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 Der Dunkle Turm, Band 1: Schwarz

Der Dunkle Turm

Serie: Der Dunkle Turm, Band 1
Autoren: Stephen King
Übersetzer: Joachim Körber
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


"Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm." Mit diesen Worten beginnt Kings wohl fulminantestes Werk, sein siebenteiliger Turm-Zyklus. Mehr als dreißig Jahre arbeitete er daran, und er wusste selbst nicht, ob er ihn jemals würde beenden können.
Die sieben Bände sind dicht miteinander verwoben und bilden ein geschlossenes Ganzes, aber der Dunkle Turm setzt seine Existenz auch in anderen Werken des Autors fort, ob so offensichtlich wie in "Talisman", das er zusammen mit Peter Straub schrieb, oder eher latent wie in "Insomnia" oder "The Stand - das letzte Gefecht".

King führt den Leser nach Mittwelt, eine fremde Welt, in der einem manches vielleicht bekannt, aber nicht vertraut erscheint. Man begleitet Roland, den letzten Revolvermann, auf seiner abenteuerlichen und gefahrvollen Suche nach dem Dunklen Turm. Roland erinnert von Kleidung, Statur und Verhalten an einen weltlichen älteren Cowboy, doch ist er weitaus mehr als das, denn Kings Fantasiewelt nimmt viele Dinge aus unserer realen Welt zum Vorbild und formt sie zu etwas Neuem, das man erst kennen lernen muss.
Doch was ist dieser Turm? Das Zentrum aller Dinge? Der Punkt, an dem alles zusammenläuft? Man vermag es noch nicht genau zu definieren, und nicht einmal Roland gibt in "Schwarz" eine endgültige klare Antwort. Aber das muss er nicht. Für ihn ist der Turm alles. Er stellt für den Revolvermann den Sinn seines Lebens dar, das Ziel einer lebenslangen Suche.

Seit die Welt sich weiterbewegt hat, ist vieles anders geworden; das merkt Roland auf seiner Reise ständig, auch zu Beginn, als der Leser unvermittelt an Rolands Weg teilzuhaben beginnt. Man erfährt, dass Roland den Schwarzen Mann verfolgt, und das seit geraumer Zeit. Der Gesuchte kann ihm vermutlich helfen, den Dunklen Turm zu finden. Der Revolvermann reist auf seiner Jagd durch die Wüste und folgt den Spuren des Schwarzen Mannes. Unterwegs trifft er einen Einsiedler, dem er von seiner Reise bis dahin erzählt - wodurch der Leser zumindest einmal ein klein wenig mehr von Rolands Charakter und Lebensweg erfährt. Jedoch ist er rastlos und nimmt bald schon wieder seinen Weg auf. Kurz bevor Hitze und Erbarmungslosigkeit der Wüste ihren Tribut fordern können, erreicht Roland eine ehemalige Poststation, die noch genutzt worden ist, ehe die Welt sich weiterbewegt hat. Dort trifft er auf Jake, einen kleinen Jungen, der nicht aus Rolands Welt stammt. Der Revolvermann nimmt den Jungen mit sich, denn im Laufe ihrer Unterhaltung wird klar, dass Jakes Anwesenheit in dieser Welt und ihre Zusammenkunft nicht zufällig ist.
Fallen hat der Schwarze Mann Roland bisher genug gestellt, doch seine teuflischste kommt erst noch, als der Revolvermann und der Junge gemeinsam unterwegs sind. Dennoch sieht es so aus, als würde der Schwarze Mann nicht wirklich fliehen. Vielmehr scheint er Roland hinter sich her zu locken, ihm den Weg zu weisen. Wird dieser Weg den Revolvermann tatsächlich zum Dunklen Turm führen?

Stephen King wirft den Leser mit dem Auftakt seines Turm-Zyklus ins kalte Wasser. Mehr Fragen bleiben ungelöst als beantwortet werden. Auf vieles geht der Autor nicht ein, sondern lässt die Zusammenhänge für sich sprechen; manches andere wird absichtlich nicht angesprochen, weil es in den folgenden Büchern erläutert wird. Auf diese Weise zwingt King den Leser förmlich dazu, die Reihe weiterzulesen, aber es ist ein angenehmer Zwang. Manche Stellen mögen verwirrend und unverständlich sein - was bedeutet das, "die Welt hat sich weiterbewegt"? Was ist das für eine Welt, in der Roland sich bewegt? Was ist geschehen, das diese Welt so verändert hat? Wer IST Roland überhaupt? - Doch kann der Leser sich sicher sein, dass im Laufe der nächsten Bände vieles klarer und nachvollziehbarer wird.

King scheint wahllos und eifrig in der Realität zu klauen, um das Ganze dann in eine kaum benannte und festgelegte Fantasy-Welt zu betten. Das mag vielleicht der erste Eindruck sein, aber der Autor weiß geschickt mit den Versatzstücken - die immerhin aus der Science-Fiction, dem Western, der Fantasy und eben der realen Welt stammen - zu spielen und sie so einzubauen, dass trotz all der Ähnlichkeiten zu unserer realen Welt genügend Dinge anders sind. Dass es tatsächlich so viele Übereinstimmungen gibt mit der Welt, die wir kennen, ist meiner Meinung nach schlichtweg Absicht; die Gründe dafür werden jedoch nicht in diesem Band geklärt, beziehungsweise nur unzulänglich angeschnitten.

Stilistisch gesehen unterscheidet sich "Schwarz", übrigens genauso wie alle weiteren Bände, von Kings Horrorliteratur, hier jedoch nicht nachteilig. Gruselige Beschreibungen oder Szenen gibt es durchaus, etwa als Roland und Jake durch die völlige Dunkelheit eines Schachtes unter einem Berg durch reisen. An diesen Stellen erlebt man King, wie man ihn kennt. Dennoch legt er sein Hauptaugenmerk nicht darauf; derartige Szenen sind wesentlich seltener und auch dezenter als in seinen üblichen Horrorbüchern, eben weil es nicht vorrangig darum geht, den Leser zu gruseln, sondern ihn an Rolands Suche teilhaben zu lassen.

Die Charaktere sind ordentlich ausgearbeitet, selbst die belanglosesten werden nicht vergessen und bekommen stets ein Mindestmaß an Profil. Hervorzuheben sei dabei in besonderem Maße die Hauptfigur. Der Charakter Roland tritt bereits im ersten Band integer und vollkommen schlüssig in all seinen Handlungen und Gedanken auf. Man zweifelt keinen Moment an dem, was er tut und wie er spricht. Es macht eine unheimliche Freude, seinen Weg zu verfolgen. Und auch wenn der Leser nicht unbedingt mit allen Entscheidungen oder Eigenschaften des Revolvermanns einverstanden ist, so kann man kaum anders, als diesen stillen, in sich gekehrten und ehernen Charakter zu mögen - und wenn nicht mögen, so doch zumindest respektieren. Roland ist vermutlich die intensivste Figur von Kings Dutzenden Protagonisten aus seinen Werken, und das nicht, weil sie in sieben Bänden Zeit hat, sich zu entwickeln. Im ersten Teil des Zyklus lernt man den Revolvermann genau so kennen, wie er ist. In den folgenden sechs Bänden bekommt man lediglich die Bestätigung dafür.

"Schwarz" stellt einen gelungenen Auftakt zur Reihe des Dunklen Turms dar, macht es dem Leser jedoch nicht so einfach wie die folgenden Bände, sich in Kings Mittwelt zurechtzufinden.

Tina Klinkner



Taschenbuch | Erschienen: 01. Dezember 2003 | ISBN: 9783453875562 | Originaltitel: The Gunslinger | Preis: 7,95 Euro | 318 Seiten | Sprache: Deutsch

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