Media-Mania.de

 Sacred 2 - Collector´s Edition

Fallen Angel

Verlag: Koch Media

Cover
Gesamt ++++-
Action
Anspruch
Aufmachung
Bedienung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Preis - Leistungs - Verhältnis
Ton


Action-Rollenspiele sind eine echte Sisyphos-Arbeit. Man erstellt einen Charakter und wird in einer Fantasy-Welt abgesetzt, in der man nicht die Straße überqueren kann, ohne von riesigen Monsterhorden angefallen zu werden, die mit ein paar Mausklicks schnell ins virtuelle Jenseits geschickt sind. Und hat man das Programm einmal beendet und wieder neu gestartet, sind alle getöteten Monster wieder da. Irgendwann hat man das Spiel dann vielleicht mal durchgespielt - aber dann winkt ein höherer Schwierigkeitsgrad. Und hat man auch die alle bezwungen, geht man halt ins Internet und misst sich mit anderen. Wenn alles nichts mehr hilft, probiert man eben eine andere Charakterklasse aus, und alles geht wieder von vorne los.
Doch genau darin liegt ja auch die Faszination von Action-Rollenspielen, die - wenn gut gemacht - mit ihrem simplen Kreislauf aus Monster töten, Erfahrung sammeln, Gegenstände finden und Held ausbauen einen regelrechten Sog ausüben können.

[imgleft]images/UploadGrafiken/Sacred21.jpg[/imgleft]Das deutsche Spiel "Sacred" war ein guter Vertreter dieses Genres und konnte als eines der wenigen deutschen Computerspiele weltweiten Erfolg erzielen. Vor kurzem erschien nun unter großem Tamtam dessen Nachfolger "Sacred 2", ein deutsches Prestigeprojekt, das ganz klar in der Oberliga der Action-Rollenspiele mitmischt - nur zur Meisterschaft reicht es nicht ganz.

"Sacred 2" spielt in der Fantasy-Welt Ancaria, ungefähr 2000 Jahre vor den Ereignissen des ersten Teils. Die Hochelfen bilden hier in der Mitte des Reichs die dominante Kultur und haben einen unsicheren Frieden mit den benachbarten Menschen. Problematisch für alle ist jedoch die überall im Land ausströmende T-Energie, eine Masse, die Monster zu noch schlimmeren Monstern mutieren lässt und auch sonst äußerst unangenehme Effekte hat. Dem Geheimnis dieser T-Energie geht man nun mit einer von sechs Charakterklassen auf den Grund - entweder auf der Seite des Lichts oder auf der Seite der Schatten, denn "Sacred 2" bietet zwei verschiedene Hauptkampagnen, die dieselben Gegenden in derselben Reihenfolge abklappern, aber teilweise unterschiedliche Pfade einschlagen.
Die einzige Bekannte aus dem ersten Teil ist dabei die engelsgleiche Seraphim, doch die anderen fünf Charaktere geben sich genauso extravagant. Da wäre der düstere Inquisitor, ein finsterer Kampfmagier, der Schattenkrieger, ein untoter Haudrauf, die Hochelfe, eine klassische Magierin, die anfangs schwächelt und später ganze Landstriche dem Erdboden gleichmacht, und die Dryade, für feige Spieler, die gerne weglaufen und Gegner aus der Entfernung beharken. Abgerundet wird das Sextett durch den Tempelwächter, einen Cyborg mit implementierter Pulskanone.
Dieser leichte Einschlag von Science-Fiction klingt für ein Fantasy-Szenario ziemlich abgedreht, aber "Sacred" probierte schon im ersten Teil so einiges anders zu machen. So hat jeder Held nicht etwa einen vorgegebenen Fertigkeitenbaum, wie man ihn etwa aus dem Klassiker "Diablo II" kennt, sondern viele verschiedene Kampffähigkeiten, die von Anfang an durch das Benutzen passender Runen hochgezüchtet werden können. Diese verbrauchen außerdem keine magische Energie, die man immer wieder auffüllen muss, sondern stehen nach ein paar Sekunden Aufladungszeit automatisch wieder zur Verfügung. Und obwohl die Geschichte des Spiels - so man noch von einer echten Story sprechen kann - streng linear verläuft, bietet "Sacred 2" doch eine riesige Welt, in der man sich prinzipiell völlig frei bewegen kann, anstatt sie Akt für Akt auf vorgegebenen Routen zu durchqueren.

[imgright]images/UploadGrafiken/Sacred22.jpg[/imgright]Hierin liegt die größte Stärke des Spiels, die gleichzeitig jedoch leider auch die größten Schwächen mitbringt. Ancaria ist schlichtweg wunderschön gestaltet. Dörfer, Städte und Wälder fügen sich organisch in die bunten Landschaften des Reichs ein. Mal durchquert man weite Graslandschaften, mal kämpft man sich durch dicht bewachsenen Dschungel, mal galoppiert man per Pferd über die Straßen, um dann in eine große Burg einzureiten. "Sacred 2" taugt dank der schönen Grafik schon als bloße Sightseeing-Tour eine Menge. Und das bringt natürlich enorme Laufwege mit sich, was nicht weiter schlimm ist, wenn man nur der Hauptquest folgt. Doch wenn man auch noch die Nebenaufgaben des Spiels, von denen es mehrere Hundert gibt, erfüllen möchte, wird man endlos hin und her geschickt - umso besser, wenn man eins der coolen, charakterspezifischen Reittiere besitzt. Bei so vielen Quests ist es dann freilich nicht verwunderlich, dass so ziemlich alle nach dem gleichen Schema ablaufen, also entweder X Monster töten oder Gegenstand Y finden oder Personen nach Z eskortieren, was sich häufig als schwer erweist, da die Begleiter einem schnell unter der Nase wegsterben.
Ungefähr fünfzehn Prozent der Quests erweisen sich dafür zumindest in ihrer Geschichte als erfrischend originell. So muss man sich mal der Attacke fürchterlicher Killerschafe erwehren, einem stinkenden Werwolf sein Haarshampoo besorgen, einem kranken Ork die Zähne ausschlagen oder die Bar Twitty Tister untersuchen - Fans des Films "From Dusk Till Dawn" wissen schon bescheid. Vielleicht das größte Schmankerl für Metal-Fans: Irgendwo auf dem Wege trifft man auf Hansi Kürsch, den Sänger der Powermetal-Band Blind Guardian. Hilft man ihm, die Instrumente seiner Band zu finden, wird ein Konzertvideo freigeschaltet, bei dem die Metal-Barden ihren Song "Sacred" in Spielgrafik vorführen - endlich mal wieder ein Lebenszeichen der Band!

Das Monstertotklicken und Questerledigen mag in "Sacred 2" also durchaus eine Menge Spaß machen, doch in Sachen Komfort hat das Spiel Defizite. Wenn man stirbt, wird man beispielsweise ohne Strafe am letzten Seelenstein wieder auferweckt und kann weitermachen. Nur darf man dann wieder den kompletten Weg zum Zielort laufen und muss sich bis dahin womöglich erneut mit wiederbelebten Gegnerscharen prügeln. Die einzige Möglichkeit, weite Distanzen in Ancaria abzukürzen, sind Portale, die neben einigen dieser Seelensteine stehen - warum aber nicht neben allen? Warum muss man, wenn man jenes kleine Dorf in der Pampa besuchen möchte, den ganzen Weg zu Fuß abklappern, obwohl man dort schon gewesen ist? Man kann sich zwar jederzeit vom Schlachtfeld zurück zum letzten Seelenstein teleportieren - aber warum nicht auch andersrum, wie es in Action-Rollenspielen schon seit jeher der Fall ist?
[imgleft]images/UploadGrafiken/Sacred23.jpg[/imgleft]Wenn man so ehrgeizig ist, wirklich möglichst viele Nebenquests mitzunehmen, dann geht "Sacred 2" ungefähr nach der Hälfte die Luft aus und bringt kaum noch Neuerungen, geschweige denn Herausforderungen, weil man dann zu schnell im Level steigt und selbst die imposanten Bossgegner noch kaum eine Gefahr darstellen. Selbst wenn man strikt der Hauptkampagne folgt, dürfte das Spiel für Veteranen des Genres auf dem mittleren Silber-Schwierigkeitsgrad noch zu leicht sein. Die hauchdünne Geschichte bietet keine Motivation, den Strang der Hauptquest weiter zu verfolgen - das Entdecken neuer Winkel Ancarias dagegen schon. Selbst die Endsequenzen der beiden Kampagnen sind in ihrer Kürze enttäuschend, aber wie will man auch eine Geschichte auflösen, die de facto nicht existiert?

Dass es auch anders geht, beweist die interessanteste Beilage der Collector?s Edition des Spiels: der erste Teil des Hörspiels "Der Schattenkrieger", das eine erstaunlich hohe Produktionsqualität vorweist, eine richtig klassische Fantasy-Geschichte erzählt und durchaus Lust auf mehr macht. Im Endeffekt handelt es sich dabei aber auch nur um Promo-Material für das gesamte Hörspiel.
Obendrein findet sich innerhalb der Schachtel mit einem großen Grafikupdate, dem Soundtrack des Spiels, einer Landkarte Ancarias und einem schön aufgemachten Artbook ein guter Gegenwert für den höheren Preis dieser Edition. Großes Versäumnis dagegen: Blind Guardians Song findet sich nirgendwo zum Anhören auf CD oder als MP3 wieder.

Man merkt, dass an "Sacred 2" keine Kosten und Mühen gescheut wurden, es aber trotzdem mit Liebe gemacht ist. Das Spiel ist ein international konkurrenzfähiges Action-Rollenspiel aus deutschen Landen geworden, das den Erfolg seines Vorgängers ebenfalls verdient hat, bleibt es ihm in den größten Stärken (und Schwächen) doch treu. Den Musterbeispielen des Genres, "Diablo II" und "Titan Quest", kann es leider nicht das Wasser reichen - aber bis dahin fehlt auch nicht mehr viel. Fans des ersten "Sacred" sollten unbedingt zugreifen, so sie es noch nicht getan haben. Dank des niedrigen Schwierigkeitsgrades sei aber auch Einsteigern empfohlen, mit "Sacred 2" einmal auszuprobieren, wie schön doch die Sisyphos-Arbeit der Action-Rollenspiele sein kann.

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 2 | Erschienen: 1. Oktober 2008 | FSK: 16 | PC | Preis: 55 Euro

Bei Amazon kaufen


Ähnliche Titel
Caveman's ProphecyDas Orakel von UrRite of Passage: Die perfekte ShowDie verfluchte HochzeitDark Heritage: Wächter der Hoffnung