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 Billy Wilder - Hinter der Maske der Komödie

Der kritische Umgang mit dem kulturellen Selbstverständnis amerikanischer Identität


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Billy Wilders Filme waren schon in ihrer Entstehungszeit Publikumserfolge, und vor allem seine Komödienklassiker wie zum Beispiel "Sunset Boulevard" (1950), "Manche mögen's heiß" (1959), "Das Apartment" (1960), "Eins, zwei, drei" (1961) oder "Das Mädchen Irma La Douce" (1963) haben noch heute nichts von ihrem Drehbuchwitz und inszenatorischem Charme eingebüßt. Das ist Unterhaltungskino par excellence, und – wie vielleicht jedes gutes Unterhaltungskino – doch auch mehr als das: Die Besonderheit dieser Filme liegt darin, wie mit humorvoller Leichtigkeit immer auch ein entlarvender Blick auf gesellschaftsrelevante Themen geworfen wird. Dass dieser Blick auf die US-Gesellschaft der Nachkriegszeit der eines österreichischen Exilanten ist, der zugleich durch die nötige Distanz des Außenstehenden und durch die unverhohlene Liebe zu seiner Wahlheimat geprägt ist, macht die kinematografische Behandlung des ‚American Dream’ noch interessanter.
Diesem Thema hat sich Michaela Naumann in ihrer Dissertationsschrift gewidmet, die nun im Schüren Verlag erschienen ist. Sie liefert damit anhand einer Reihe von ausgewählten Komödien Billy Wilders eine aufschlussreiche Werkanalyse, die sich an der Fragestellung abarbeitet, wie sich der Regisseur durch wiederkehrende Motive und eine spezielle Form der Komik an der Grenze zum Tragischen am Mythos des 'American Way of Life' abarbeitet.

Zunächst steckt die Autorin in einem knapp 80-seitigen Grundlagenkapitel Schlüsselbegriffe wie die des ‚American Dream’ ab, unternimmt Überlegungen zur Einordnung von Wilders Werk in seinen biografischen Kontext und liefert den theoretischen Hintergrund zum Konzept des Komischen im Film, auf dem ihre späteren Filmanalysen aufbauen. Im Hauptteil der Arbeit werden zwölf Filme, unterteilt nach thematischen Schwerpunkten, durchanalysiert. Unter der Überschrift "Europa und die neue Welt – Auf der Suche nach der eigenen Identität" werden "Sabrina" (1954), "Ariane – Liebe am Nachmittag" (1957) und "Avanti!" (1972) behandelt. Das zentrale Thema von "Eine auswärtige Affäre" (1948), "Stalag 17" (1953) und "Eins, zwei, drei" (1961) fasst Nauman mit "Demokratie-Ideal und Sendungsbewusstsein – Botschafter des 'American Way of Life'" zusammen. "Wilders Form der aktiven Kulturkritik – Ein nationaler Angriff auf das amerikanische Wertesystem" sieht sie vor allem in "Das verflixte 7. Jahr" (1955), "Das Apartment" (1960), "Küss mich, Dummkopf" (1964), "Der Glückspilz" (1966), "Extrablatt" (1974) und "Buddy, Buddy" (1981) verwirklicht. Schließlich ist Wilders wohl bekanntestem Film "Manche mögen's heiß" (1959) noch ein gesondertes Kapitel gewidmet, in dem der Film als sein "heimliches 'Utopia'" beschrieben wird. Eine Schlussbetrachtung führt die aus den einzelnen Analysen gewonnenen Erkenntnisse zusammen.

Über Billy Wilder wurde bereits viel geschrieben, doch Michaela Naumanns Buch füllt eine Lücke, wo es bisher insbesondere in Deutschland an systematischer filmanalytischer Auseinandersetzung mit seinen Filmen fehlte. Die Arbeit ist logisch aufgebaut und verliert nie den roten Faden, so dass man nach der Lektüre das Gefühl haben kann, Wilders Werk tatsächlich besser in seinem Zusammenhängen durchdrungen zu haben als vorher. Dabei ist es gut lesbar geschrieben und eignet sich auch zum Verweilen bei einzelnen Kapiteln zu den persönlichen Lieblingsfilmen, wenn man sich nicht gleich einer umfassenden Auseinandersetzung mit Wilders Schaffen widmen will. An den passenden Stellen illustrieren gut ausgewählte Filmstills die Aussagen des Textes, und auch die den Unterkapiteln vorangestellten Zitate aus den Filmen lockern den Gesamteindruck etwas auf, so dass man sich nicht von grauer Wissenschaftsliteratur erschlagen fühlt.

"Billy Wilder – Hinter der Maske der Komödie" ist alles in allem ein gelungenes Beispiel dafür, dass wissenschaftlicher Anspruch und Lesevergnügen sich nicht ausschließen müssen.

Eine Leseprobe gibt es hier auf der Verlags-Website.

Silke Hettich



Softcover | Erschienen: 1. Juli 2011 | ISBN: 978-3894727246 | Preis: 29,90 Euro | 384 Seiten | Sprache: Deutsch

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