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 Antarktis

Das weiße Herz der Erde


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Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Die Antarktis, der Kontinent der Extreme: Auf einer Fläche, die anderthalbmal größer ist als Europa und 37-mal größer als Deutschland, gibt es Eis, so weit das Auge reicht. Nur circa zwei Prozent dieses gigantischen Eisplaneten, der wie eine weiße Wüste wirkt, sind eisfrei - die Trockentäler weisen ähnliche Bedingungen auf, wie sie auf dem Mars vorzufinden sind, und wurden deshalb bereits von der Weltraumforschung zur Vorbereitung auf Einsätze ins All genutzt. Insgesamt beherbergt die Antarktis unvorstellbare 30 Millionen Kubikkilometer (!) Inlandeis, das 80 Prozent der Süßwasservorräte der Erde ausmacht und 90 Prozent ihrer gesamten Eismenge. Doch die Antarktis ist nur extrem und für den Menschen lebensfeindlich, sie ist Heimat zahlreicher Säugetiere, Vögel, Fische und Schalentiere. Auch Menschen bietet die Antarktis zumindest für eine Zeitlang eine Heimat: etwa 4000 Einwohner im Sommer, rund 1000 im Winter. Nicht alle sind wie vermutet Forscher, der überwiegende Teil hält die Forschungsstationen als Bäcker, Arzt, Ingenieur, Koch, Krankenpfleger, Priester und dergleichen am Laufen.

Wie atemberaubend die Antarktis ist, wie wunderschön, komplex und hochinteressant, zeigt der Bildband "Antarktis - Das weiße Herz der Erde" aus dem Delius Klasing Verlag. Schon der erste Blick auf den großformatigen Hardcover-Band zeigt, wie sorgfältig dieses Buch gestaltet wurde: Entfernt man den schützenden Umschlag, der in eisblauen Tönen dominiert und eine Pinguinkolonie zeigt, findet man einen schneeweißen Einband vor, auf den mit sehr dezenter Gummierung, fast unsichtbar, nochmals der Titel aufgedruckt ist. Im Inneren erwarten den Leser nicht nur zahlreiche überaus faszinierende und hochklassige Fotografien, sondern vor allem auch faszinierende Texte und Interviews, die nahezu jeden Aspekt der Antarktis aufgreifen.
Was vielen Lesern nicht so bekannt sein dürfte, ist die herausragende Stellung der Antarktis weltweit: In den 1950er Jahren wurde im sogenannten Antarktisvertrag festgelegt, dass dieser Kontinent des Südpols ein Land des Friedens und der Forschung sein soll. Seit der Unterzeichnung dieses Vertrages sind alle Gebietsansprüche eingefroren, militärische und nukleare Aktivitäten generell verboten und alle Forscher verpflichtet, ihre Ergebnisse untereinander auszutauschen; der Abbau von mineralischen Ressourcen ist bis zum Jahr 2048 verboten. Die Antarktis soll niemals zum Zankapfel zwischen den Staaten dieser Erde werden; wer dorthin reisen will, benötigt keinen Pass.

Lucia Simion hat mit diesem Bildband das Kunststück vollbracht, Bildern und Text gleichermaßen viel Raum zu geben. Die Autorin ist Wissenschaftsjournalistin und Fotografin und arbeitete unter anderem für National Geographic und GEO. Sofort merkt man, dass außergewöhnlich viel Arbeit hier hineingeflossen ist - die Texte sind gleichermaßen unterhaltsam wie fachlich interessant. Aus ihnen spricht die Liebe zu diesem außergewöhnlichen Kontinent voller Extreme, der meistens kurz "The Ice" genannt wird. Insgesamt vier große Kapitel informieren nach der Einführung über geografische, politische und historische Fakten, über Flora und Fauna, über Forschungsexpeditionen und -projekte damals und heute. Dabei erfährt man in "Die Antarktis, ein Eisplanet" zunächst einiges über die Anfänge, den gigantischen Großkontinent Gondwana, der während des größten Teils der bekannten Erdgeschichte auf der Südhalbkugel existierte. Neben Betrachtungen der vielfältigen geografischen Besonderheiten hält dieses Kapitel auch drei hochinteressante Interviews mit Forschern bereit. Das folgende Kapitel "Das Leben auf dem Kontinent der Extreme" berichtet von jenen Lebewesen, die den unwirtlichen Bedingungen der Antarktis erfolgreich trotzen: Pinguine, Wale, zahlreiche Vogelarten, Fische, Robben und Kleinstlebewesen wie Krill.
Das darauf folgende Kapitel beschäftigt sich ausführlich mit den Antarktis-Forschern und ihren Versuchen, diese unwirtliche Gegend zu erreichen - und vor allem lebend wieder zurückzukommen. "Das Heroische Zeitalter der Polarforschung" geizt dabei nicht mit ausgesprochen berühmten Namen wie Thomas Cook, Dumont D'Urville, Robert Falcon Scott, Roald Amundsen oder Ernest Henry Shackleton. Was die Menschen in früheren Zeiten getrieben haben muss, um sich auf solch lebensgefährliche Reisen zu begeben - und das mit dem damaligen unzureichenden Stand, was Ausrüstung und Technik betrifft - können wir nur voller Respekt erahnen.
Das nächste große Kapitel schließlich beschäftigt sich unter dem Titel "Ein Land des Friedens und der Forschung" mit den Forschungsstationen in der Antarktis und mit deren faszinierenden Projekten. Längst hat man erkannt, dass die Forschung in der Antarktis von unschätzbarem Wert für die Zukunft unserer Erde ist - umso gewichtiger und beeindruckender ist daher die Tatsache, dass der Kontinent keinem Staat gehört und dass hier Forscher vieler Nationen friedlich gemeinsam arbeiten.
An die inhaltlichen Kapitel schließt sich noch eine längere Übersicht "Alles auf einen Blick" an, die auf circa dreißig Seiten alles, was in diesem Buch erörtert wurde, noch einmal sehr gelungen zusammenfasst. Es schließen sich eine Bibliografie mit Webtipps, der Bildnachweis und eine Danksagung an.

Neben den lebendigen und liebevoll geschriebenen Texten, die nahezu alle denkbaren Aspekte aufgreifen, sind es natürlich die Bilder, die hier im Vordergrund stehen - und die sind absolut beeindruckend und vielfältig. Hier finden sich nicht nur großformatige Aufnahmen der blendenden, weiten Ebenen, die Eis und nichts als Eis zeigen, Aufnahmen von Pinguinkolonien oder Eisschollen, sondern auch viele sehr ungewöhnliche und spektakuläre Aufnahmen: eine arktische Qualle unter Wasser etwa; steinerne Findlinge, die auf Eishügeln praktisch frei schweben, bevor der Gletscher sie weitertransportiert; ein rauchender Vulkan aus Eis, aus dem unaufhörlich Dampf entweicht, der sofort gefriert; eine dicke Packeisschicht, die das darunter liegende Wasser durch die Brennglaswirkung auf 25 Grad erhitzt. Beeindruckend sind auch die historischen Aufnahmen im Kapitel über die Forschungsexpeditionen, denn hier sieht man Zeitzeugnisse - Fotos von alten Schiffen, die im Packeis zerquetscht werden, Forscher und ihre Mannschaft, die erschöpft in die Kamera blicken, ein Expeditionsteilnehmer mit Welpen im Arm. Alle Fotos und Abbildungen sind von ausgezeichneter Qualität, die meisten sind vollfarbig und sehr großformatig. Auch die Beschriftung der Abbildungen ist besser als in den meisten Bildbänden und gibt weitere interessante Hintergrundinfos.

"Antarktis - Das weiße Herz der Erde" ist ein Bildband, der auf sicher einzigartige Weise lebendige und fachlich interessante Texte mit spektakulären Fotografien verbindet. Es dürfte sich kaum ein anderer Band finden, der so liebevoll und so umfassend die Antarktis und das Leben, das sich dort trotz der extremen Bedingungen seit Millionen von Jahren durchgesetzt hat, schildert. Dieser wunderschöne Bildband ist jeden Euro wert!

Christina Liebeck



Hardcover | ISBN: 9783768826211 | 222 Seiten | Sprache: Deutsch

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