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 Ich hab nix gemacht

Autoren: Tim Dowling
Übersetzer: Thomas Gunkel
Verlag: Fischer

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Angeblich ist die meistgesuchte Sache bei Google der eigene Name – das heißt, jeder googelt sich selbst gerne mal, manchmal mit unvorhergesehenen Ergebnissen. Pech für den Journalisten Giles Wareing, der eigentlich Schmeichelhaftes über sich im Internet lesen wollte, der dann aber auf ein Forum des „Giles-Wareing-Hassclubs“ stößt, wo jeder einzelne seiner Artikel gnadenlos verrissen und seine Person verunglimpft wird.

Weil es in Giles‘ Leben gerade eh nicht so gut läuft – er glaubt, an Gicht erkrankt zu sein, sein vierzigster Geburtstag steht vor der Tür und seine Ehe hat auch schon bessere Zeiten gesehen –, nimmt er sich die fiesen Kommentare sehr zu Herzen, steigert sich zunehmend hinein und beginnt sogar akribisch nach den Profilen der hämischen Beitragsschreiber zu forschen, um mehr über sie herauszubekommen. Unter falschem Namen schleust er sich ins Forum ein und dann steht auf einmal ein Forentreffen an - soll Giles sich seinen Kritikern stellen?
Nebenbei gerät der freiberufliche Journalist auch noch gerne in skurrile Situationen: Er kauft ohne Grund Antidepressiva bei einer alten Drogendealerin aus dem Park um die Ecke, lässt sich sein Handy von Halbwüchsigen klauen, beginnt fast mehrere Affären, besucht wilde Partys mit einem schmierigen Autor und bricht in einer Radioshow live in Tränen aus.

Der ärgerlich unpassend gewählte deutsche Titel und die Tatsache, dass dem Protagonisten skurrile Dinge zustoßen, suggeriert, dass dieses Buch eins von vielen oberflächlichen Unterhaltungsromanen ist, in denen Männer in der Midlife-Crisis stecken und es vor allem komisch zugeht. Komisch ist „Ich hab nix gemacht“ auf jeden Fall auch – bisweilen sogar so komisch, dass man beim Lesen laut auflacht –, aber insgesamt ist der Roman weitaus vielschichtiger als die typisch-witzigen Männerromane mit den endlos gleichen, nichtssagenden Titeln.

Diese Geschichte beginnt mit einem Schmerz im großen Zeh und endet mit einer Beichte. Zwischendurch tappt Giles in die unterschiedlichsten Situationen, und man ist zuerst geneigt, ihn zu bemitleiden. Doch sein selbstzerstörerisches Verhalten verstört auch und macht deutlich, dass etwas nicht in Ordnung ist mit ihm. Er schluckt einfach ohne Rezept irgendwelche Pillen, von denen er nicht weiß, was sie bewirken, er betrinkt sich beinahe jeden Abend und hat immer öfter Filmrisse. Die Kommunikation mit seiner Frau und den Kindern ist kaum existent, und die Kritik am Journalisten Giles und seiner schlechten Schreibe ist zumindest in Teilen so gerechtfertigt, dass Giles in seinem eigenen Hass-Club bald unter falschen Namen bitterböse über sich selbst herzieht. Bis Giles sich endlich mit seinem Leben und seiner Unzufriedenheit auseinandersetzt, muss eine Menge passieren.
Vor allem denjenigen Lesern, die sich ein bisschen im Internet auskennen und häufiger in Foren unterwegs sind, werden die Schilderungen aus dem Giles-Wareing-Hassclub gefallen, denn Autor Tim Dowling stellt sehr zielsicher den Mikrokosmos von Forenusern und Usertreffen dar und trifft vor allem den dort herrschenden Ton, wenn er die Beiträge aus dem Hass-Club im Buch zitiert.

Fazit: Unterhaltsam – ja. Skurril, herrlich trocken und komisch – ja. Aber auch ernst und vielschichtig, warmherzig und am Ende äußerst befriedigend!

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 7. Juli 2009 | ISBN: 9783596179022 | Originaltitel: The Giles Wareing Haters' Club | Preis: 9,95 Euro | 366 Seiten | Sprache: Deutsch

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