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 O'Boys, Band 1: Das Blut des Mississippi

Serie: O'Boys, Band 1
Autoren: Philippe Thirault
Illustratoren: Steve Cuzor
Übersetzer: Horst Berner
Verlag: Egmont Manga & Anime

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
25.08.1935, Huck Finn ist auf dem Weg zurück in seine Heimat. Er sitzt auf dem Sarg seines Freundes, des Schwarzen Charley Williams, mit dem er jahrelang quer durch Amerika getrampt ist und die vielleicht beste Zeit seines Lebens verbracht hat.
Begonnen hat alles in einer kleinen, dreckigen Waldhütte. Gemeinsam mit seinem Bruder hat Huck unter den Schlägen ihres Vaters, Haudrauf genannt, zu leiden. Doch erst, als sich der miese Gauner an der Tochter eines Freundes vergreift, in die sich Hucks Bruder verliebt hatte, begehren die Jungen auf. Während das Liebespaar in einem alten Kahn auf den Mississippi hinaus rudert, will Huck seinem Vater gegenübertreten und die Sache klären. Doch es kommt anders. Huck sieht seinen Bruder im Fluss versinken und sein Vater verschwindet nach einer blutigen Auseinandersetzung mit dem Vater des Mädchens, spurlos.
Und während Huck noch traumatisiert versucht, seinen Bruder zu vergessen, wird er zu einem reichen, alten Farmerehepaar gebracht und vom Fleck weg zwangsadoptiert. Für den Jungen beginnt eine schwere Zeit. Er, der die Freiheit über alles liebt, wird "erzogen". Das bedeutet, saubere Finger, ordentliche Kleidung, korrektes Benehmen und herrschaftliches Verhalten. Während sein Adoptivvater noch glaubt, ihn bekehren zu können, flieht der Junge jede Nacht aus seinem goldenen Käfig und findet in dem Schwarzen Charley Williams eine verwandte Seele. Sie ziehen durch die Kneipen, trinken, feiern und spielen bis zum Morgengrauen.
Da taucht der tot geglaubte Haudrauf wieder auf und zwingt Huck, seine neuen Eltern zu berauben. Huck beschließt, ein für allemal Schluss zu machen und plant seinen eigenen Tod.

Es ist ein gewagter Versuch von Philippe Thirault und Steve Cuzor. Sie nehmen die berühmte Vorlage von Mark Twain, verändern sie ein bisschen, fügen das ein oder andere Detail hinzu, fabulieren zwischen den Zeilen der Erzählung, wie sich die Dinge entwickelt haben könnten, die Twain nur am Rande erwähnt, bleiben aber erstaunlich nahe an der Geschichte.
Das Ergebnis wirkt denn auch nicht wie eine Hommage, dafür zitieren sie zu viel und verändern zu wenig, sondern eher wie der bildgewordene Roman. Philippe Thirault übernimmt dabei die Rolle des Erzählers, der behutsam die vielen Sätze des Buches in eine knappe Form gießt und sie belebt mit wunderbar griffigen Passagen über die 30er Jahre, die Sklaverei, die Wünsche und Sehnsüchte des weißen Jungen und des schwarzen Arbeiters. Die Erzählung wird sowohl dynamisiert indem sie längere Beschreibungen und Lokalkolorit aus dem Text verbannt, als auch dramatisiert, da kaum eine Seite ohne Action und überraschende Ereignisse vergeht.
Steve Cuzor wiederum gelingt es, die Zeit der Sklaverei wieder auferstehen zu lassen und zugleich die Vorlage vergessen zu machen. Seine Felder glühen in der Hitze, seine Sklaven leiden dumpf in all ihrer Ausweglosigkeit, seine Protagonisten handeln fast wie in einer griechischen Tragödie ihrem vorbestimmten Schicksal gemäß. Allein Huck Finn scheint sich aufzulehnen, sich nicht damit abzufinden, wie die Dinge nun mal sind. Er reißt den Sklaven Charley mit sich und entfesselt einen wahren Strudel dramatischer Ereignisse.

Wunderbar die Nebencharaktere, der Vater von Huck, die Stiefeltern, der Sheriff, das Mädchen und der Bruder. Traumhaft die Sicherheit mit der Cuzor Gestalten lebendig werden lässt, die man zu kennen glaubt, die dem Roman entsprungen zu sein scheinen. Und auch wieder nicht. Weit davon entfernt, die Bilder, die einem beim Lesen des Romans im Kopf suggerieren, wie alles ausgesehen haben muss, gelingt ihm eine eigene, lebendige und vor allem echt wirkende Darstellung der Geschehnisse rund um Huck und Charley.

Bereits im Juli erscheint der zweite Teil der als Trilogie angelegten Comic-Reihe "O'Boys" - und kaum jemand wird nach dem Auftaktband "Das Blut des Mississippi" die Fortsetzung "Zwei fröhliche Katzen auf einem brennenden Zug" verpassen wollen.

Stefan Erlemann



Hardcover | Erschienen: 1. Januar [Value3] | ISBN: 9783770433483 | Originaltitel: O'Boys: Le Sang du Mississippi | Preis: 13,95 Euro | 65 Seiten | Sprache: Deutsch

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