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 Twilight Classics, Folge 6: Spoiler

Verdammt im Eis


Cover
Gesamt +----
Action
Anspruch
Brutalität
Extras
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Einmal mehr hat Epix für seine Reihe "Twilight Classics" den Gefrierschrank vergessener SF-Streifen abgetaut und mit "Spoiler – Verdammt im Eis" einen unbekannten Dystopietitel von 1998 ans Tageslicht geholt. Doch bereits nach zehn Minuten verwünscht man das Machwerk in eine tiefe, finstere Gletscherspalte. Denn: Nach einem guten Start mit unterhaltsamen Titeln wie "Waxwork" und "Sundown – Rückzug der Vampire" hat die "Twilight Classics"-Reihe mit "Spoiler" ihren absoluten Nullpunkt erreicht.

[PIC]Irgendwann in der Zukunft: Der Überwachungsstaat ist Wirklichkeit geworden, die Bürger sind der Willkür des brutalen Polizeiapparates und den Launen der Richter hilflos ausgeliefert. Das muss auch Roger Mason (Gary Daniels) am eigenen Leib erfahren, als er zu Unrecht eines Verbrechens beschuldigt und buchstäblich auf Eis gelegt wird: Er wird für die Dauer seiner Haftstrafe in Kryostase versetzt. Während die Jahre spurlos an ihm vorbeigehen, dreht sich die Welt außerhalb der Gefängnismauern unvermindert weiter. Nachdem Mason aus dem Kälteschlaf zurückgeholt wird, treiben ihn das Wissen um seine Unschuld und die Sehnsucht nach seiner Tochter zur Flucht an, doch dem engmaschigen System aus Gesetzeshütern, Kopfgeldjägern und Denunzianten kann er nicht entkommen. Er wird erneut eingefangen, seine Strafe verlängert. Mit jedem gescheiterten Fluchtversuch und jedem Kälteschlaf wächst Masons Widerstand gegen das System, aber auch die Angst, seine mittlerweile stark gealterte Tochter nie wieder in die Arme schließen zu können. Durch seinen ungebrochenen Willen droht Mason sie zu überleben …

Die Grundidee hat zweifellos etwas für sich: In einem Überwachungsstaat wird ein unschuldiger Mann im Schnellverfahren abgeurteilt und seine Existenz als liebender Ehemann und Vater jäh zerschlagen. Als er aus seinem ersten Kälteschlaf zurückgeholt wird, teilt ihm ein zynischer Gefängnisarzt mit, dass seine Eltern zwischenzeitlich gestorben sind und seine Tochter bereits erwachsen ist; der Staat beraubt ihn seines Lebens. Die Idee mag vielversprechend klingen, doch das Ergebnis ist eine einzige Katastrophe, für die man Cast und Crew am liebsten auf Nimmerwiedersehen in einem Kühlschrank wegsperren möchte.

[PIC]"Spoiler" gehört zu jenem Schlag von B-Movies, deren mickrige Budgets sich in jeder Szene unangenehm aufdrängen. Dies beginnt schon mit den lächerlichen Effekten, die für anno '98 mehr als zu wünschen übrig lassen: Statt mit Waffen und Gegenständen, die auch futuristisch aussehen, hantieren die Darsteller mit angestaubtem Trödel aus der Requisitenkammer herum, für die Schalttafeln in den Raumschiffcockpits wurden offenbar Schrottplätze und Dachböden geplündert und die an einer Hand abzählbaren Computeranimationen schreien regelrecht "no budget!". Die Zukunft, die "Spoiler" beschreibt, ist in der Tat eine überaus düstere, wenn die eintönigen Sets aus Plastikbauten und kümmerlichen Pappmachékulissen zusammengestoppelt worden sind. Ein bisschen Schmutz hier, ein paar Graffitis dort, alles hübsch in Schatten getaucht, um eine ach so bedrückende 1984-meets-Blade-Runner-Stimmung zu verbreiten, nur unterbrochen von regelmäßig eingestreuten Ventilatoren, die mit ihren Blättern das bleiche Licht zerstückeln und so ein nervtötendes Zwielicht erzeugen, das jeder Amateurfilmer besser hinbekommt.

[PIC]Dies alles wäre nicht so schlimm, mit dem bescheidenen CGI und den kärglichen Sets könnte der Zuschauer noch leben. Doch mehr noch als die drittklassigen Effekte und Kulissen reißt die Karikatur eines Drehbuchs den Film in cineastische Abgründe jenseits des Vorstellbaren: Selten vereinte ein Film soviel Dummheit und Unlogik und Langeweile in 90 Minuten Laufzeit wie "Spoiler". Dies fängt schon mit den unglaublichen Widersprüchen an, die das Skript im Akkord auftut. So heißt es etwa, dass die Verbrecher die Dauer ihrer Haftstrafe in Kryostase verbringen – so weit, so gut –, doch weshalb sie dann nach dem Auftauen in der Zelle anstelle in der Freiheit landen, dieses Mysterium wird wohl niemals gelöst werden. Die Figuren werden zu erschreckend eindimensionalen Puppen beschnitten, die weniger Tiefe besitzen als Casper Van Dien in seinen markantesten Rollen und deren Handlungen nie vollständig nachvollziehbar sind. Beispiel gefällig? Mason hat zu Beginn des Films ein Jahr abzusitzen, danach hätte er seine Familie wiedersehen können; stattdessen flieht er, lässt sich schnappen, verbringt diesmal gut 25 Jahre im staatlichen Gefrierschrank, und hat noch immer nicht seine Lektion gelernt. Die Handlung von "Spoiler" ist eine einzige Kette von Winterschlaf und Fluchtversuchen, schön säuberlich und dumm aneinandergereiht. Keine Frage, die Spannung bleibt hier heillos auf der Strecke.

Die Krönung aber bildet mit Sicherheit das finale Zusammentreffen zwischen Mason und seiner im Sterbebett liegenden Tochter: Kaum erkennt Granny-Tochter ihren Papa, sabbert sie irgendwelchen Kauderwelsch daher wie ein Kleinkind; hätte Mason ihr an dieser Stelle vom Weihnachtsmann erzählt, sie hätte es ihm gewiss abgekauft. Und die Kette an kuriosen Geistesblitzen des Drehbuchautors nimmt keine Ende: Stockdumme Häftlinge, die im Gefängnishof Domino spielen, ordinäre Knastbrüder, die einen Shakespeare lesen wollen, ein weinerlicher Mafiosoneffe, der sich auf seiner Flucht einen Darmwind nicht verkneifen kann – die Liste ließe sich unendlich weiterführen …

[PIC]Der enttäuschende Cast komplettiert den indiskutablen Schrott: Der Film wirbt mit altgedienten Halbstars des 80er-Jahre-Kinos wie Meg Foster ("Masters of the Universe"), Jeffrey Combs ("Re-Animator") und Bryan Genesse ("Cold Harvest"), doch ihre mickrigen Zehn-Sekunden-Rollen sind schwieriger auszumachen als Alfred Hitchcocks legendäre Cameo-Auftritte. Stattdessen stolpern zurecht unbekannte Akteure mit dürftigen schauspielerischen Leistungen von Szene zu Szene, einer auswechselbarer als der andere. Gary Daniels setzt aber dem Ganzen noch die Krone auf, er liefert in "Spoiler" die wohl schlechteste Darstellung seiner Karriere – nach "Pocket Ninjas" – ab. Natürlich war Daniels nie ein Kind darstellerischer Hochglanzqualitäten gewesen, wie er oft genug in B-Action-Movies wie "Retrograde" oder "Epicenter" unter Beweis gestellt hat, doch konnte er als professioneller Kickboxer stets mit kurzweiligen Actioneinlagen und gelungenen Kampfchoreografien punkten. "Spoiler" entbehrt jedoch jede Form von gediegener Action; bis auf eine Handvoll Schießereien und der einen oder anderen kurzen Keilerei hat der Streifen nichts zu bieten, so dass Daniels' schauspielerische Defizite unverblümt und brachial an den Tag treten. Gerade die kleine Fangemeinde, die sich über Jahre hinweg um Daniels und seine B-Actionkracher gebildet hat, wird "Spoiler" jäh verwünschen.

Die Kaufversion der DVD beinhaltet den deutschen sowie den Originalton jeweils in Stereo, Untertitel sind keine vorhanden. Die Bonusinhalte fallen ausgesprochen mager aus, mehr als der Originaltrailer sowie eine bescheidene Trailershow hat die Silberscheibe nicht zu bieten. Der Kaufversion der DVD liegt ferner ein Wendecover bei.

Fazit:
Unlogisch und langweilig, ermüdend und einfallslos: Mit "Spoiler – Verdammt im Eis" wurde nicht einfach nur ein schlecht inszenierter Dystopiestreifen abgeliefert, sondern überhaupt einer der miesesten und dümmsten SF-Filme der späten Neunziger Jahre geschaffen. Eine hochkonzentrierte Mischung aus handwerklicher Ohnmacht, inszenatorischer Leere und schauspielerischem Unvermögen, an der sich auch so mancher gestandene Trash-Fan die Zähne ausbeißen könnte. Da gibt es weitaus Spannenderes, mit dem sich die Zeit totschlagen lässt. Etwa dem Gefrierschrank beim Abtauen zuschauen …

Bild- und Tonqualität können nicht beurteilt werden, da es sich um eine Presse-DVD handelt, die von der Kaufversion abweichen kann.

Michael Höfel



DVD | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4047879401022 | Erschienen: 12. März 2010 | FSK: 18 | Laufzeit: 94 Minuten | Originaltitel: Spoiler | Preis: 9,99 Euro | Verfügbare Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0)

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