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 Ich, Jonas, genannt Pille, und die Sache mit der Liebe


Cover
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Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Der Roman "Ich, Jonas, genannt Pille, und die Sache mit der Liebe" von Brigitte Werner, erschienen im Verlag "Freies Geistesleben", richtet sich an Kinder ab elf Jahren und reiht sich ein in die Riege von Büchern, die ihren Lesern Hilfestellung bei den ersten größeren Problemen im Leben leisten möchten: die erste Liebe, Verlust von geliebten Menschen, Abschiednehmen und Sterben.

So steht der Protagonist, der elfjährige Jonas, der aufgrund seines Körperbaus von seiner Familie Pille genannt wird, vor einer Reihe von Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Seit der Vater die Familie plötzlich verlassen hat, lebt er allein mit seiner Mutter, die Oma ist gestorben, der geliebte, exzentrische Opa soll ins Pflegeheim, und dann ist da auch noch Tante Berta, Opas Schwester, mit der Jonas überhaupt nicht klar kommt. Doch auf wundersame Art wendet sich alles innerhalb eines Monats zum Besseren: Der Opa gewöhnt sich in kurzer Zeit an das Pflegeheim und erweckt zusammen mit Jonas die erstarrten Bewohner zu neuem Leben, der Vater findet zu seiner Familie zurück, Jonas schafft es, das Herz von Tante Berta zu erweichen, und als besonderes Extra findet Jonas auch noch seine erste Liebe.

Man muss dem Roman anerkennen, dass er mehr sein möchte als ein typisches Kinder- und Jugendbuch und seinen Lesern nicht nur eine spannende Geschichte präsentieren, sondern eine Orientierung und Hilfestellung bei den ersten größeren Problemen des Lebens sein will. Bedauerlicherweise ist das Buch jedoch bereits der ersten Aufgabe nicht gewachsen. Die Geschichte beginnt zwar mit einer Reihe von Problemen, diese lösen sich jedoch so leicht und automatisch auf, dass keine Spannung entstehen kann und beim Leser ein unbefriedigendes und schales Gefühl zurückbleibt.

So gelingt es Jonas und seinem Opa bereits nach einem Tag im Altersheim, die Herzen der Bewohner und der Leiterin im Sturm zu erobern und alle aus ihrer Lethargie zu befreien. Dabei gibt es keine Rückschläge, niemand verweigert sich, es gibt weder Widersacher noch unglückliche Umstände. Während all der verrückten Aktionen, die Jonas und sein Opa im Altersheim veranstalten, wartet der Leser darauf, dass irgendwann einmal ein Problem auftaucht, das gelöst werden muss, damit etwas Dramatik und Spannung ins Buch kommt und den Leser oder die Leserin fesseln – aber nichts, alles läuft glatt und alle sind dankbar und glücklich.

Dieser "alle Probleme lösen sich von selbst, wenn man nur nett lächelt"-Ansatz gilt leider für sämtliche Schwierigkeiten, die den Protagonisten erwarten. Die schwierige Tante wird plötzlich nett und zugänglich, der Vater, der die Familie wegen seiner Spielsucht verlassen hat, kommt zurück, nachdem ihm Jonas im Traum erschienen ist und dort mit ihm gesprochen hat und alles ist von heute auf morgen wieder gut. Und als Pille seine erste große Liebe trifft, gibt es auch hier kein schwieriges Herantasten und Umwerben, sondern sie gestehen sich einfach augenblicklich ihre Liebe und alles ist bestens.

Etwas bedenklich stimmen auch die esoterischen Einflüsse, die im Buch immer wieder zu Tage treten. So äußern Jonas und seine Mutter wiederholt "Bestellungen ans Universum" (unter diesem Wortlaut findet sich eine eigene esoterische Literatur), dazu "beamen" sich die Protagonisten in anderer Menschen Träume und immer wieder erscheint der Geist der verstorbenen Großmutter mehreren Menschen zugleich im realen Leben, um Einfluss zu nehmen. Für Esoterik-Anhänger mag dies alles etwas selbstverständliches darstellen, allen anderen kann nur empfohlen werden, zuerst einmal selbst einen Blick in das Buch zu werfen und anschließend zu überlegen, ob das Kind diesen Gedanken und Einflüssen ausgesetzt werden soll.

Die mühelose Beseitigung aller Schwierigkeiten im Leben des Protagonisten ist ein weiterer großer Kritikpunkt und bringt zwei Probleme mit sich. Erstens wird es für Kinder von elf Jahren und darüber hinaus schwierig sein, überhaupt viel mit dem Buch anfangen zu können. Die spannungsarme Handlung, die durch das Fehlen von Herausforderungen, die bestanden werden müssen, entsteht, bietet wenig Lesegenuss und macht es den Lesern nicht einfach, am Buch dran zu bleiben. Dazu kommt, dass Schwierigkeiten bereits in ihrem Entstehungsprozess auf federleichte Weise gelöst werden, was einfach zu deutlich im Widerspruch zu dem realen Leben der Kinder und angehenden Teenager steht, an die sich die Autorin mit ihrem Buch richtet. Zweitens ist es eine sehr fragliche Einstellung, wenn ein Buch, das Kindern Hilfestellung bei der Bewältigung ähnlicher Probleme geben möchte, als Allheilmittel empfiehlt, immer nett zu lächeln, dann lösten sich die Schwierigkeiten schon in Luft auf. Kinder wissen, dass dies nicht der Wirklichkeit und dem eigenen Leben entspricht, werden an dieser Stelle aber allein gelassen, denn wie mit Rückschlägen und schwierigen Situationen umgegangen werden kann, darauf gibt das Buch leider keine Antwort.

Fazit: Insgesamt ein Buch, das seine hochgesteckten Ziele nicht erreicht, und leider noch nicht einmal ein spannendes Leseabenteuer bietet. Aufgrund des allzu simplen Problemlösungsansatzes und der esoterischen Einflüsse, die der Buchbeschreibung an sich nicht zu entnehmen sind, sollte das Buch genau betrachtet und überlegt werden, ob es dem Kind zu lesen gegeben wird oder nicht.

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagsseite.

Laura Wasiluk



Hardcover | Erschienen: 1. August 2011 | ISBN: 978-3772524707 | Preis: 15,90 Euro | 304 Seiten | Sprache: Deutsch

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