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 Funkenschlag

Autoren: Friedemann Friese
Verlag: 2F

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


Das Spiel "Funkenschlag" hat schon jetzt eine faszinierende Geschichte. Im Jahr 2001 wurde es in der ersten Edition von seinem Entwickler Friedemann Friese im Eigenverlag herausgegeben, mit billigen Materialien und grafisch äußerst simpel gestaltet. Damals musste man sogar noch auf dem Spielbrett mit einem Marker herummalen. Trotzdem ist das Spiel mit seinem Konzept und seiner cleveren Umsetzung in Spielerkreisen rasch zum echten Geheimtipp geworden und hat sich eine große Fanbasis erspielen können, was es Friese ermöglichte, das Spiel 2004, wieder im Eigenverlag, in einer zweiten Edition herauszugeben, die jetzt alles dabei hat, was sich ein für ein ordentliches Brettspiel gehört.
In "Funkenschlag" übernimmt man die Leitung eines eigenen Stromkonzerns, der wahlweise Deutschland oder Amerika mit Energie versorgen soll. Anfangs noch mit einem kleinen Kohlekraftwerk ausgestatt, das vielleicht höchstens eine Stadt versorgen kann, wird nach und nach das Stromnetz im Land ausgebaut und werden immer ausgereiftere Kraftwerke mit Atom- und Windenergie eingekauft, bis man vielleicht irgendwann das mächtige und umweltfreundliche Fusionskraftwerk besitzt und den größten Teil des Landes mit Strom versorgen kann.

"Funkenschlag" enthält ein zweiseitiges Spielbrett, bei dem man sich anfangs entscheiden kann, ob man Amerika oder Deutschland mit Strom versorgen will. Hier entscheiden wir uns erstmal für letzteres.
Ziel des Spiels ist es, zum Schluss die meisten Städte Deutschlands mit Strom aus seinen Kraftwerken versorgen zu können.
Es gibt sechs Arten von Kraftwerken, die sich nach der Art der Energie richten, die sie verbrennen. Es gibt also Öl-, Kohle-, Öl/Kohle-, Müll-, Atom- und Windkraftwerke (beziehungsweise das Fusionskraftwerk), die alle ihre entsprechenden Ressourcen benötigen, um Energie zu erzeugen. Ausnahme sind die Windkraftwerke, die keine Ressourcen benötigen. Jedes Kraftwerk hat außerdem eine Nummer von 3 bis 50, die einerseits seinen Mindestpreis an Elektro, der Währung im Spiel, angibt und andererseits natürlich seine Größe. Jedes Kraftwerk benötigt eine bestimmte Menge von seiner Ressource, um eine bestimmte Zahl von Städten mit Energie versorgen zu können, was alles auf der entsprechenden Karte steht. Beispielsweise braucht das Kohlekraftwerk mit der Nummer 15 zwei Kohleressourcen, um, wie auf der Karte angegeben, drei Städte versorgen zu können.

Jede Runde des Spiels läuft in mehreren Phasen ab. Zunächst wird die Spielreihenfolge festgelegt, was sich nach der Anzahl der vom Spieler angeschlossenen Städte ergibt, die sowohl auf dem Plan zu sehen sind, als auch auf einer Zählleiste angegeben werden. Dabei hat der erste Spieler jedoch nur bedingt Vorteile, wie sich noch zeigen wird.
In der nächsten Phase werden Kraftwerke versteigert. Dabei liegen stets acht Kraftwerke nach Zahlen geordnet in zwei Viererreihen und damit einem cleveren Marktsystem aus, denn nur die obere Reihe bildet den aktuellen Markt, aus dem man auch wirklich Kraftwerke kaufen kann, während die untere Reihe den zukünftigen Markt anzeigt. Der erste Spieler sucht sich ein Kraftwerk aus dem aktuellen Markt aus, über das im Uhrzeigersinn versteigert wird. Wer zuletzt drankommt, ist ganz klar im Vorteil, weil alle anderen Spieler entweder bereits ein Kraftwerk gekauft haben oder keins wollten, wodurch er sich eins zum Einkaufspreis besorgen kann.
Es ist weiterhin vorteilhaft, Letzter zu sein, denn in der nächsten Phase darf man sich als Erster Rohstoffe kaufen. Die Ressourcen Kohle, Öl, Müll und Plutonium liegen am Rand des Spielbretts auf dem Ressourcenmarkt. Dessen System ist genauso simpel wie spaßig. Der erste Rohstoffkäufer nimmt sich die benötigten Ressourcen von den Feldern mit dem aktuell billigsten Preis vom Markt, wodurch die entsprechenden Rohstoffe nach und nach teurer werden. Je größer also die Nachfrage, desto höher ist der Preis einer Ressource und umgekehrt. So muss der letzte (und aktuell beste) Spieler am meisten für die begehrtesten Rohstoffe zahlen.
In der dritten Phase erweitert man dann sein Stromnetz. Auf der Karte sind viele deutsche Städte angegeben, die anzuschließen zunächst immer zehn Elektro kostet. Während man sich am Anfang noch frei aussuchen darf, welche Stadt man zuerst anschließt (und mit einem kleinen Häuschen seiner Farbe besetzt), muss man fortan von dieser Stadt aus sein Stromnetz erweitern. Zwischen jeder Stadt und ihren Nachbarstädten gibt es eine Verbindung, die ebenfalls einen bestimmten Preis aufweist. Nun gibt es zwar anfangs Regionen, bei denen die Verbindungen zwischen den Städten recht günstig sind (beispielsweise das Ruhrgebiet), aber diese sind unter den Spielern dann natürlich entsprechend umkämpft, wodurch es schnell eng werden kann, schließlich darf jede Stadt erstmal nur von einem Spieler angeschlossen werden.
Letztendlich gibt es dann das, worauf alle gewartet haben: Geld. Der Reihe nach darf jeder Spieler eingekaufte Ressourcen verwenden, um seine Kraftwerke zu betreiben und die auf dem Plan angeschlossenen Städte mit Energie zu versorgen. Auf einer Tabelle kann man ablesen, wieviel Geld es für wieviele versorgte Städte gibt. In derselben Phase wird dann das Kraftwerk mit der aktuell höchsten Nummer ganz unten unter den Stapel gelegt und durch ein neues ersetzt, danach werden die Ressourcen, ebenfalls basierend auf einer Tabelle, von oben nach unten aufgefüllt, kommen also zuerst auf die teuersten Felder und dann nach und nach auf die billigeren. Je nachdem, wieviele Rohstoffe von einem Typ in einer Runde gekauft werden, ist diese Ressource dann in der nächsten anfangs billiger oder teurer als vorher.

Die Gesamtlänge des Spiels von zwei Stunden ergibt sich dadurch, dass das Spiel in drei Stufen gespielt wird. In der ersten Stufe darf jede Stadt nur von einem Spieler angeschlossen werden. Sobald einer eine bestimmte Anzahl von Städten in seinem Stromnetz hat, darf in bereits besetzten Städten auch ein Zweitanschluss gelegt werden, was allerdings ein wenig teurer ist. Im Stapel mit den Kraftwerken befindet sich von Anfang an ganz unten die Karte, die die dritte Stufe auslöst. Sobald sie aufgedeckt wird, darf jede Stadt einen (nochmals teureren) Drittanschluss besitzen, außerdem kommen ab jetzt die besten Kraftwerke erneut ins Spiel - schließlich wurde am Ende jeder Runde das Kraftwerk mit der höchsten Nummer unter den Stapel und damit unter die "Stufe 3"-Karte geschoben.
Das Spiel endet, wenn jemand eine bestimmte Zahl von Städten (bei vier Spielern siebzehn Stück) angeschlossen hat. Wer jetzt die meisten Städte mit Energie versorgen kann - und nicht, wer die meisten Städte angeschlossen hat -, gewinnt das Spiel.

Die Anleitung ist zwar nur in schwarz-weiß gehalten, erklärt aber mit einigen Bildern, Beispielen und vielen Hinweisen die relativ einfachen Regeln in exzellenter Strukturierung. So gibt es zwischendurch immer wieder erinnernde und verdeutlichende Einschübe, die das Spiel auch für Gelegenheitsspieler schnell gut verständlich macht.
Erklären kann man das Spiel eigentlich schon während der ersten Runde, weil sich die Phasen und damit die neuen Regeln logisch aneinander anschließen.
Im ersten Spiel werden Anfänger jedoch anfangs sicherlich noch Fehler machen. Tipps in der Anleitung, dass es besser ist, sich zunächst vor allem Städte zu sichern und später große Kraftwerke zu kaufen, wären angebracht gewesen.
Sein Können wird man in "Funkenschlag" allerdings nicht sehr weit auszubauen in der Lage sein. Man kann sich zwar ab dem zweiten oder dritten Spiel bereits für eine ungefähre Strategie entscheiden, aber letztendlich hängt es ja doch von den Kraftwerken ab, die gezogen werden und von den Gegnern, die einem vielleicht die wichtigsten Städte verbauen - großartig verfeinern wird man seine Strategien also nicht wirklich, mit dem Lernen ist es also genauso schnell vorbei, wie es damit angefangen hat.

Vorbei sind die Zeiten ewig gleich aussehender Karten und selbst zu bemalendem Spielbrett, die zweite Edition von "Funkenschlag" hat jetzt alles, was man braucht.
Das ganze Spiel ist bunt, farbenfroh und ein bisschen comicartig aufgemacht. Beispielsweise ist jede Seite des Spielplans in sechs verschiedenfarbige Regionen aufgeteilt und sind Ressourcen, Karten und Spielsteine sehr knallig bemalt, glücklicherweise ohne zu aufdringlich zu wirken.
Die vielen kleinen Häuschen der Spieler und die unterschiedlichen Ressourcensteinchen sind nett (deutsche Spielehersteller haben es anscheinend mit Holzspielsteinen), wenn sich auch bei mir ab und an ein kleiner Produktionsfehler eingeschlichen hat, aber das ist nicht weiter tragisch.
Besonders schön sind die Karten der unterschiedlichen Kraftwerke, die einleuchtend und übersichtlich auf den ersten Blick alle wichtigen Informationen textlos preisgeben. Die Bilder der Kraftwerke selbst sind sogar stets ihrer Nummer angepasst, je höher also die Nummer des Kraftwerks, desto größer ist das abgebildete Gebäude, desto mehr Schornsteine und Türmchen besitzt es - süß.
Die bunten Geldscheine lassen sich ebenfalls optimal voneinander unterscheiden, wenn sie auch beim Auspacken noch so eng zusammen sind, dass man erstmal richtig mit ihnen spielen muss, damit sie nicht mehr aneinander kleben.
Der Packung liegen zwar zwei verschließbare Tütchen für die Holzspielsteine bei, die Karten und das Geld fliegen innerhalb der Packung aber schon bald hin und her.

Fazit:
Man kann verstehen, warum "Funkenschlag" vor allem in den USA so ein großer Erfolg geworden ist. Das Spiel setzt sein Szenario simpel, passend und mit netter Comicgrafik in ein spaßiges Wirtschaftsspiel um, das nicht sofort an übermäßiger Komplexität und Realitätsnähe erstickt.
Dank der höchstens mittelschweren Regeln werden Gelegenheitsspieler schnell Zugang zu "Funkenschlag" bekommen, Profis können bereits in der allerersten Partie einigermaßen geschickt taktieren und mit ihren Finanzen jonglieren. In meinen Testspielen hat sich bisher jedoch gezeigt, dass ein Spieler, der sich mit seinen angeschlossenen Städten einmal an die Spitze gesetzt hat, nur schwierig von seiner Position herunterzuholen ist. So erschien es mir, dass jener Spieler trotz der gut überlegten Regel, dass er am meisten für die Ressourcen, Kraftwerke und Städte bezahlen muss, immer am meisten Geld und dadurch die besten Möglichkeiten zur Expansion und somit zum Verdienen von noch mehr Geld besitzt. Wenn sich also in der ersten Stufe des Spiels einer von den anderen absetzt, besteht durchaus die Gefahr, dass sich daran für den Rest des Spiels nichts mehr ändert - bei zwei Stunden Spielzeit eine den Spaß eher hemmende Situation.
Nichtsdestotrotz macht "Funkenschlag" schnell eine Menge Freude, ist aber meiner Meinung nach vor allem für weniger professionelle Runden geeignet, für die eine Wirtschaftssimulation nicht unbedingt knallhart, komplex und realistisch sein muss.


Achtung! Das Spiel wird nur im Eigenverlag vertrieben. Über die Website www.2f-spiele.de kann man Händler im Internet finden, die "Funkenschlag" auch verkaufen.

Julius Kündiger



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