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 Beichte eines Mörders, erzählt in einer Nacht

Autoren: Joseph Roth
Sprecher: Wolfram Berger
Verlag: Diogenes

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Semjon Golubtschik ist einer von vielen illegitimen Söhnen des Fürsten Krapotkin, seine Mutter eine schlichte Förstersfrau, die vom Fürsten, dem Arbeitgeber ihres Mannes, ganz selbstverständlich als willige, flüchtige Geliebte beansprucht wurde.
Golubtschik, finanziell einigermaßen vom Fürsten gefördert, möchte unbedingt als dessen Sohn anerkannt werden. Diese Obsession wird ihn sein Leben lang begleiten. Er wird von der Geheimpolizei angeworben und lernt auf rätselhafte Weise die Verkörperung des Bösen, Jenő Lakatos, einen Ungarn, kennen. Seine neue Arbeit bringt die Überwachung eines Pariser Modeschneiders und dessen Modelle mit sich, und er verliebt sich in eines der französischen Mädchen, das sich Lutetia nennt und den legitimen Erben des Grafen Krapotkin liebt. Golubtschik erwehrt sich des Widersachers und wird von seinem Vorgesetzten zum Dienst in Paris, zu "immerwährender Liebe", verurteilt. Es gelingt ihm, sich Lutetias zu versichern. Doch seine Dämonen ruhen nicht. In Paris tauchen sowohl sein "böser Geist" Lakatos als auch der junge Krapotkin auf, und eines Tages findet Golubtschik seine Lutetia und Krapotkin zusammen nackt im Bett vor. Golubtschik schlägt auf die beiden ein, bis sie still und scheinbar tot vor ihm liegen, dann flieht er in den Krieg.
Nach dem Krieg sucht er den Ort des vermeintlichen Mordes neuerlich auf und stellt fest, dass seine Opfer noch leben. Golubtschiks Leben ist zerstört. Von nun führt er eine erbärmliche Existenz unter den russischen Exilanten in Paris und ist erleichtert, als er ihnen seine Geschichte erzählen kann.

In der Rahmenerzählung geht es zunächst und abschließend um den Ich-Erzähler, der eher zufällig in das Pariser Restaurant Tari-Bari gerät, wo sich russische Emigranten einfinden. Zufällig begegnet er auch Semjon Golubtschik, jenem Möchtegern-Mörder, der schließlich, vom Ich-Erzähler mehr oder weniger entlarvt, seine Geschichte erzählt: die Geschichte eines Aufschneiders, skrupellosen Geheimdienstlers – er berichtet einiges von den Machenschaften der Ochrana, der zaristischen Geheimpolizei – und hoffnungslos Verliebten.
Der Hörer erfährt, wie Golubtschik allmählich in den Sog des Verderbens gerät. Das Auftreten des "Leibhaftigen" persönlich gibt der Erzählung eine eigene Note mit dem kleinen Höhepunkt, dass dieser am Schluss des Romans an den Ich-Erzähler höchst persönlich herantritt. Golubtschiks Beichte stellt eine Erzählung innerhalb der Erzählung dar, einen Bericht eines Gereiften über seine Jugendsünden, die sein Leben zerstört haben und es bis zum Ende im Griff haben werden. Golubtschik selbst erweist sich gegen Ende nicht nur als Versager, sondern auch als jämmerlicher Feigling – er, der Agent, der Unschuldige in den Ruin getrieben hat, um den aufwändigen Lebensstil seiner Geliebten zu finanzieren.

Auch in diesem Roman kreiert Roth markante, authentische Charaktere, deren Konflikte für Unterhaltung und Nachdenklichkeit sorgen. "Beichte eines Mörders" ist nicht das beste Werk von Joseph Roth, dennoch handelt es sich um einen bemerkenswerten Roman, der in der Hörbuchfassung von Wolfram Berger trefflich nacherzählt wird. Bergers Stimme passt sich dem Protagonisten, wie sich dieser dem Zuhörer erschließt, perfekt an, langweilig wird die umfangreiche Erzählung dem Leser nie. Roth und mit ihm Sprecher Berger vermögen es, die Spannung stets aufrechtzuerhalten, auch wenn die Handlung zwischenzeitlich etwas seicht vor sich hin plätschert.
Was die Aufmachung angeht, entspricht diese Ausgabe den anderen Hörbüchern des Verlags: schlicht, hochwertig, zweckmäßig – die CDs findet man in einzelnen Papphüllen, diese wiederum im attraktiven Kartonschuber.
Ein rundum gelungenes Hörbuch!

Regina Károlyi



CD | CD-Anzahl: 6 | Erschienen: 25. August 2009 | Laufzeit: 381 Minuten | Preis: 29,90 Euro | Sprache: Deutsch

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