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 Fillory

Die Zauberer

Autoren: Lev Grossman
Übersetzer: Stefanie Schäfer
Verlag: Fischer

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Der siebzehnjährige Quentin Coldwater ist ein Genie, aber ein unglückliches – zwar hat er ein paar Freunde, die wie er hochbegabt sind, doch der Sinn des Daseins will sich dem Teenager nicht erschließen, er ist chronisch unzufrieden, findet alles belanglos, auch seine anstehende Karriere auf der Eliteuniversität Princeton.
Untypisch für sein Alter verbringt Quentin viel Zeit mit Träumereien über Fillory, einem fiktiven Fantasyland aus einer berühmten Kinderbuchreihe, mit der Quentin einst viele glückliche Stunden verbracht hat. All die Frustration und die Zweifel scheinen ein Ende zu finden, als Quentin auf einmal in einer verborgenen Zauberwelt landet: Er hat sich als angehender Magier für das exklusive Brakebills College qualifiziert. Obwohl Brakebills nicht Fillory ist und sich Magie als wesentlich schwieriger als in den Büchern erweist – tatsächlich als unfassbar schwierig und unendlich mühsam! -, glaubt Quentin für kurze Zeit glücklich werden zu können, schließlich werden nun alle seine Träume wahr. Oder etwa doch nicht? Bald verfällt er in die alte Spirale aus Selbstzweifeln und Grübeleien. Eines Tages aber offenbart sich ihm und seinen Freunden, dass es Fillory tatsächlich gibt und dass die Bücher wahr sind. Besessen von der Idee, gute Taten zu vollbringen, Abenteuer zu bestehen und gefeierte Könige in einem Märchen zu werden, wagen die jungen, maßlos von sich überzeugten Zauberer die Reise – die zur Katastrophe gerät.

Wer Fantasybücher kennt und liebt, wird sich bei "Fillory – Die Zauberer" natürlich extrem an Harry Potter und an die Chroniken von Narnia erinnert fühlen. Doch diese sehr deutlichen Parallelen sind gewollt und werden von Autor Lev Grossman immer wieder, teils sehr augenzwinkernd betont; dabei vollbringt er das Kunststück, aus der x-ten Version einer "Junge-kommt-überraschend-an-Zauberer-Schule-und-erlebt-magische-Abenteuer"-Geschichte etwas ganz Erstaunliches zu machen: ein plausibles Buch für (junge) Erwachsene, eine Harry-Potter-Version für alle, die über erwachsene Themen lesen wollen. Ein Traum! Und ganz und gar kein nettes Fantasy-Buch für Kinder, sondern eher ab etwa fünfzehn Jahren zu empfehlen. An Erwachsenen-Themen mangelt es "Fillory" nämlich nicht, hier gibt es Depressionen, Betrug, hetero- und homosexuellen Sex, Drogen - und Alkoholmissbrauch, Tod und Verstümmelung – auf der anderen Seite aber auch ganz herrliche Abenteuer, die sich an einem magischen College und später in der magischen, aber ganz und gar nicht märchenhaft-friedlichen Welt Fillory zutragen. Viele Szenen sind einfach großartig, etwa wenn Grossman beschreibt, wie Quentin und seine Freunde die Gestalt wechseln und (sehr glaubhaft) zu Tieren werden, oder wenn die Identität des "Ungeheuers" enthüllt wird, das eine zentrale Rolle im Buch spielt.
Der Grundton ist düster, was vor allem an der Hauptfigur Quentin liegt, denn der ist ein zutiefst unglücklicher Mensch; es stellt sich im Laufe der Handlung heraus, dass ohnehin nur die unglücklichsten Menschen wirklich fähige Zauberer sein können. Tatsächlich verbringt der Autor viele, viele Seiten damit, Quentins Niedergang zu beschreiben, um ihn am Ende fast gänzlich zu vernichten. Als Leser fragt man sich immer wieder kopfschüttelnd, was dieser unzufriedene Teenager noch will: Als ihm die reale Welt nicht mehr reicht, gelangt er durch eine glückliche Fügung an eine Magier-Akademie; als ihn dies auch nicht mehr zufriedenstellt, wird sein Kindheitstraum von Fillory wahr – und auch das macht Quentin nicht glücklich, ganz im Gegenteil. Der Teil der Handlung, der sich in Fillory zuträgt, setzt erst sehr spät ein; Lev Grossman plant eine Fortsetzung der Reihe, die durch das offene Ende schon angekündigt wird.

Wer "nur" spannende, lustige und kindgerechte Abenteuer in einer zauberhaften Welt à la Narnia oder Hogwarts erwartet (die zweifellos großartig sind!), der dürfte von diesem Roman enttäuscht sein und sich, falls er sich an Themen wie Drogenmissbrauch und Sex stört, sogar betrogen fühlen. Wer sich aber auf eine Art dunkle Seite einlassen und dabei trotzdem eine typische Fantasywelt erschließen will, der wird dieses Buch mit Haut und Haar verschlingen. Es ist stilistisch fantastisch geschrieben, originell und intelligent.

Christina Liebeck

Probe


Hardcover | Erschienen: 8. September 2010 | ISBN: 978-3841421005 | Originaltitel: The Magicians. A Novel. | Preis: 19,95 Euro | 617 Seiten | Sprache: Deutsch

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