst gibt es nichts auszusetzen; Sprecher Matthias Koeberlin trifft mit seiner sanften Stimme genau den richtigen Ton, man kauft ihm den Alex jederzeit ab. Eine schöne, stimmige Lesung, die aber das Hörbuch nur bedingt retten kann.

Christina Liebeck



CD | CD-Anzahl: 4 | Erschienen: 01. Januar 2009 | ISBN: 9783785737163 | Laufzeit: 244 Minuten | Preis: 19,95 Euro

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