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 Der Sommer ohne Männer


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Es ist der Alptraum jeder Ehefrau: Mia Fredricksen und ihren Mann Boris verbinden dreißig Jahre Ehe und eine inzwischen erwachsene Tochter. Doch ein amouröser Funkenschlag und die schmeichelnde Gunst einer jungen Französin mit "signifikantem Busen" aus seinem Labor genügen, um den gestandenen Neurowissenschaftler und Familienvater in einen pubertierenden Egoisten zu verwandeln – er will eine "Pause", er will die Französin, koste es, was es wolle. Seine Ehefrau kostet diese Nachricht erst einmal den Verstand. Sie landet für anderthalb Wochen in einer Psychiatrie: "akute vorübergehende psychotische Störung".
Um danach wieder zu sich zu kommen, zieht die in New York lebende Lyrikerin für einige Monate aufs Land, in ihr Heimatdorf in Minnesota. Im Haus einer über den Sommer verreisten Familie durchlebt sie eine emotionale Tour de Force. Neben den einsamen Momenten von vernichtendem Schmerz, nagender Eifersucht, erbitterter Wut und hoffnungsvoller Liebe macht Mia während ihres Aufenthaltes jedoch auch Erfahrungen jenseits des inneren Trennungskarussells. Ihr "Sommer ohne Männer" ist nämlich ein Sommer der Frauen: Da ist die Clique der alten Damen um Mias Mutter, die im örtlichen Altenheim lebt. Da ist Mias Nachbarin Lola, die junge Ehefrau und zweifache Mutter. Und da sind schließlich die sieben Mädchen im Teenageralter, denen Mia in einem Ferienkurs das Ausdrucksmedium der Lyrik näher bringt. Ihr wiederum bringen die Begegnungen mit all diesen Menschen den Blick auf ganz unterschiedliche weibliche Lebensentwürfe, Beziehungsstrategien und Versuche der Identitätsstiftung nahe – Erfahrungen, die sie und eine Harmonie in ihr wachsen lassen, die sie stärker macht, was auch immer das Leben nach diesem Sommer ohne Männer für sie bringen wird.

Siri Hustvedt ist die Frau des berühmten US-amerikanischen Schriftstellers Paul Auster – diesen Umstand zu erwähnen kann sich kaum eine Literaturkritik oder ein Feuilletonbeitrag zu der Schriftstellerin verkneifen. Dabei ist Hustvedt mit inzwischen zehn Romanen, Gedicht- und Essaybänden längst aus dem Schatten ihres Mannes herausgetreten. So unverkrampft und dadurch kraftvoll gelungen wie in "Der Sommer ohne Männer" ist diese Abgrenzung aber doch noch nie. Wo Hustvedt diese bislang häufig durch das Spiel mit Geschlechterrollen versuchte, sei es inhaltlich oder wie in ihren letzten Romanen durch die erzählerische Übernahme einer männlichen Ich-Perspektive, kehrt sie nun zu einem Thema zurück, das mit Fug und Recht der guten alt(modisch)en Gattung des Frauenromans zugerechnet werden kann, und thematisiert genau dieses Dilemma der 'modernen' Frau selbstironisch und sensibel. Das Drama der verlassenen Ehefrau erzählt sie dabei aber mit intellektuellem Witz, der sich jedoch nicht vor dem bei aller scheinbaren Banalität bitterernsten Gefühl distanziert. Ergebnis ist eine spannend, spielerisch, geistreich und einfühlsam erzählte Geschichte, die sich aus dem Nebeneinander von Ich-Erzählung, Tagebucheinträgen, Gedichten und Briefwechseln ergibt.

Fazit: "Der Sommer ohne Männer" ist ein absolut empfehlenswertes Buch, auf dessen typisch Hustvedtsche essayistische Passagen der Leser sich allerdings einzulassen bereit sein muss!

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagsseite.

Silke Hettich



Hardcover | Erschienen: 11. März 2011 | ISBN: 978-3498030100 | Originaltitel: The Summer Without Men | Preis: 19,95 Euro | 304 Seiten | Sprache: Deutsch

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