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 Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik: Die Kinder der fünften Sonne


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Auch im dritten Band der Reihe "Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik" geht es um die Suche nach der Vergangenheit, um Aufklärung von Weg und Bestimmung der Vampirin Dilara. Gesucht wird ein Manuskript, eine Teilabschrift des Codex Vatikanus, das unter anderem auch Hinweise auf Dilaras Vergangenheit enthalten soll. Auftraggeber ist Antediluvian, den wir als Herrscher der Vampire bereits aus den vorangehenden Bänden kennen. Ausgangspunkt der Handlung ist das Avignon des Jahres 1883.

Das Besondere des Buches liegt unter anderem darin, dass die Vampirin Dilara dem Leser zunehmend vertrauter und ’menschlicher’ wird. Zwar hat sie Lust daran, andere im Gedränge zu verletzen und ’natürlich’ tötet sie nicht gerade mit Widerwillen, ist undankbar, aber sie besiegt den Tötungstrieb bei denen, die ihr nahe stehen.
Sie kann sich auf ihren Diener, den kleinwüchsigen, über vielerlei Wissen verfügenden Mann aus Padua mit Namen Cippico, verlassen und er sich auf sie. Ganz ungewöhnlich für das Verhältnis des Dieners zu seiner Herrin ist, dass er, der Diener, in gewisser Weise Macht über ihre Erinnerungen hat, dass er ihre Traumreisen steuert, dass sie also in einem gewissen Grad von ihm abhängig ist.

Auch bei der Darstellung des Verhältnisses zwischen Dilara und der Rosenkreuzerin Gelophee Roche überwiegt das Menschliche. Da beide das erwähnte Manuskript suchen, dabei aber aufeinander angewiesen sind, muss einiges an Misstrauen überwunden werden, und zwar von beiden Seiten. Letztendlich siegt die gegenseitige Zuneigung und das Eintreten füreinander. Die Vampirkräfte haben keine Chance.

Alle Handlungsträger agieren in einer konkret fassbaren Zeit und an konkret fassbaren Orten: Avignon, Genua, La Specia, Rom - Städte, die die drei Protagonisten auf ihrem Weg aufsuchen, um den Auftrag - die Suche nach dem bestimmten Manuskript - zu erfüllen. Der Autor spricht im Nachwort von Recherchen, um ein Höchstmaß an Lebendigkeit zu erreichen. Er-fahren: Das Fahren, das Reisen in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, der Aufenthalt in den genannten Städten nimmt einen großen Teil der Handlung ein. Zwar wird das Ziel nicht aus den Augen verloren, aber man hat den Eindruck, dass das Verweilen kein Aufhalten ist, dass das Weitermüssen lediglich unterbricht. Es ermöglicht vielmehr eine intensive Erfahrung von Stadtimpressionen, von Bahnhofs- und Reiseimpressionen überhaupt. Da ist vom Schnaufen der Dampflock die Rede, von süßlichen Gerüchen, von rollenden und donnernden Schiebetüren ...

Man sieht sich an ein Gedicht Giosué Carduccis erinnert, Lyriker und Nobelpreisträger 1833-1907: "Auf dem Bahnhof an einem Herbstmorgen". In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass jedes Kapitel mit einem Zitat aus dem Werk Carduccis beginnt.

Wenn von Reisen gesprochen wurde, ist, dann dürfen die Traumreisen oder Mentalreisen, die Trancezustände Dilaras nicht vergessen werden. Besonders hier kann sich der Leser in "geschauten" Stadtlandschaften verlieren, die an phantastische Architekturvisionen G.B. Piranesis’ oder D. Monzus’ erinnern. Auch die Illustrationen Pat Hachfelds, die eigentlich mehr sind als Illustrationen, stehen in dieser Tradition.

Fazit: Das Buch spricht insbesondere die Leserinnen und Leser an, die Sinn und vielleicht auch Geduld für eine differenzierte, ausführliche Darstellungsweise haben, und die die Perlen der bilderreichen, zum Teil rhythmisierten, Sprache Marc Alastors E. - E. aufzunehmen verstehen.

Marlies Eifert



Taschenbuch | Erschienen: 01. Januar 2005 | ISBN: 389840353X | Preis: 9,95 Euro | 331 Seiten

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