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 Raum und Zeit im filmischen Œuvre von Stanley Kubrick


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Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Stanley Kubrick gilt unter Cineasten als einer der wichtigsten Regisseure der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit Meisterwerken wie „Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ und „2001: Odyssee im Weltraum“ verstörte und begeisterte er das Kinopublikum in den 1960er Jahren, „A Clockwork Orange“ und „Barry Lyndon“ folgten in den 70er Jahren, und in dem darauffolgenden Jahrzehnt bekam der Zuschauer „The Shining“ und „Full Metal Jacket“ serviert. Kubricks letzte Arbeit als Regisseur fand 1999 den Weg in die Kinos: „Eyes Wide Shut“, die Verfilmung von Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“, wurde kurz nach seinem Tod im März veröffentlicht.

Viele halten Kubricks Filme für sperrig, andere sehen sie als intelligente Kunstwerke an. Die inhaltlichen und technischen Interpretationen sind vielfältig; unzählige Filmkenner, Kritiker und Fans haben sich mit Thematiken und Symboliken von Kubricks Werken auseinandergesetzt. Auch der Kunsthistoriker Ralf Michael Fischer beschäftigte sich mit Kubricks Regiearbeiten, mit besonderem Fokus auf deren räumliche und zeitliche Ebenen. „Raum und Zeit im filmischen Œuvre von Stanley Kubrick“ erschien im Gebrüder Mann Verlag Berlin.

Der opulente Hardcoverband, der vom Kunstgeschichtlichen Institut der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main herausgegeben wurde, ist in sieben Kapitel eingeteilt. Die Einleitung gibt zunächst Auskunft über das Thema des Buches und skizziert kurz die Inhalte der folgenden Kapitel. In Methodische Annäherungen werden dem Leser die Grundlagen vermittelt. Fischer erklärt sowohl seinen theoretischen Ansatz als auch Allgemeines zu Raum und Zeit im Film; darüber hinaus gibt es einen Überblick zum aktuellen Diskussionsstand der Kubrick-Literatur, verschiedene Forschungspositionen und eine Zusammenfassung der Hauptthesen.
Die folgenden drei Kapitel konzentrieren sich auf bestimmte Schaffensepochen des Regisseurs. Nach dem Frühwerk mit ersten Fotoreportagen und Dokumentationen sowie Spielfilmen wie „Dr. Seltsam“ wird dem eigenwilligen Meisterwerk „2001: Odyssee im Weltraum“ ein umfangreiches Kapitel eingeräumt, ehe Kubricks Werke ab 1971 näher beleuchtet werden. Anschließend bespricht Fischer den Film „A.I.“ aus dem Jahr 2001 von Steven Spielberg, der Kubricks letztes Werk – als Produzent – hätte werden sollen.
Das siebte Kapitel bietet schließlich die Zusammenfassung und einen Ausblick an, zudem finden sich hier Informationen zu Einstellungsgrößen und ein Abkürzungsverzeichnis. Damit ist das Werk jedoch nicht abgeschlossen: Umfangreiche Sequenzprotokolle zu Kubricks Filmen, Hinweise zu den im Buch befindlichen Abbildungen, Literaturverzeichnis, Filmographie sowie ein Register für Titel und Personen komplettieren den über 600 Seiten umfassenden Wälzer.

Die Herangehensweise an das Thema erfolgt auf eine sehr gründliche wissenschaftliche Art; der Leser muss sich also durch einiges an Theorie kämpfen, bevor die konkreten filmischen Untersuchungen beginnen. Was der Autor dann jedoch bei der Filmanalyse vorsetzt, ist absolut gelungen: Neben der Thematik von Raum und Zeit werden dem Leser umfassende Inhaltsangaben, Informationen zu visuellen, auditiven und konstruktiven Besonderheiten und Zusammenfassungen der Ergebnisse geliefert. Sprachlich mag das manchmal fast schon gezwungen eloquent sein und ist entsprechend anspruchsvoll zu lesen, inhaltlich sind Fischers Argumente jedoch nachvollziehbar und gut durchdacht.
Ein gutes Hintergrundwissen bezüglich Filmanalyse, Fachjargon und der Filme ist sehr hilfreich, setzt Fischer bereits von Anfang an auf einen hohen Anspruch seines Werkes. Zwar gibt es viele Erklärungen, aber nicht jeder Begriff wird hinreichend erläutert. Das ist auch gar nicht Aufgabe des Buches, das oftmals ein Stückchen über die Thematik hinausgeht und weitere interessante Informationen bereithält.
Die Auswahl des Bildmaterials, das sowohl Fischers Argumente stützt als auch die Kubrick-Filme für Nichtkenner optisch greifbar macht, lässt ebenfalls keine Kritik zu. Vor allem die umfassenden Sequenzprotokolle sind für Filmanalysten absolut willkommen und vervollständigen das Buch zusammen mit dem umfangreichen Literaturverzeichnis auf sehr gelungene Weise.

Mit „Raum und Zeit im filmischen Œuvre von Stanley Kubrick“ legt Ralf Michael Fischer eine sehr fundierte und umfassende Filmanalyse zu Kubricks Regiearbeiten vor, die mit hohem Anspruch und nachvollziehbaren Argumenten jedem Filmanalytiker, Cineasten und Kubrick-Fan ans Herz gelegt werden kann.

Tina Klinkner



Hardcover | Erschienen: 1. Mai 2009 | ISBN: 9783786125983 | Preis: 89 Euro | 627 Seiten | Sprache: Deutsch

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