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 1Q84, Band 3: 1Q84. Buch 3

Serie: 1Q84, Band 3
Autoren: Haruki Murakami
Übersetzer: Ursula Gräfe
Verlag: DuMont, Köln

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Das dritte Buch von "1Q84" ist der abschließende Teil des bislang längsten Romans des japanischen Autors Haruki Murakami. Nachdem im Doppelband Buch 1 und 2 Aomame den Anführer der Vorreiter ermordet hat, versteckt sie sich nun in einem geheimen Appartement und hofft darauf, Tengo noch einmal zu treffen und ihm ihre Liebe zu offenbaren.
An Tengos Fersen hat sich derweil Ushikawa geheftet, der von den Vorreitern beauftragt wurde, Aomame aufzuspüren. Ushikawa hat es geschafft, die Kindheitsbeziehung zwischen Aomame und Tengo aufzudecken, und hofft nun, von Tengo zu Aomames Versteck geführt zu werden. Doch nachdem auch Ushikawa die zwei Monde von 1Q84 entdeckt hat, begeht er einen Fehler, der Aomame schließlich zu Tengo führt. Gemeinsam versuchen sie aus 1Q84 zu entkommen und einen Weg nach 1984 zu finden.

Wer die ersten beiden Bücher von 1Q84 gelesen hat, für den gebietet es sich von selbst, auch das dritte und voraussichtlich letzte Buch zu lesen. Nachdem Haruki Murakami auf den ersten 1000 Seiten eine ganze fantastische Welt von Rätseln erschaffen hat, wartete der Leser oder die Leserin auf das Erscheinen des abschließenden Werks, um endlich die Auflösung des vielfältigen Plots von 1Q84 zu erleben. Wer allerdings darauf hofft, weitere Einblicke um die Rätsel der Welt von 1Q84 in diesem Buch zu erhalten, wird enttäuscht, da sich dieser Band nur noch um die Beziehung zwischen Aomame und Tengo dreht und ansonsten kaum noch etwas passiert. So kommt am Ende des dritten Buches die Frage auf, warum dieses eigentlich überhaupt noch nötig war und weshalb Murakami den spärlichen und kitschigen Inhalt nicht einfach auf ein erträgliches Niveau gekürzt im Doppelband der ersten beiden Bücher untergebracht hat.

Die verhinderte Liebe zweier Menschen bildet das Leitmotiv in vielen Murakami-Romanen, wie zum Beispiel in "Mister Aufziehvogel" oder "Kafka am Strand". Doch während dort die Liebe eine reale Basis hat und die Sehnsucht der Protagonisten nach der verlorenen Liebe glaubwürdig ist, wird in diesem Buch die ewige uneingeschränkte Liebe zwischen zwei Menschen glorifiziert, die einzig und allein zwei Grundschuljahre miteinander verbracht haben, wobei sie kein Wort miteinander gesprochen haben, deren einzige Interaktion damals ein fünf-sekündiger, heimlicher Händedruck war, und die sich seit 20 Jahren nicht gesehen haben. Das hat leider mit großer Romantik und wahrer Liebe nichts mehr zu tun, sondern ist purer Kitsch, wie er normalerweise in den Taschenbüchern um fünf Euro am Bahnhofskiosk zu finden ist.
Diese Liebesgeschichte trat zwar bereits im vorausgehenden Doppelband auf, dominierte dort aber zumindest nicht übermäßig den genialen Plot, den 1Q84 ansonsten aufweist. Das dritte Buch dagegen wird völlig von dieser unsäglichen Liebesgeschichte dominiert, bis sich die beiden am Ende endlich treffen und die Regenbogenleiter hinaufsteigen dürfen.

Das Ende des dritten Buchs ist leider nur von sofern überraschend, dass es überraschend simpel und klischeehaft ist. Während Murakamis andere Romane den Leser oftmals ziemlich ernüchtert bis verstört zurücklassen und sich dankbarerweise einem typischen Happy End in Hollywood-Kitsch-Manier verweigern, so hat der Autor in diesem Buch dem Drang nach allgemeiner Glückseligkeit leider nicht widerstehen können. Auf geradezu lächerlich einfache Art entlässt er seine beiden Protagonisten aus 1Q84, lässt sie Hand in Hand dieser Welt entsteigen und dann schnurstracks in nächste Hotelbett hüpfen. Auch wenn ein klein wenig Unsicherheit suggeriert wird, ob es sich hier nun wieder um das echte 1984 handelt oder um eine dritte Realität, so ist der Tenor doch "Wir sind vereint, der Rest ist egal".

Warum Murakami sein größtes Werk so plump und klischeehaft enden lässt, kann nur spekuliert werden. Generell erscheint das dritte Buch von 1Q84 aber, als wäre es noch schnell als Anschluss an den ersten Doppelband geschrieben worden, um ein paar offene Handlungsfäden zu schließen. Dies geschieht aber nicht. Außer der Vereinigung und der Flucht aus 1Q84 von Tengo und Aomame gibt es keine weiteren Erklärungen. Im Gegenteil, am Ende des Buches werden sogar noch ein paar neue Türen aufgestoßen, deren Sinn höchstens in der Ermöglichung einer weiteren Fortsetzung in Form von Buch 4 liegen kann.

Dass das ganze Buch wie ein unvollendetes Konzept wirkt, dafür sorgen auch die vielen inneren Wiederholungen und Redundanzen, die den Lesefluss behindern und keine zusätzlichen Informationen liefern. So beschreibt ein Kapitel von Tengo ausführlich, wie er abends gemeinsam mit drei Krankenschwestern erst zum Essen ausgeht und die vier dann anschließend zusammen eine Karaokebar besuchen. Warum muss das nächste Kapitel von Tengo damit beginnen, diese Ereignisse zu rekapitulieren, bevor die Handlung ohne zeitliche Unterbrechung fortschreitet? Hält Murakami seine Leser für sehr vergesslich oder fehlt dem Buch einfach noch der endgültige Schliff, für den keine Zeit mehr war, da der Markt nach der Fortsetzung drängte?

Fazit: Insgesamt stellt dieses Buch den unbefriedigenden Abschluss eines großartigen Romans dar. Wer den ersten Doppelband gelesen hat, ist quasi gezwungenen, das dritte Buch auch noch zu lesen, um Antworten auf die vielen offenen Fragen zu bekommen. Doch statt diesen findet sich nur eine an Kitschigkeit kaum zu überbietende Liebesgeschichte mit einem plumpen, klischeebehafteten Ende, die die Leserinnen und Leser enttäuscht zurücklässt.

Eine Leseprobe gibt es hier auf der Verlagswebsite.

Laura Wasiluk



Hardcover | Erschienen: 6. Oktober 2011 | ISBN: 978-3832195885 | Originaltitel: 1Q84, Book 3 | Preis: 24 Euro | 578 Seiten | Sprache: Deutsch

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