Kann ein psychopathischer Mörder eine Fernsehserie als sympathische Hauptfigur tragen? Ist es möglich, eine Geschichte um einen Massenmörder zu ersinnen, ohne dass sie von Blut trieft? Und gelingt zusätzlich noch das Kunststück diese Serie nicht als puren Voyeurismus der Gewalt darzustellen, sondern ihr Tiefe und Vielfältigkeit einzuimpfen? Der Serie "Dexter - Die zweite Season" scheint all dies zu gelingen, oder nicht?

Zu Beginn scheint Dexter ein wenig Seelenfrieden gefunden zu haben. Nun weiß er endlich, aus welchem Grund er zu einem zwanghaften Serienmörder wurde und wieviel er seinem Pflegevater zu verdanken hat. Seine Stiefschwester Debra hingegen ist ein nervliches Wrack. Sie sollte das letzte Opfer des Kühllaster-Killers werden, der in der ersten Staffel junge Frauen ermordet und blutleer an [PIC]öffentlichen Orten deponiert hat. Mit ihm ging sie sogar eine Liebesbeziehung ein, ohne zu ahnen, was hinter seiner harmlosen Maske steckt. Aber auch die Maske ihres netten und allzeit hilfsbereiten Bruders wackelt ein wenig. Es hatte sich schon abgezeichnet, dass Dexters Freundin Rita, einen Verdacht gegen ihn hegt. Ihr drogensüchtiger Ex-Mann ist dank Dexters Mithilfe, einer Bratpfanne und einer Drogenspritze wegen Verletzung seiner Bewährungsauflagen wieder im Gefängnis gelandet. Rita befürchtet, dass Dexter ebenfalls drogensüchtig ist und rät ihm zu einer Therapie.

Zuerst aus gutem Willem besucht Dexter sogar eine Selbsthilfegruppe, was nicht ganz einfach ist, da er die ganze Zeit von Sergeant Doakes beschattet wird. Auf einem dieser Treffen begegnet der Blutspurenanalyst der attraktiven und geheimnisvollen Lila. Langsam beginnt Dexter Morgan sich wirklich zu öffnen und von seinen dunklen Zwängen zu erzählen, so dass er Lila als Betreuerin erhält. Auch wenn sie nicht wirklich weiß, wie sein Zwang genau aussieht, gelingt es ihr sehr gut, ihm in die Seele zu sehen. Deswegen lässt sich Dexter hinreißen und beginnt mit ihr eine Affäre. Vielleicht liegt dies aber auch daran, dass er sehr aufgewühlt ist. Eifrigen Tauchern ist es gelungen, einige Säcke mit Toten, die er im Meer abgeladen hat, zu finden. Um diesen Serienkillers zu stellen, schickt das FBI Special Agent Lundy, der entschlossen ist, den Mörder zu fassen, aber nicht weiß, dass sich dieser mitten in seinem Team befindet.

[PIC]Mit "Dexter - Die zweite Season" wird zunächst die erste Staffel komplett abgeschlossen, da Dexter hier erst mit dem Kühllaster-Killer abschließt. Doch danach entwickeln sich die Geschehnisse rasant. Seine versteckten Leichen tauchen auf und das FBI ermittelt in seinem Revier. Gleichzeitig steht seine Beziehung mit Rita, die er liebt, auf der Kippe, da er sich Lilas Anziehungskraft nicht entziehen kann. Viele einzelne Geschichten also, die sich zu einem großen Komplex zusammenballen und den Hauptdarsteller an seine Grenzen bringen. Der Fokus liegt dieses Mal aber ebenso auf Sergeant Doakes und Angel Batista, die beide bald einen Teil von Dexters Sorgen darstellen. Und auch wenn Morgan als Killer gejagt wird, gibt es in dieser Staffel viele Tote, die es nach seinem Codex "verdient" haben, dass man sie ermordet, wie der kaltblütige Killer Little Chino und, ein besonders interessantes Opfer, der Mörder von Dexters leiblicher Mutter.

[PIC]Michael C. Hall spielt den zwanghaften Mörder, der nach einem strikten Codex handelt und stets bemüht ist, den Schein zu wahren, mit Perfektion. Der Zuschauer fühlt deswegen keinen Widerspruch in Dexters Sorgen um seine Liebesbeziehung zu Rita, für deren Kinder er ein wunderbarer Spielkamerad ist, und seiner blutrünstigen Obsession, derentwegen er mörderische Rituale befolgt. Aber auch die anderen Charaktere wie Angel Batista, der seine esoterische Seite entdeckt oder der perversen Forensiker Vince Masuka, überzeugen den Zuschauer. Brillant gewählt ist auch die Kulisse des immer sonnigen, immer fröhlichen Miami, das einen guten Kontrast zur Handlung bietet. Da der Zuschauer alle Handlungen aus Dexters Perspektive erlebt, fühlt man sich manche Male genau wie er - vollkommen emotionslos und losgelöst, da man sich so sehr auf das Geschehen einlässt.

Hier wird nichts schön geredet, hier gibt es keinen Helden, sondern lediglich einen Massenmörder, der versucht, so zu sein wie du und ich. Eine herrlich skurrile und unterhaltsame Serie, deren schwarzer Humor tiefgründig und nachhaltig ist, und die so realistisch und glaubhaft wirkt, wie wenige Serien.