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 Kommissar Adamsberg: Der verbotene Ort


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Kommissar Adamsberg ist mit Commandante Danglard auf Besuch bei Scotland Yard. Die Delegation wird zufällig Zeuge eines grausigen Fundes. Vor dem Eingang von Highgate, dem berühmtesten Friedhof Londons, liegen siebzehn Schuhe - mit den zugehörigen Füßen darin. Offensichtlich sind die Füße jedoch nicht von frischen Leichen abgeschnitten, sondern teils seit mehr als zwanzig Jahren Teil eines Verstorbenen. Dass Danglard eins der Schuhpaare als das seines Onkels aus Serbien erkennt, macht aus dem grausigen Fund eine höchst skurrile Angelegenheit.
Wieder zu Hause, bekommt die Mordkommission einen Fall auf den Tisch, der sich als absolut grausigster in der langen Karriere des Kommissars entpuppt: Der Täter hat akribisch und sehr methodisch jeden Körperteil eines alten Mannes zertrümmert. Kaum ein Finger großes Stück blieb unzerstört. Zwar hat man mit dem kleinkriminellen Gärtner sogleich einen möglichen Täter zur Hand, auf den wird jedoch nur wenig später ein Mordanschlag verübt.
Und dann ergibt sich seltsamerweise eine Spur zu just dem Dorf in Serbien, in dem Danglards Onkel lebte – und seiner Füße nebst Schuhen verlustig ging. Während Danglard nach London fliegt, um mehr über die Schuhe nebst Füßen herauszubekommen, macht sich Adamsberg auf den Weg nach Serbien. Noch seltsamer aber findet er die Tatsache, dass irgendjemand versucht, ihn zu diskreditieren und von dem Fall abzuziehen. Sein ehemaliger Chef warnt ihn eindringlich, diesen unbekannten Gegner ernst zu nehmen und sehr vorsichtig zu sein.

Die Französin Frédérique Audoin-Rouzeau schreibt als Fred Vargas ungewöhnliche Kriminalromane. Sie entziehen sich herkömmlicher Bewertung durch ihren ausgesprochen hohen literarischen Rang, ihre gegen jedwede Konvention angelegten Figuren und die Art und Weise, wie sie Dinge, Orte, Gedanken und Gefühle beschreibt.

Mustergültig ist in dieser Hinsicht „Der verbotene Ort“. Eine alte Vampirlegende aufgreifend, handelt der Roman zwar vordergründig von einem Mord und der Ermittlung. Doch in Wahrheit hinterfragt Vargas die Mentalität verschiedener Volksstämme, ihren Umgang miteinander und - im Vordergrund all ihrer Kriminalromane – wie ihr Kommissar Adamsberg damit umgeht. Dieser seltsame Mensch, der kein Gedächtnis zu haben scheint – als dieses fungiert sein Untergebener Danglard - und nur aus Gefühl und vor allem Intuition besteht, lässt, einem Brennglas gleich, die Ereignisse in einem sehr seltsamen, fast unwirklichen Licht erscheinen. Die Geschehnisse werden kryptisch, in Versatzstücken und selten linear oder stringent einer Assoziationskette gleich vor dem Leser ausgebreitet.

Verstärkt wird dieser Effekt durch die Umsetzung des Stückes in das Format des Hörspiels. Hier werden noch weniger Zusammenhänge beschrieben oder Erläuterungen eingeschoben. Fast wie ein Puzzle, deren Teile nicht sortiert sind, folgt der Hörer lange Zeit dem Geschehen, ohne zu begreifen, worum es geht. Erst sehr spät wird aus dem wirren Spiel ein klareres Konstrukt, aus dem Unbegreiflichen ein echter Krimi mit Täter, Motiv und Plan. Adamsberg, der geniale Kopf, erweist sich einmal mehr als Sieger – wenn auch die psychischen Kosten für ihn hoch sind und der Hörer fast Mitleid mit ihm hat.

„Der verbotene Ort“ ist ein literarischer Leckerbissen, der irritiert, verwirrt und begeistert. Eben typisch Vargas. Dank der exzellenten Sprecherriege – allen voran Peter Fricke als Danglard und Volker Risch als Adamsberg – macht dieser Krimi als Hörbuch fast noch mehr Spaß, ist aber auch eine gehörige Portion schwieriger zu verstehen als in Schriftform. Für Vargas-Fans fast schon ein Muss, sich „Der verbotene Ort“ anzuhören.

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 2 | Erschienen: 13. Oktober 2009 | Laufzeit: 149 Minuten | Originaltitel: Un Lieu Intercain | Preis: 19,99 Euro | Sprache: Deutsch

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