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 Garou

Ein Schaf-Thriller


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
So hatten sich die Schafe Europa nicht vorgestellt. Das Schloss und seine Bewohner sind seltsam, der Schnee furchtbar, der Tierarzt ein Gräuel und die Mutter ihrer Schäferin Rebecca ein Ärgernis. Am liebsten würden sie sofort wieder in ihre irische Heimat reisen, doch das Auto, das sie auf die Wiese in Frankreich gezogen hat, will ihnen nicht helfen. Und die verrückten Ziegen auf der Nachbarwiese sind eben keine Schafe.

Da findet Rebecca ein grausam zugerichtetes Reh im angrenzenden Wald. Und die Menschen aus dem Schloss und der Nachbarschaft beginnen düstere Anspielungen zu machen. Ein Garou, eine Art Werwolf, scheint wieder sein Unwesen zu treiben und Tiere zu töten. Doch erst als die Schafe begreifen, dass sie selbst und Rebecca in tödlicher Gefahr schweben - eine ganze Schafherde scheint vor Jahren Opfer des Garous geworden zu sein -, beginnen sie mit ihren Ermittlungen. Wer ist der Garou? Wer will ihn zur Strecke bringen und geht dabei ebenfalls über Leichen? Was soll der Eichenschrank auf der Weide? Wie sieht das zweite Gesicht von Rebeccas Mutter aus und warum kann sie das Gras wachsen hören, die Schafe aber nicht?

Wer Glennkill, den Erstlings-Roman von Leonie Swann, noch in Erinnerung hat, wird sich auf "Garou" stürzen. Endlich eine weitere Geschichte über die Gedanken und Ermittlungen der Schafe aus Rebeccas Herde. Endlich wieder die kluge Miss Maple, der immer hungrige Mopple the Whale, der mutige Sir Richfield und der clevere Othello und die vielen anderen Schafe, die in einen Schafkrimi von Leonie Swann gehören.

Doch "Garou" ist in mehrfacher Hinsicht eine Überraschung. Weniger die Ermittlung in einem Mordfall steht im Mittelpunkt, sondern eher die Gedanken, die sich Schafe wohl machen, wenn sie uns, die unbehaarten Menschen, bei ihrem seltsamen Tun beobachten. Und auch der Schreibstil, den Leonie Swann verwendet, hat sich geändert. Statt klarer Handlung, stringenter Ermittlung, Action und Temo lässt sie die Schafe eher herumirren, den Leser im Ungewissen, die Charaktere düsterer werden als in "Glennkill". Immer wieder fragt man sich - verstärkt im gekürzten Hörbuch - wohin die Handlung steuert, wo der Sinn der vielen Aktionen der Schafe liegt. Man ist versucht, "Garou" deshalb als weniger gelungen zu betrachten, sehnt man sich doch eher nach einer Agatha-Christie-artigen Handlung. Doch mit dem Fortgang der Geschichte entwickelt "Garou" einen ganz eigenen Reiz. Sehr viel stärker legt Leonie Swann Wert auf die Irritationen, die die menschlichen Handlungen bei den Schafen auslösen, sehr viel stärker verlässt sie sich auf ihre tierischen Charaktere. Vor allem Madouc, eine kleine Ziege, und das Winterlamm treten aus dem Kreis der herrlich verschrobenen Schafe und Ziegen hervor und bilden im Kern das neue Ermittler-Duo in "Garou".

Wer einen Aufguss von "Glennkill" erwartet hat, wird enttäuscht. "Garou" ist etwas ganz anderes. Und doch ist der zweite Schafkrimi besser. Weil er düsterer, witziger, spannender ist als "Glennkill" und weil er so irritierend verschachtelt ist, dass man kaum ahnt, wo die Geschichte hinsteuert.
Als absolut brillant muss man den Vortrag von Andrea Sawatzki bezeichnen. Wie sie die Schafe und Menschen lebendig werden lässt, ihnen Individualität verleiht und trotz der schmerzlichen Kürzungen des Buches den roten Faden beibehält, ist beachtlich.
"Garou" ist überraschend gut - weil so ganz anders als "Glennkill" - und unbedingt empfehlenswert, auch dank Andrea Sawatzki!

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 4 | Erschienen: 6. Juli 2010 | ISBN: 9783837102239 | Laufzeit: 375 Minuten | Preis: 15,99 Euro | Sprache: Deutsch

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