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 Another Code: R

Die Suche nach der verborgenen Erinnerung

Serie: Another Code
Verlag: Nintendo

Cover
Gesamt +++--
Action
Anspruch
Aufmachung
Bedienung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Ton
Im Jahr 2005 brachte der japanische Spieleentwickler CING das Adventure-Game „Another Code: Two Memories“ für Nintendo DS auf den Markt und landete damit auf Anhieb einen Riesenerfolg: Die technischen Möglichkeiten von Nintendos Dualscreen-Handheld wurden erstklassig ausgenutzt, die Rätsel waren knifflig gestaltet und eine spannende Story mit einer sympathischen Protagonistin rundete die gelungene Präsentation ab. Nach dem nicht minder erfolgreichen DS-Titel „Hotel Dusk: Room 215“ wagt sich CING nun mit Altbewährtem in neue Gefilde: Mit „Another Code: R – Die Suche nach der verborgenen Erinnerung“ präsentiert das Studio einen seiner ersten Streiche für Nintendo Wii.

Wir erinnern uns: Elf Jahre nach der Ermordung ihrer japanischen Mutter, einer brillanten Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der Gedächtnisforschung, konnte Ashley Mizuki Robins ihren ebenfalls totgeglaubten Vater Richard in die Arme schließen; dieser hatte seit dem Tod seiner Frau im Geheimen an einer Maschine zur Erinnerungsmanipulation mit dem Codenamen „Another“ gearbeitet. Der Wii-Titel knüpft nun nahtlos an die Story seines Vorgängers an: Zwei Jahre nach den Ereignissen auf der Blood-Edward-Insel hat Ashleys Vater eine Stelle am renommierten J.C.-Valley-Institut angenommen und kapselt sich in seinem Forschungsdrang unbewusst immer mehr von seiner Tochter ab. Um den Familiensegen doch noch zu retten, lädt Richard sie zum Zelten an den See ein. Doch kaum am paradiesischen Lake Juliet angekommen, läuft auch schon alles schief: Ein Unbekannter stiehlt Ashleys Tasche und ihr Vater vergisst, sie von der Bushaltestelle abzuholen. Und immer wieder wird die Jugendliche von Flashbacks – überfallsartige Erinnerungsfragmente – bedrängt: Hat Ashleys Mutter mit ihr bereits vor dreizehn Jahren den See aufgesucht? Was könnte der Grund dafür gewesen sein? Und hat es möglicherweise etwas mit dem Mord an der Forscherin zu tun? Darüber hinaus legt Richard ein merkwürdiges Benehmen an den Tag, welches Befürchtungen in Ashley aufkeimen lässt: Wurde das Projekt „Another“ wiederbelebt?

Schauplatz der Handlung ist der verträumte Lake Juliet, dessen Umgebung der Spieler erkunden darf. Die Figur der Ashley sieht man hierbei stets im Profil, mittels Steuerkreuz bewegt man sie auf vorgegebenen Pfaden nach links oder rechts; wahlweise können auch, um mehr Point-and-Click-Feeling aufkommen zu lassen, Buttons am Bildschirmrand angeklickt werden, um Ashley in die entsprechende Richtung zu dirigieren. Gelangt man an eine Kreuzung, drückt man mit dem Digitalkreuz in die gewünschte Richtung; die Kamera schwenkt nun so, dass Ashley erneut von der Seite zu bewundern ist. In begrenzten Schauplätzen – Wohnräume, Laboreinrichtungen, Waldlichtungen und dergleichen – wird automatisch auf eine Third-Person-Sicht umgeschaltet; Ashley steht an einem fixen Punkt im Raum, ihr Blickfeld schwenkt der Spieler mittels Steuerkreuz. Bestimmte Bereiche können mit dem Pointer der Wiimote angeklickt werden, um sie näher zu untersuchen und nach nützlichen Gegenständen abzusuchen. Die restliche Steuerung ist übersichtlich gestaltet und geht angenehm von der Hand. Gespielt wird allein mit der Wii-Fernbedienung, Nunchuk und Classic Controller kommen nicht zum Einsatz.

Mit „Another Code: R“ legen die Entwickler ein Spiel vor, welches weniger mit technischer Überlegenheit zu protzen als vielmehr mit inhaltlichen Stärken zu punkten weiß. Eine Grafik-Engine, welche die Wii-Konsole an ihre Grenzen treibt, sucht man ebenso erfolglos wie bombastische Lichteffekte oder einen opulenten Score. Die dreidimensional modellierten Hintergründe weisen schlichte, aber nicht unbedingt schlechte Texturen auf, die Dialoge werden von hübsch gezeichneten Figuren geführt. Der angenehme Soundtrack unterstreicht den ruhigen Spielcharakter, ohne aufdringlich zu wirken. Für den Genuss des Game sind eben keine technischen Muskelspiele vonnöten, die etwaige inhaltliche Mängel notdürftig kaschieren.

Den Nachfolger von „Another Code: Two Memories“ bewirbt Nintendo als interaktiven Roman – und trifft damit den Nagel auf den Kopf: Trieben im DS-Titel clevere Rätsel die Handlung voran, so stehen in „Another Code: R“ die Dialoge zwischen den Charakteren im Vordergrund. Dass die Spielzeit des Wii-Games jene des Vorgängers weit überflügelt, hat nichts mit einem möglicherweise hochgeschraubten Schwierigkeitsgrad zu tun: Gut ein Dreiviertel der Spielzeit – und die beläuft sich auf rund 15 Stunden – verbringt man mit Lesen. Dialoge sind eines der Hauptelemente, welche die Story vorantreiben: Hier ist von einem mysteriösen Todesfall von vor fünf Jahren die Rede, dort fallen Hinweise über die Forschungsarbeiten einer wissenschaftlichen Einrichtung und dazwischen kommen immer wieder Erinnerungen in Ashley hoch, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten. Der Spannungsbogen baut sich sehr gemächlich auf und droht stellenweise einzubrechen, wenn ellenlange Gespräche über das Wetter oder Variationen von Fast Food geführt werden; doch immer wieder wird diese Gefahr abgefangen, bevor sie den Spielspaß endgültig abwürgt. Immer mehr Handlungsfäden tauchen auf, die auf den ersten Blick nichts verbindet, bis sie im fortschreitenden Spielverlauf zu einem einzigen Strang verflochten werden. Man merkt: Die Anpreisung des Spiels als interaktiven Roman ist keineswegs aus der Luft gegriffen, treffender ließe sich der jüngste Adventure-Streich von CING nicht umschreiben. Bedauerlicherweise wurde auf eine Sprachausgabe verzichtet und somit viel Potential in den Bereichen Charakterdesign und Spannungsaufbau links liegen gelassen.

Die Fokussierung auf Dialoge geht aber zum Teil auf Kosten des Rätselspaßes: Fand sich in „Another Code: Two Memories“ kaum ein Rätsel, das den Spieler unterfordert hat, so ist das Repertoire an Denksportaufgaben am Wii unausgewogen: Nicht wenige Rätsel lösen sich fast von allein – finde Gegenstand X bei Punkt A und setze ihn bei Punkt B ein –, gleichzeitig gibt es auf der anderen Seite eine Handvoll granitharter Kopfnüsse, an denen man sich – nicht ohne Genuss – die Zähne inklusive der Dritten ausbeißt, bevor einen der Geistesblitz heimsucht. Alles in allem präsentiert sich die reichhaltige Rätselpalette als ausgesprochen kurzweilig, zumal die technischen Möglichkeiten der Wiimote vorzüglich ausgeschöpft werden.

Fazit: Mit „Another Code: R – Die Suche nach der verborgenen Erinnerung“ liefert CING ein spannendes Adventure-Game mit einer fesselnden Story ab, das nicht lückenlos an das Niveau seines DS-Vorgängers anknüpfen kann. Hardcore-Zocker und Shooter-Fans, die ein gutes Spiel über Polygonorgien und Effektbombardements definieren, werden mit dem enorm textlastigen Game keine Freude haben; lesefreudige Gelegenheitsspieler, die sich als stolze Besitzer einer Nintendo Wii brüsten können, sollten aber auf jeden Fall einen Blick riskieren.

Michael Höfel



Konsolenspiel | Erschienen: 26. Juni 2009 | FSK: 6 | Wii | Preis: 39,95 Euro

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