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 Allein unter Türken

Mitten drin statt von oben herab


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Sarrazin veröffentlicht sein Buch und entfacht damit eine große Debatte in Deutschland. Egal, ob man es gelesen hat oder nicht, jeder diskutiert mit bei den großen Fragen Integration, Islam und die unerklärliche Angst davor. Da war es eigentlich zu erwarten, dass zum Gegenschlag ausgeholt werden würde. Ein solcher kommt von Werner Felten, der aus Sicht eines Deutschen, der allein unter Türken in Deutschland arbeitete, erklärt, wie das eigentlich so ist mit der Integration und allem darum herum.

Werner Felten bildet in seinem Buch den eigenen 'Lernprozess' ab. Als einziger Deutscher bei einem türkischen Radiosender wurde ihm doch oft die Frage gestellt, wie er denn dazu käme, für Türken zu arbeiten. Ausgehend von dieser Frage leitet Werner Felten den Leser an immer mehr Informationen heran. Er zeigt dafür die Entwicklung der Türken in Deutschland von den Anfängen der Gastarbeiter bis heute und versucht, einige Besonderheiten der türkischen Kultur zu erklären. Dazu gehört auch, darzulegen, dass Türke nicht gleich Türke ist und es viele Bevölkerungsgruppen gibt, die hierzulande alle über einen Kamm geschoren werden. Probleme mit der Bürokratie und der Wahnsinn der Einbürgerung sollen die Schwierigkeiten derjenigen, die sich integrieren wollen, verdeutlichen. Die bestmögliche Vermischung der deutschen und türkischen Kultur ist eines der positiven Themen, in dem der Autor versucht, Gemeinsamkeiten und mögliche Ergänzungen zwischen den Kulturen zu zeigen. Einen Bogen zu seiner beruflichen Vergangenheit beim Radiosender Metropol schlägt Werner Felten, indem er auf das türkische Verhältnis zu Medien eingeht. Auch vor der Angst vor dem Islam an sich, die so manchem Deutschen zu schaffen machen scheint, macht er nicht nicht Halt. So arbeitet der Autor sich durch verschiedene Etappen des deutsch-türkischen Zusammenlebens und erklärt dabei so einiges. Auch die Frage, was die türkischen Bürger hier eigentlich von den Deutschen halten und welche Vorurteile da so im Umlauf sind.

Bei der Lektüre von "Allein unter Türken" bekommt man auch als Leser, der sich für weltoffen und tolerant hält, so manches Mal einen Spiegel vorgehalten. Es gibt doch Denkmuster, die tiefer eingeprägt sind als man glaubt und die gar nicht mehr auffallen. Diese entlarvt Werner Felten anhand seiner eigenen Integration, wenn man es so nennen will. Als einziger Deutscher in einem türkischen Unternehmen wurde für ihn das Bild der Gesellschaft umgedreht, so konnte er viele Einblicke gewinnen und seine eigenen Vorurteile abbauen. Dabei geht es hier zum Glück nicht um 'den Türken' an sich, sondern um verschiedene Typen.
Die Fragen, die Werner Felten stellt, sind treffend und machen nachdenklich, während die Informationen, die er liefert, bei dem einen oder anderen Verständnisproblem helfen können. Die Situationen, auf die er eingeht, sind die, die jedem begegnen oder über die man sich zumindest Gedanken macht, wenn man aufmerksam durch sein Leben läuft oder Zeitung liest. Ein großes Lob gibt es dafür, dass endlich mal ein Autor deutlich macht, dass sogenannte Ehrenmorde nicht allein ein Problem der türkischen oder islamischen Herkunft sind, sondern sie einfach anders genannt werden, wenn sie von Deutschen begangen werden - dann heißt das ganze schlimmstenfalls Familiendrama. So zeigt Werner Felten an vielen Stellen, wie unbemerkt und doch folgenreich das gesamte Alltagsleben von Vorurteilen und Vorverurteilungen durchzogen ist.

Durch den humorvollen Ton, der sich durch das gesamte Buch zieht, wird es nie trocken, sondern bleibt immer sehr lesenswert. Man schmunzelt über die überspitzt formulierten Situationen, bis man bemerkt, dass sie gar nicht so überspitzt dargestellt wurden. Der leichte Ton unterstützt den Leser sehr dabei, bis zum Ende des Buches, zu den Thesen des Autors, was sich noch ändern muss bis zum gelungenen Zusammenleben in Deutschland, weiter zu lesen und sich danach auch selbst Gedanken über sein eigenes Handeln und Denken zu machen.

Doch so gut der Inhalt auch ist, die Form hätte etwas aufmerksamer korrigiert werden müssen: Rechtschreibfehler oder andere kleinere Fehler kommen doch des öfteren vor und stören den Lesefluss. Gar nicht verständlich, warum dieses Buch an manchen Stellen Fehler aufweist, die ein mehr oder weniger aufmerksames Lektorat hätte finden müssen.

Trotz dieser Schönheitsfehler ist "Allein unter Türken" ein gutes Buch, das die Augen öffnet und hilfreiche Argumente im Werben für mehr Integration (auf allen Seiten) gibt.

Anja Thiemé

Probe


Hardcover | Erschienen: 29. November 2010 | ISBN: 9783517086682 | Preis: 16,99 Euro | 240 Seiten | Sprache: Deutsch

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