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 Sherlock Holmes


Cover
Gesamt +----
Action
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Extras
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
London, 1940: Während die Metropole an der Themse von deutschen Bombenangriffen erschüttert wird, diktiert der todkranke Dr. John Watson seiner Pflegerin ein unglaubliches Abenteuer des berühmten Sherlock Holmes, das bislang vor der Öffentlichkeit geheim gehalten worden ist: Im Jahr 1882 wird das Empire von beunruhigenden Vorfällen erschüttert. Ein Seeungeheuer versenkt ein britisches Schiff im Ärmelkanal, ein Dinosaurier macht Whitechapel unsicher und rätselhafte Morde lassen Scotland Yard im Dunklen tappen. Holmes' (Ben Syder) Interesse an diesen scheinbar unzusammenhängenden Fällen ist geweckt, und zusammen mit seinem langjährigen Gefährten Watson (Gareth David-Lloyd) will er das Rätsel lösen. Stück für Stück setzen sie das Puzzle zusammen und stoßen auf eine Verschwörung, die England in seinen Grundfesten erschüttern könnte – und die den großen Detektiv mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert …

Kein Wunder, dass sich dieses Abenteuer um Conan Doyles unsterbliche Dioskuren bislang unter Verschluss befand: Seeungeheuer, Dinosaurier, Roboter und als i-Tüpfelchen noch ein feuerspeiender Metalldrache – im Grunde fehlen hier nur noch die Bundeslade, Kornkreise, Nazi-UFOs aus der Arktis und last but not least die allseits beliebten Illuminaten. Ganz klar, eingefleischten Holmesianern stößt allein die Vorstellung eines solchen Trash-Feuerwerks sauer auf, sind doch ähnliche Versuche in der Vergangenheit, den größten Detektiv der Welt in einen Nonsense-Overkill zu verwickeln, kläglich gescheitert. Trash-Freunde aber hätte mit "Sherlock Holmes" ein rasantes und kurzweiliges Zip-Budget-Abenteuer erwarten können – wenn da nicht ein gravierender Schönheitsfehler mit im Spiel wäre: Der Film stammt aus der Schrottschmiede Asylum – und entpuppt sich erwartungsgemäß schon nach zehn Minuten Laufzeit als cineastische Totgeburt in Vollendung.

"Sherlock Holmes" ist einer jener Filme, die es einem nicht leicht machen, mit dem Finger auf die Schwächen zu deuten. Nicht etwa, weil diese auf den ersten Blick nicht greifbar sind, sondern weil der Mensch nicht genügend Finger besitzt, um auch nur die brachialsten Mängel hervorzuheben. "Sherlock Holmes" ist ein Machwerk, cineastischer Müll, Zelluloid gewordene Belanglosigkeit, ein Lobgesang auf puren, unverfälschten Dilettantismus – kurzum: ein typisches Aushängeschild der Plagiatsschmiede Asylum, die sich darauf spezialisiert hat, parallel zu den hoch budgetierten Hollywood-Blockbustern lächerliche Trash-Pendants herunterzudrehen, dank denen man den Reiz von Mülltonnenkandidaten à la "Boa vs. Python" oder "Frankenfish" überhaupt erst schätzen lernt. Wie schon "100 Million BC" oder "The Land That Time Forgot" hat auch Asylums Guy-Ritchie-Trittbrettfahrt mit einem einzigen, simplen Problem zu kämpfen: Cast wie Crew haben ebenso wenig Dunst vom Filmemachen wie der Klempner von Molekularbiologie. Anstatt aber aus der augenfälligen finanziellen Not eine Tugend zu machen und ein augenzwinkerndes und selbstironisches Trash-Abenteuer mit einem Holmes, wie ihn noch niemand erlebt hat, zu schaffen, gebaren talentlose Filmemacher einen peinlichen C-Movie und glauben, ein Meisterwerk geschaffen, dem neuen Jahrtausend seinen Holmes gegeben zu haben.

Peinlich nicht zuletzt, da sich "Sherlock Holmes" bierernst nimmt, ernster als jeder Michael Bay-Film. Nur, dass dem Machwerk eben vergleichbares Holzhammer-CGI, herrlich überzogener Hurra-Patriotismus und vom Handlungsvakuum ablenkende Megan Foxes fehlen, sodass der Zuschauer keine fünf Minuten braucht, um das wahre Ausmaß ultratrashiger Stümperei zu erfassen, das "Sherlock Holmes" ohne Pause zelebriert. Das Drehbuch wirkt wie mit einer Axt heruntergetippt, die Story besteht aus logischen Fallgruben und unkreativen und peinlichen Dialogen, die sogar ein Uwe Boll in seinen Fließbandproduktionen Marke "Alone in the Dark" besser hinbekommen hat. So nimmt etwa Watson ein Telefongespräch mit Holmes entgegen, welches dieser damit beginnt, wie toll und verblüffend doch die Erfindung des Fernsprechers sei. Szene für Szene wird ungelenk und wie auf einer To-Do-Liste abgehakt, uninspiriert werden billig animierte Versatzstücke wie Dinosaurier oder metallene Drachen ins Skript hineingepackt, weil man sie für cool hielt und weil ja jeder Trash-Film so etwas haben sollte. Und die Serie handwerklicher Katastrophen will einfach nicht abreißen: Der Kameramann hat von seinem Job soviel Ahnung wie Homer Simpson von einem Kernreaktor ("Nukular, das Wort heißt nukular."), der Cutter schneidet offenbar nach Gehör und die Filmmusik entpuppt sich als seelenloser Hans Zimmer-Klon der untersten Schublade. Der Cast komplettiert den Bodensatz-Charakter des Streifens: Neben Ben Syder als Holmes glänzt sogar ein Casper Van Dien als Charakterdarsteller, Gareth David-Lloyd ("Torchwood") mimt einen kindischen Watson, über den man nur lachen kann, und auch das restliche Ensemble übt sich fleißig in schauspielerischem Nichtskönnen.

Für Freunde des gepflegten Unterhaltungskinos ist "Sherlock Holmes" ein Grauen, doch auch Holmesianer stürzen sich angesichts dieses Machwerks am liebsten aus dem Fenster. Vom einstigen Kombinationsgenie keine Spur mehr, stattdessen wird die Deduktion, die Holmes und seinen Schöpfer weltberühmt gemacht hat, für unlogische und an den Haaren herbeigezogene Argumente missbraucht. Beispiel gefällig? Watson soll eine Autopsie durchführen, doch da betritt Holmes die Szenerie und erklärt mit Stolz in der Brust, das Opfer sei an einer Quecksilbervergiftung gestorben. Als Watson dafür Beweise verlangt, zaubert der Detektiv ein Indiz nach dem anderen aus dem Ärmel, welche den Toten als Fischverkäufer ausweisen. Schön und gut, bloß: Wo bleiben die Belege für die Quecksilbervergiftung? Ach ja, die braucht er ja gar nicht, er ist ja schließlich Sherlock Holmes!

Die Kaufversion der DVD bietet die deutsche Tonspur in DD 5.1, den englischen Originalton in DD 2.0 an; Untertitel sind keine vorhanden. Die Extras sind keinen zweiten Satz wert, auf der Disc finden sich lediglich vier Trailer, eine Handvoll Outtakes sowie ein belangloses "Behind the Scenes", das zeigt, dass die Darsteller Spaß bei den Dreharbeiten hatten. Nun ja, wenn er schon dem leidgeprüften Zuschauer versagt bleibt, so hatten wenigstens sie ihn …

Fazit:
Darstellerisch eine Katastrophe, handwerklich eine Zumutung, storymäßig die pure Belanglosigkeit und auch sonst eine Tortur der Sinne: In seinem ersten Fall im C-Movie-Milieu schnüffelt Sherlock Holmes unter RTL-Niveau durch das No-Budget-Whitechapel. Kein Wunder, dass er sich fortwährend dem Kokain und Morphium hingibt – bei solchen Machwerken …

Bild- und Tonqualität können nicht beurteilt werden, da es sich um eine Presse-DVD handelt, die von der Kaufversion abweichen kann.

Michael Höfel



DVD | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4260157715622 | Erschienen: 2. Juni 2010 | FSK: 16 | Laufzeit: 90 Minuten | Originaltitel: Sir Arthur Conan Doyle's Sherlock Holmes | Preis: 9,99 Euro | Untertitel verfügbar in: - | Verfügbare Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 2.0)

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