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 Von der Erde zum Mond

gelesen von Rufus Beck

Autoren: Jules Verne
Sprecher: Rufus Beck
Verlag: Hörbuch Hamburg

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Ton
Leider ist der amerikanische Sezessionskrieg mit einem übereilten Friedensschluss beendet worden. Dies finden zumindest die vielen tausend Mitglieder des Kanonenclubs zu Baltimore. Sie sehen sich ihrer edelsten Aufgabe, der Entwicklung noch besserer Kanonen, beraubt. Langeweile macht sich bei den Mitgliedern breit und die gewaltigen Versammlungssäle sind gähnend leer.
Da ruft der Vorsitzende des Kanonenclubs Impey Barbicane alle Mitglieder und Freunde zu einer außerordentlichen Sitzung. Der Plan, den er der Versammlung unterbreitet, stößt auf einen Enthusiasmus, der erst Amerika, dann die ganze Welt erfasst. Einzig der persönliche Feind Barbicanes, Kapitän Nicholl, lässt keine Gelegenheit aus, das Unternehmen lächerlich zu machen.
Barbicane will die Fähigkeiten des Clubs, durch den Frieden brach liegend, einsetzen, um eine Kugel auf den Mond zu schießen.
Seinen Berechnungen nach ist dieses fantastisch anmutende Ziel sehr wohl möglich und die Mitglieder und jeder einzelne Amerikaner stimmen ihm begeistert zu.
Nach Auskunft der Astronomen bietet sich knapp 20 Monate in der Zukunft liegend ein idealer Zeitpunkt, das Projektil Richtung Mond zu feuern. Der Mond steht an diesem Tag im Zenit und im Perigäum, also der Erde so nahe wie für achtzehn Jahre nicht mehr.
Die Planungen sehen ein in die Erde zu gießendes Kanonenrohr mit einem Kaliber von 2,7 Metern, bei einer Länge von 276 Metern, vor. Der Standort muss zwischen dem Äquator und dem 28. Breitengrad liegen, also wird Florida als Standort ausgewählt.
Gewaltige Mengen Eisenerz, Schießbaumwolle, Kokskohle, Menschen und Material sind zu beschaffen und nach Florida zu transportieren. Barbicanes Spendenaufruf stößt auf der ganzen Welt auf lebhaftes Echo, bis auf England, dass aus Gründen der Rivalität keinen Cent überweist, und finanzielle Schwierigkeiten sind nicht zu befürchten.
Nach dem Guss des gewaltigen Rohres, für das im Umkreis des Standortes über eintausend Hochöfen errichtet werden müssen und der Wartezeit, die das Rohr zum Abkühlen benötigt, bleiben dem Unternehmen "Columbiade" knapp vier Monate Zeit, das Projektil zu gießen, die Schießbaumwolle einzufüllen und den Abschuss vorzunehmen.
Da erschüttert ein Brief Barbicane, die Mitglieder des Kanonenclubs und schließlich die ganze Welt. Ein Franzose telegrafiert an Barbicane einen noch fantastischeren Plan, als es das Abfeuern einer knapp drei Meter Umfang messenden Granate schon ist: Michel Ardan schlägt vor, die Granate zu bemannen und den Mond persönlich zu betreten. Nach anfänglichem Zögern stimmt Barbicane zu. Nach endlosen Vorbereitungen starrt die ganze Welt auf den Tag des Abschusses: Barbicane, Nicholl und Ardan wollen gemeinsam dieses Wagnis eines bemannten Fluges zum Mond eingehen. Doch kann dieses Unternehmen gelingen?

Auf 282 Minuten und vier CDs gepresst, liefert Rufus Beck eine großartige Leistung ab. Die sehr komplexe Vorlage, strotzend vor Zahlen und astronomischen Fachbegriffen, überquellend von ballistischen Angaben und höchst genau in allen Planungen und Einzelheiten, ist alles andere als einfach zu lesen. Und noch schwerer ist es, dies in Form eines Hörbuches hinreichend spannend zu gestalten.
So verschlingt allein die Idee des Impey Barbicane, die Planung der Kanone, der Kugel und des zu verwendenden Sprengstoffes exakt zwei CDs, also 140 Minuten.
Immer wieder fragt sich der Hörer, ob wirklich jede Einzelheit, jede Spendensumme jedes einzelnen Landes genannt werden muss? Ob wirklich jede Rede Barbicanes, jeder Zwischenruf und noch die kleinste Anmerkung des wissenschaftlich sehr bewanderten Autors Jules Verne, in Wort und Sprache erklingen muss?
Doch Rufus Beck umschifft diese Klippen mit Eleganz. Er verleiht den einzelnen Protagonisten unterscheidbare Dialekte und Stimmen, gibt einen souveränen Erzähler ab und verwandelt noch die trockensten Zahlen in spannende Informationen - allein mit seiner Wandlungsfähigkeit und Präsenz.
So schrammt dieses Hörbuch knapp am Versagen entlang. Doch gelingt es Beck und den verantwortlichen Redakteuren des Verlags, diese lange Phase der Vorbereitung spannend genug zu halten. Und mit dem Auftritt des Franzosen Ardan und den sich überstürzenden Ereignissen in dessen Folge nimmt das Hörbuch dermaßen an Fahrt auf, dass man fast atemlos dem Ende zueilt. Der zweite Teil des Hörbuches glänzt denn auch mit hohem Tempo, Witz und Dramatik und versöhnt mit dem etwas betulichen und ausufernden Anfang.
Am Ende ist der Hörer sehr zufrieden, die Produktion ist mehr als gelungen und vermag die Faszination der Menschen am Werk Jules Vernes, dessen Bücher nach der Bibel und den Werken Lenins und Tolstois zu den am häufigsten übersetzten Werken der Welt gehören, begreifbar zu machen.
Einzig die musikalischen Unterbrechungen sind nicht gelungen und stören eher den Hörgenuss.
Die Hörbuchausgabe ist im festen Plastikgehäuse verlegt, dem ein informativer Papp-Schuber übergeschoben wurde, der Inhalt, Pressestimmen und ein wirklich gelungenes Titelbild trägt.
Wer Jules Verne in gedruckter Form kennt oder ihn kennen lernen will, sollte zugreifen, die Geschichte vermag, bis auf leichte Schwächen in der Anfangsphase, zu fesseln und zu begeistern. Immerhin sollte der Zuhörer nicht vergessen, dass ein realer Mondflug erst einhundert Jahre nach Erscheinen des Buches stattfand.

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 4 | Erschienen: 1. Februar 2005 | ISBN: 3899033035 | Laufzeit: 282 Minuten | Preis: 18,97 Euro

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