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 15 Days


Cover
Gesamt ++---
Action
Anspruch
Aufmachung
Bedienung
Bildqualität
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Cathryn, Mike und Bernhard sind ein gewieftes Diebestrio, das spektakuläre und äußerst ergiebige Raubzüge unternimmt: Die drei brechen in Kunstmuseen ein, stehlen für ihre Auftraggeber wertvolle Gemälde und tauschen sie gegen täuschend echte Kopien aus, die ein befreundeter Maler für sie anfertigt. Das Geld, das sie für diese Diebstähle erhalten, behalten sie aber nicht für sich, sondern spenden es für wohltätige Zwecke.
Eines Tages erhalten die drei einen Auftrag, der äußerst seltsam erscheint: Sagenhafte fünf Millionen Pfund will ein anonymer Kunstliebhaber für ein wenig wertvolles Porträt von Winston Churchill zahlen.
Während die unkonventionellen Kunstdiebe ihren großen Coup vorbereiten, ist der Polizist Jack Stern auf einer ganz anderen Spur: Ein hochrangiger britischer Politiker wurde tot an seinem Schreibtisch gefunden. Ist er einem Verbrechen zum Opfer gefallen? Im Zuge seiner Ermittlungen kreuzen sich bald die Wege von Jack Stern und Cathryn, Mike und Bernhard … [PIC]

Alternativ angehauchter Kunstraub, kriminelle Machenschaften und clevere Raubzüge – Das neueste Point-and-Click-Adventure vom Team des House of Tales, erschienen bei dtp Entertainment, klingt wie die Handlung eines spannenden Thrillers à la „Verlockende Falle“, „The Score“ oder „Ocean’s Eleven“. Im Verlauf dieser Story spielt man nicht nur mit Cathryn, dem Kopf der raffinierten Kunstraub-Bande, sondern ebenso mit ihren beiden Freunden Mike und Bernhard sowie im Wechsel mit der Gegenseite, nämlich mit Jack Stern, dem unkonventionellen Ermittler.

Zunächst sticht bei "15 Days" die wirklich tolle Grafik ins Auge, vorausgesetzt natürlich, der eigene PC erfüllt die Anforderungen, um die höchstmögliche Einstellung auszuwählen. Die Hintergründe der einzelnen Szenerien wirken sehr lebensecht, ebenso wie die Personen selbst. Dies zeigt sich vor allem in den Dialogszenen, wenn eine Person in Nahaufnahme gezeigt wird. Die Echtheit der Texturen von Haut und Haaren, bei Oberflächen von Holzskulpturen oder Wasserflächen ist verblüffend und lässt manchmal schon fast die Illusion aufkommen, man würde eine kleine Filmszene betrachten.

[PIC] Der Anfang des Spiels ist nach einem tollen, filmreifen Einstiegstrailer, der an echtes Hollywood-Kino erinnert, allerdings ziemlich lahm, denn es gibt bis auf winzige Handgriffe erst mal gar nichts zu tun. So toll die einzelnen Szenen auch gestaltet sind, so wenig Interaktion bieten sie. In manchen Bildern gibt es nur einen oder zwei Gegenstände anzuklicken und zu betrachten, wobei das Betrachten teilweise außer einer sehr, sehr spärlichen Info (zum Beispiel uninspiriert „Die Leinwand“, wenn Cathryn eine Leinwand betrachtet) nichts bringt. Es können auch nur sehr wenige Gegenstände aufgenommen werden, um sie im Inventar zu verstauen. Warum die Entwickler nur so ultrawenige Interaktionsmöglichkeiten in die an und für sich grafisch detailliert gestalteten Schauplätze eingebracht haben, ist ein absolutes Rätsel. Auch bei den Dialogen steht meistens nur eine einzige Option zur Verfügung – warum man die dann überhaupt anklicken muss, statt den Dialog einfach automatisch durchlaufen zu lassen, ist ebenfalls rätselhaft.

[PIC] Zur gefühlten (und tatsächlichen) Langsamkeit des Geschehens trägt bei, dass man die Dialoge nicht vorklicken kann. Dies ist extra in der Anleitung erwähnt – die einzelnen Dialogszenen sollen wie kleine Echtzeit-Filme sein, inklusive synchroner Mundbewegungen, man kann sie also entweder komplett abbrechen oder ganz gucken, aber nicht beschleunigen, indem man einzelne Sätze wegklickt. Da die Dialoge recht lang und manchmal auch etwas umständlich sind, man aber keine wichtigen Infos verpassen möchte, ist das Spielgeschehen gerade am Anfang enttäuschend langatmig und ermüdend, weil man als Spieler gar nicht oder nur minimal handelt (vom Loft ins Auto steigen, sein Zimmer aufsuchen oder einen Anruf tätigen sind keine wirklichen Aktionen), die nur wenige Sekunden dauernden Handlungen aber von ellenlangen Dialogen unterbrochen sind. Die Ankündigung „Über 5 Stunden Sprachausgabe“ wirkt also eher wie eine Drohung, obwohl die Synchronsprecher wirklich sehr gute Arbeit leisten und ihren Text sehr natürlich vortragen; manche Dialogszenen sind richtig witzig, etwa die im Club Electronique in Paris. Aber wenn schon Untertitel angeboten werden, sollte die Möglichkeit zum Wegklicken einzelner Sätze – wie es in Point-and-Click-Adventures üblich ist, egal wie stolz man auf seine Dialoge ist – auf jeden Fall bestehen.

Ein ziemlich nerviges Problem ist, dass Informationen aus Dialogen nicht nachträglich aufgerufen werden können, die Charaktere haben kein Notiz- oder Tagebuch (eigentlich ebenfalls ein Muss), in dem wichtige Hinweise oder Dialoge aufgezeichnet sind. Hier wird man stellenweise richtig bewusst geärgert: Man klickt einen Dialog weg, soll danach etwas recherchieren – tja, nur was? Von Cathryn kommt dann ein spöttisches „Hast du etwa nicht zugehört?“ – nicht gerade die feine Adventure-Art.

[PIC] Klickt man also einen Dialog weg, hat man im schlimmsten Fall keinen einzigen Hinweis darauf, was nun zu tun ist. Die ersten Minuten von "15 Days" lässt man sich das noch gefallen, glaubt an ein Vorgeplänkel, bevor es endlich losgeht mit dem richtigen Spiel! Aber weit gefehlt – es geht im gleichen Tempo immer weiter. Die größte Schwäche des Spiels ist der erschreckende Mangel an Rätseln, sonst Kernstück eines guten Adventures. Es gibt häufig nichts Richtiges zu tun, außer eine winzige Handlung mit einem Klick auszuführen. Auch hier wird dem Spieler praktisch jeder kleinste Handgriff abgenommen: Wenn Cathryn etwa unter Wasser nach einer Möglichkeit sucht, einen vergitterten Durchgang zu öffnen, gibt es überhaupt nichts zu knobeln oder zu rätseln - ein einziger Klick befestigt ein Seil (das man praktischerweise vorher nicht mal einstecken musste, es ist einfach bereits vorhanden) am Gitter, ein zweiter Klick reißt das Gitter raus, Ende der Interaktion, nächste Szene. Wenn eine Schrift irgendwo zu klein ist, sagt Cathryn natürlich „Oh, ist das klein gedruckt“, oder direkt „Wo ist denn die Lupe?“, um dem Spieler auf die Sprünge zu helfen. Das ganze Abenteuer ist eine Aneinanderreihung von automatischen Szenen und endlosen Dialogen.

Rätsel, Kombinationsgabe, Knobeleien – meistens Fehlanzeige. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit: ein Point-and-Click-Adventure fast völlig ohne Rätsel! Verblüffend, aber es existiert. Nur zwischendurch darf man ein wenig Denkarbeit leisten, dann aber nicht in Gestalt von Kombinationsrätseln, sondern von kleinen Zwischenspielen. Hier muss man zum Beispiel mithilfe einer Karte und einem Kompass einen Weg durch die Pariser Katakomben finden oder an einem Nummernschild herumknobeln. Wer bei diesen Minispielen nicht weiter weiß, kann nach Ablauf einer kurzen Zeitspanne das Rätsel auflösen lassen.

[PIC] Innovativ und auch optisch schick ist immerhin das Spielmenü, das so genannte Function Hub, das sich in der linken unteren Ecke befindet. Hier sind das Inventar, eine Karte der Stadt mit dem momentanen Aufenthaltsort sowie das Spielmenü mit Speicher- und Ladefunktion clever integriert. Die Steuerung erfolgt ansonsten wie gewohnt rein über die Maus; der Cursor verwandelt sich je nach Interaktionsmöglichkeit. Mit der Leertaste können sämtliche Hotspots in einer Szenerie sichtbar gemacht werden (von denen es, wie erwähnt, enttäuschend wenige gibt). Eine weitere gute Idee ist die Online-Datenbank Ryzoom, die man im Spiel über den PC aufrufen und durchsuchen kann, um Hintergrundinfos zu recherchieren; an einigen Stellen ist das auch zwingend notwendig. Allerdings gilt auch hier teilweise: Wer den Dialogen nicht brav zuhört, der wird bestraft und weiß nicht, was er denn nun mit Hilfe von Ryzoom suchen soll.

Fazit: Eine wirklich sehr merkwürdige Erfahrung - ein Adventure-Game fast völlig ohne Rätsel, ohne Eigeninitiative; man fühlt sich auf den Arm genommen. Der Spieler wird von einer automatisch ablaufenden Szene zur nächsten geschleust, ja eigentlich gezwungen, praktisch ohne etwas tun zu müssen. Ab und zu kommen ein paar Rätsel zwischendurch, aber immer nur sehr kurz. So gut wie nie müssen mehrere Schritte durchgeführt werden, um eine Aufgabe zu lösen. Das ist umso enttäuschender, weil die Grafik wirklich top ist, die Story spannend, clever, supermodern und vielversprechend, die Stimmung atmosphärisch dicht, die Hintergründe liebevoll und detailliert gestaltet.

Etwas schweren Herzens daher hier eine magere, aber leider verdiente 2-Sterne-Wertung: 15 Days verschenkt Tonnen an Potential. Eigentlich kein Spiel im eigentlichen Sinne, sondern eher ein langatmiger Film in Überlänge, der den Spieler sehr schnell frustriert zurücklässt, weil das Spiel ihn einfach nicht spielen lässt, sondern ihn starr von Szene von Szene zwingt. Die Entwickler werben mit "modern und rasant" - modern ja, rasant: auf keinen Fall.

Christina Liebeck



DVD | Erschienen: 20. November 2009 | FSK: 12 | PC | Preis: 33,95 Euro | Sprache: Deutsch | Systemanforderungen: mindestens:

Windows XP/Vista/7
CPU: Single-Core 1,6
RAM: 512 MB
Grafik: GeForce 6800 oder Radeon X700
DVD-Laufwerk | Untertitel verfügbar in: Deutsch

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