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 Terra Mater

Autoren: Pierre Bordage
Übersetzer: Ingeborg Ebel
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
"Terra Mater", der zweite Band des gefeierten Science-Fiction-Zyklus von Pierre Bordage, schließt nicht nahtlos an "Die Krieger der Stille" an, vielmehr werden hier zunächst völlig neue Handlungsstränge mit zum Teil bislang nicht aufgetretenen Figuren gesponnen. Erzählt wird eine Geschichte, die in ferner Zukunft liegt: Die Menschen sind über den gesamten Spiralarm der Milchstraße verstreut, es haben sich neue Kulturen und Mythen gebildet und die Kirche des Kreuzes herrscht mit grausamen Inquisitionsmethoden, während der Imperator nur eine Marionette ist. Das Volk der Scaythen hat seine Fähigkeit zur Gedankenkontrolle schamlos ausgenutzt, um sich die menschlichen Entscheidungsträger gefügig zu machen, und bereitet nach dem Wunsch der In-Creatur die Vernichtung der Menschheit vor. Die kann nur noch auf die Krieger der Stille hoffen - aber sind sie mehr als nur eine Legende?

Im Zentrum von "Terra Mater" steht der achtjährige Junge Jek At'Skin vom Planeten Ut-Gen, dessen Oberfläche nach einer Jahrtausende zurückliegenden atomaren Katastrophe zu weiten Teilen verseucht ist. Seine Eltern wollen ihn auf eine heilige Propagandaschule schicken, woraufhin er ausreißt. Der alte Sonderling Artrarak weckt in ihm den Wunsch, ein Krieger der Stille zu werden, und so macht Jek sich auf den Weg, um Ut-Gen zu verlassen und den legendären Planeten Terra Mater aufzusuchen, um sich ausbilden zu lassen. Auf seiner Reise trifft er auf dem Schiff des Raumpiraten Papironda auf San Frisco vom Planeten Jer Salem, auf den alten Anthropologen Robin de Phart und den jungen syracusischen Adelsspross Marti, der auf der Flucht vor der Kirche des Kreuzes ist. Dieser Gruppe liegt ein steiniger Weg bevor und die In-Creatur macht ihnen ihre Reise noch schwerer ...
Auf Ut-Gen beginnt auch die Geschichte des Kardinals Fracist Bogh, der dort alle Häretiker und - angeblichen - Feinde der Kirche des Kreuzes mit grausamer Konsequenz verfolgt und tötet. Der Muffi Barrofil XXIV. holt ihn wegen seiner Verdienste als Generalsekretär an seinen päpstlichen Hof auf Syracusa, wo Bogh in die Ränkespiele von Vertretern der Kirche gerät, die den aktuellen Muffi beseitigen wollen.
Derweil hat die Ordensschwester Oniki Kay, die auf dem ausgetrockneten Planeten Ephren die Korallen reinigt, die die Bewohner vor den tödlichen Sonnenstrahlen schützen, eine Begegnung, die ihr Leben komplett verändern wird: Sie gabelt einen schönen Fremden auf, versteckt ihn regelwidrig in ihrem Zimmer und schläft schließlich mit ihm. Das fliegt auf, weil die Scaythen auch hier ihre mentale Überwachung ausüben, und sie wird auf eine Insel für Ausgestoßene verbannt, wo sie feststellt, dass sie ein Kind erwartet.
All diese Ereignisse bleiben nicht unbemerkt: Dame Sibrit, die vom Volk ungeliebte Gattin des Imperators, hat Visionen und teilt sich ihrem Mann mit - mit ungewünschten Folgen ...

Eine finstere Zukunftsvision entwirft Bordage hier, in der vor allem die Kirche schlecht wegkommt. Denn woraus sich die Kirche des Kreuzes entwickelt hat, ist sehr offensichtlich. Die Inquisition ist zurück, Menschen leiden grausame Foltertode an brennenden Kreuzen. Hinzu kommt die Gedankenkontrolle der Scaythen, die die Menschen manipulieren und sie zu willenlosen Werkzeugen ihrer eigenen Vernichtung machen. Und zivilisatorisch hat die Welt 8000 Jahre in der Zukunft eher Rück- als Fortschritte gemacht.
Das Buch liest sich, als hätte Bordage die französische Renaissance in eine ferne Zukunft verlegt - besonders deutlich wird das am Hof des Imperators. Rundherum gibt es viel Wüstenplanet-Stimmung und genauso viel Star Wars mit vielen sehr verschiedenen Planeten, rauen Sitten, Weltraumpiraten und einem kleinen auserwählten Jungen, der zum legendären spirituellen Krieger ausgebildet werden soll. Der Vergleich mit dem Wüstenplaneten und Star Wars begegnet in den meisten Besprechungen dieser Buchreihe, aber es muss Bordage nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er zwei so kluge Weltraum-Konzepte vereint. Im Gegenteil: Es ist eine gute Idee, denn der Autor schafft daraus etwas Eigenes.
Obwohl von Anfang bis Ende immer wieder etwas passiert, liest sich der 542 Seiten starke Roman erst ab der Hälfte richtig flüssig. Zuvor finden zu viele Ortswechsel statt, da werden immer wieder neue Figuren eingeführt, immer wieder muss sich der Leser auf neue Schauplätze und Handlungsstränge einstellen, das macht die Lektüre ein wenig schleppend. Aber hat die Gruppe um Jek erst einmal zusammengefunden, macht das Buch richtig Spaß.
Das Buch verfügt über ein Glossar am Ende. Hier findet man auch solche Begriffe, die nur in "Die Krieger der Stille" verwendet wurden. Leider ist es unvollständig: Bei der Auflistung von Planeten etwa bleibt Syracusa, der Planet des Imperators, genauso unerwähnt wie der Korallenplanet Ephren, auf dem ein nicht unwichtiger Handlungsstrang spielt - dessen zwei Sonnen dagegen finden sich in der Auflistung. Bedauerlich ist auch, dass immer wieder Rechtschreibfehler auftreten, vor allem geschlabberte Buchstaben am Wortende, die aus dem Imperfekt ein Präsens machen, sind immer wieder zu finden.

Wie schon im Vorgänger werden auch in "Terra Mater" wieder Intrigen gesponnen, die überraschende Wendungen bereithalten, der Leser lernt neue faszinierende Welten kennen und es zeigt sich, dass bei aller Nähe zu bekannten Science-Fiction-Opern noch Platz für viele neue Ideen bleibt, die zeigen, dass der Weltraum noch lange nicht ausgereizt ist. Übrigens kann man den zweiten Teil des Zyklus auch gut lesen, ohne den ersten zu kennen, was vor allem daran liegt, dass hier vollkommen andere Figuren im Mittelpunkt stehen. Es hat sogar einen Vorteil, den zweiten Roman zuerst zu lesen: Die Krieger der Stille bleiben für den Leser ein ebensolches Mysterium wie für die Figuren, was sehr reizvoll ist. Für den finalen Band "Die Sternenzitadelle", der im September erscheinen soll, bietet sich aber vermutlich die Kenntnis des ersten Teils an, weil hier alle Handlungsfäden zusammenlaufen werden.

Stefan Knopp



Taschenbuch | Erschienen: 1. Januar 2009 | ISBN: 9783453524095 | Preis: 15 Euro | 542 Seiten | Sprache: Deutsch

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