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 The Making of Design

Vom Modell zum fertigen Produkt

Herausgeber: Gerrit Terstiege
Übersetzer: Jeremy Gaines
Verlag: Birkhäuser

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Kauft man ein Produkt im Laden – sei es ein Stuhl, ein Rasierapparat, ein Radio oder eine Umhängetasche -, so sieht man das fertige Produkt, aber nicht den aufwändigen, bisweilen von Irrungen, Wirrungen und Fehlschlägen gekennzeichneten Designprozess, den das Produkt durchlaufen hat. „The Making of Design – Vom Modell zum fertigen Produkt“ wirft folgerichtig einen Blick hinter die Designkulissen, beleuchtet den langen Weg von der Idee über erste Skizzen und Modelle bis hin zum fertigen Objekt. Das Buch ist, wie der Herausgeber Gerrit Terstiege, Chefredakteur der Design-Zeitschrift „form“, auch im Vorwort warnt, eine "Entzauberung" von Design. Und ja, es ist eine Entzauberung, aber eine sehr notwendige, betrachtet man die fast abgehobene Ehrfurcht, die vielen Designern entgegengebracht wird. Der Blick hinter die Kulissen macht deutlich, dass der kreative Prozess auch namhafter Stardesigner von Rückschlägen, Zweifeln und Hindernissen begleitet wird, bis am Ende etwas steht, das dem außenstehenden Betrachter ganz selbstverständlich und naheliegend erscheint.

„The Making of Design“ ist ein ausgesprochen interessantes und spannendes Werk geworden, das Studierende und bereits berufstätige Designer gleichermaßen ansprechen wird. Enthalten sind neben zwei Interviews mit den Designern Dieter Rams und Konstantin Grcic vor allem detaillierte Making-of-Berichte, die den Weg von der Idee zum fertigen Designobjekt begleiten. Das Buch ist eingeteilt in die vier Bereiche „Sitzen“, „Einrichten“, „Transportieren“ und „Experimentieren“.

Die präsentierten Ideen und ihr Weg sind teils spektakulär und ungewöhnlich – und gleichzeitig auch so beruhigend bodenständig. Auch ein Stardesigner zaubert ein neues Design eben nicht einfach so aus dem Hut; bevor ein Produkt im Showroom präsentiert wird, ist viel eigenhändige Arbeit notwendig und ergeben sich zahlreiche Änderungen während des Prozesses, bis ein zufriedenstellender Weg gefunden wird.
Im Kapitel „Sitzen“ etwa schildern Ronan und Erwan Bouroullec in „Aufzucht und Pflege eines Stuhls“, wie sie für die Firma Vitra einen Stuhl entwickelten, dessen Struktur von natürlichen Verästelungen inspiriert sein sollte. Von der Idee zum fertigen Stuhl dauerte es vier Jahre. Die Dokumentation dieses Prozesses umfasst neben dem erläuternden Text eine Reihe interessanter Fotos mit Momentaufnahmen, die die Designer und ihren im Wachsen begriffenen Stuhl zeigen – die Übertragung der Formen auf ein Styropormodell, die angefertigten Gussformen, die Verwendung von Strukturplatten.
Weiter hinten, im Kapitel „Experimentieren“, findet sich unter anderem der Entwicklungsprozess eines „Pixelrollers“ – ein Druckgerät, optisch einer Malerrolle ähnlich, mit dem sich digitale Texte und Bilder an die Wand rollen lassen. Skizzen, Fotos, Entwürfe und das Ergebnis sind dokumentiert, die Idee und ihre Realisierung werden ausführlich erläutert.
Eher bodenständig geht es unter „Das Werkzeug“ im Kapitel „Einrichten“ zu. Wie entsteht eigentlich ein Rasierer? Das Buch wirft einen genauen Blick auf die Entwicklung des Modells „Pulsonic“ aus dem Hause Braun. Die Idee, die dahinter stand, war für Designer Roland Ullmann, dem Mann nicht bloß ein Gerät zum Bartschneiden, sondern ein richtiges Werkzeug in die Hand zu geben – inklusive arretierbarem Scherkopf und klangerzeugendem Schallmotor. Auch hier gibt es wieder zahlreiche Skizzen, Studien und Modelle zu begutachten.
Weitere Kapitel im Buch befassen sich unter anderem mit den Designprozessen einer IKEA-Schürze, einer Rosenthal-Schüssel, eines Stuhls aus Kristallen, eines Whirlpools, eines Kaffeevollautomaten oder eines Motorbootes. Bisweilen wünscht man sich eine eingehendere Betrachtung eines Produktes mit noch mehr Schritt-für-Schritt-Dokumentation – die einzelnen Unterkapitel sind jeweils drei bis acht Seiten lang – und sicher gäbe es zu jedem einzelnen Designprozess noch unendlich viel mehr zu sagen, ja ein ganzes Buch zu füllen, das würde aber den Rahmen sprengen. Insgesamt ist das Buch eher etwas textlastig; es gibt zwar viele Abbildungen und Fotos, diese hätten aber bisweilen ruhig etwas größer sein können. So bietet „The Making of Design“ einen recht vielseitigen Querschnitt durch unterschiedliche Bereiche, Produkte und deren Designer, wobei sowohl namhaften Designern als auch den Arbeiten noch junger Designer gleichermaßen viel Platz eingeräumt wurde.

Fazit: Ein spannender, außergewöhnlicher Blick hinter die Kulissen von Designprozessen. Die 25 „Making-of“-Berichte sind mit zahlreichen Abbildungen und Fotos illustriert, die den langen, manchmal mühsamen Weg vom ersten Entwurf zum fertigen Produkt zeigen. Für angehende Designer und bereits in diesem Feld Tätige ist dies ein hochinteressanter Einblick in die Praxis, der das oft unnötig verzauberte Feld Design ein Stück greifbarer macht.

Christina Liebeck



Softcover | Erschienen: 1. Juni 2009 | ISBN: 9783034600880 | Originaltitel: The Making of Design | Preis: 29,90 Euro | 176 Seiten | Sprache: Deutsch

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