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 Cinema Finest Collection: Im Alleingang


Cover
Gesamt +++--
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Der Dritte Weltkrieg – kein anderes Schreckgespenst hat die Welt während des Kalten Kriegs so sehr in Atem gehalten und auch dem Film seinen Fingerabdruck aufgedrückt: "James Bond", "Dr. Strangelove", "A Boy and His Dog", "The Day After" – die Liste ließe sich beliebig lang fortsetzen. Doch das Phantom eines nuklearen Holocausts war kein Privileg des westlichen Unterhaltungskinos, auch der sowjetische Film hat sich dieses Damoklesschwertes angenommen. Mit dem Actionkracher "Im Alleingang" hat MIG nun ein kurioses Stück russischer Filmgeschichte ausgegraben.

Nach jahrelangen arktischen Temperaturen zwischen den USA und der Sowjetunion scheint nun ein Tauwetter im Kalten Krieg einzusetzen, eine Annäherung zwischen den beiden Atommächten bahnt sich an. Doch die amerikanischen Geheimdienste betrachten diese Entwicklung zutiefst skeptisch, denn im Falle einer politischen Entspannung drohen der amerikanischen Rüstungsindustrie durch das Wegfallen alter Feindbilder milliardenschwere Verluste. US-Geheimdienstboss Frank Crowder (Janis Melderis) greift daraufhin zu einem wahnwitzigen wie zynischen Plan: Eine Gruppe Soldaten unter der Führung von Major Hessalt (Arnis Licitis) soll von einer geheimen US-Raketenbasis im Pazifik aus ein Passagierschiff versenken und den Angriff wie einen sowjetischen Militärakt aussehen lassen. Doch der traumatisierte Vietnamveteran Hessalt fühlt sich von seinem Auftraggeber hintergangen und droht, einen nuklearen Sprengkopf auf russische Flottenverbände im Pazifik abzufeuern. Die Sowjets bekommen Wind von der Sache und schicken ihre besten Männer ins Krisengebiet. Major Shatokhin (Mikhail Nozhkin) und seiner Einheit bleibt nur wenig Zeit, um die Katastrophe zu verhindern …

Ein Soldat mit Barett und Bazooka, über seinem Kopf in großen knalligen Lettern der Titel: "Im Alleingang"; reißerische Werbezeilen wie "Ein Mann verhindert den 3. Weltkrieg" und "Moskaus Rache für Rambo", wie der Spiegel den Film 1986 nannte, runden das Frontcover der deutschen DVD-Erstveröffentlichung ab. Doch mit Sylvester Stallones muskelprotzigem Alter Ego hat der Mann auf dem Cover wenig gemeinsam. Titel und Cover gaukeln dem potentiellen Käufer ein Ein-Mann-Armee-Himmelfahrtskommando-Spektakel vor, doch von einem brachialen, wortkargen, unerbittlichen Einzelkämpfer fehlt jede Spur. Stattdessen präsentiert Regisseur Mikhail Tumanishvili mit "Im Alleingang" von 1985 vielmehr einen Militär-Actionthriller aus ehemalig sowjetischer Schmiede, der sich bemerkenswert offen und ehrlich am großen Bruder Hollywood orientiert. So ist der Einfluss der frühen Bond-Streifen mit Sean Connery unübersehbar, besonders in der zweiten Hälfte des Films sticht das Vorbild mit der Lizenz zum Töten hervor: Major Shatokhin und sein Rudel kampferprobter Teufelskerle dringen ins Hightech-Versteck des Gegenspielers ein, kennen das Labyrinth der Geheimbasis – natürlich – wie ihre Westentasche, können es – was denn sonst – mit zwanzig Schurken auf einmal aufnehmen und liefern sich einen energiegeladenen Showdown mit einem größenwahnsinnigen Bösewicht, der den Dritten Weltkrieg vom Zaun brechen will. Auch sonst werden die starren Gesetze des 007-Kinos heruntergebetet, an Action, Bleiregen und Explosionen mangelt es "Im Alleingang" nicht gerade.

Von einem lupenreinen 007-Epigonen kann man aber keinesfalls sprechen, denn dafür unterscheidet sich der Genosse Major in wesentlichen Punkten vom Agenten Ihrer Majestät. So ist es in Tumanishvilis Actionkracher nicht ein einziger Mann, der die Welt vor dem nuklearen Abgrund bewahrt, sondern eine Gruppe aufeinander eingespielter Kämpfer, die sich im dichtesten Kugelhagel Rückendeckung geben und keinen Kameraden zurücklassen. Hier greift aber auch gleichzeitig der größte Kritikpunkt: Anders als James Bond, Rambo und all die anderen Heroen des westlichen Actionkinos besitzt Darsteller Mikhail Nozhkin kein markantes, hervorstechendes Merkmal, die Figur des Major Shatokhin wirkt flach und austauschbar und nicht erinnerungswürdiger als seine Kampfgefährten. Da überhaupt der Bösewicht Hessalt einen gewichtigen Part innehat und die Russen erst mit fortschreitender Handlung in Erscheinung treten, ist es schon fast fraglich, im Falle von Nozhkin von einer Hauptrolle zu sprechen …

Die Figur des psychisch labilen Vietnamveterans Hessalt ist ohne Zweifel die interessanteste und menschlichste im Film, da über diese die Vorgehensweise der Amerikaner im Vietnamkrieg kritisiert wird: Hessalt wird immer wieder von schrecklichen Erinnerungen an Verbrechen gegen Zivilisten heimgesucht, die er im Auftrag des Geheimdienstes begangen hat. Ferner zwängt der Film die USA nicht grundsätzlich in die antagonistische Schublade, sondern differenziert: So sind es die Rüstungs- und Geheimdienstbosse, die aus reiner Profitgier den Untergang der Menschheit riskieren, die US-Regierung hat keine Kenntnis von dem wahnwitzigen Plan. Trotz seines kritischen Blicks konnte es sich Tumanishvili aber wohl doch nicht verkneifen, ein wenig mit Schablonen zu jonglieren: Der US-Soldat definiert sich weniger über seine Uniform als vielmehr über die Dose Coke in der Hand. Und: Spräche der Film die Wirklichkeit an, so hätte sich die Sowjetunion seinerzeit gar nicht vor amerikanischen Sympathisanten erwehren können. So plaudert ein gestrandetes amerikanisches Schatztaucher-Ehepaar mit Shatokhin über die schönen Strände, schäkert und drängt sich dem Major mit der Bitte, an der Seite der Sowjets die Bösewichter zum Teufel zu schicken, regelrecht auf. Ein sanfter propagandistischer Seitenhieb, den man heute mit einem leichten Schmunzeln abtut …

Weitaus weniger energiegeladen als der Film kommt seine deutsche Erstveröffentlichung auf DVD daher, da jede erdenkliche Mühe gescheut wurde, das Quellmaterial zu restaurieren und digital zu überarbeiten: Das Bild strotzt nur so vor Unschärfe, starkem Grieseln, verwaschenen Farben, analogen Defekten und anderen unübersehbaren Altersflecken. Hinzu kommt noch das Format: Durch Letterboxing wurde das Bild auf das 4:3-Format zusammengepresst – mit der Folge, dass schwarze Balken am oberen und unteren Bildschirmrand fixer Bestandteil des Bildes sind. Manche 16:9-Fernseher präsentieren das Bild folglich wie in einer Art schwarzen Rahmen; einige Geräte wiederum können die horizontalen Balken ausblenden und das Bild auf diese Weise vergrößern, dies ist angesichts der Detailarmut und der Unschärfe jedoch nicht von Vorteil, vor allem nicht auf größeren Betrachtungsflächen. Der Ton hat mit einem flachen Klangbild sowie stellenweise mit Dropouts zu kämpfen, Musik und Soundeffekte wirken nicht ausgewogen abgemischt. Die deutsche Synchro fällt entgegen aller Erwartung durchaus gut aus, wartet mit bekannten und erfahrenen Sprechern auf und kann mit einer soliden Dialogverständlichkeit punkten.

Reichhaltiges Bonusmaterial sucht man vergebens, auf dem Silberling ist lediglich der deutsche Trailer sowie eine lieblos zusammengeschusterte Bildergalerie zu finden. Einzig von Interesse ist die gut elf Minuten längere ungeschnittene Fassung des Films, die im englischen sowie im Originalton vorliegt. Ferner liegt der DVD für Sammler ein Wendecover bei, wobei die FSK-logofreie Seite ein älteres, schmuckeres Frontcover ziert.

Fazit: Einfach gestrickte und wenig anspruchsvolle, aber interessante Kuriosität des Eighties-Actionkinos. Für Action-Nostalgiker, Sammler und Cineasten, die stets auf der Suche nach neuem Alten sind.

Michael Höfel



DVD | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4009750239759 | Erschienen: 3. Dezember 2009 | FSK: 16 | Laufzeit: gekürzte Fassung: 79 Minuten; Director's Cut: 90 Minuten | Originaltitel: Odinochnoye plavanye | Preis: 16,99 Euro | Untertitel verfügbar in: - | Verfügbare Sprachen: Gekürzte Fassung: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Russisch (Dolby Digital 2.0)
Director's Cut: Englisch (Dolby Digital 2.0), Russisch (Dolby Digital 2.0)

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