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 Altenwelt

Autoren: Achim Mehnert
Verlag: BLITZ

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Brutalität
Es gibt zurzeit nur wenige Schriftsteller, die mit Hilfe der Science-Fiction Unterhaltung und Kritik an der Gesellschaft verbinden. Da war Philipp K. Dick, Visionär und Erforscher menschlicher Tiefen; Aldous Huxley, dessen "Schöne, neue Welt" so manchem schon jetzt zum Greifen nahe scheint.

Denken ist out, Unterhaltung ist in - keine Frage. In der SF-Literaturszene schießen "Space Operas" aus dem Boden wie Pilze. Manche sind gut geschrieben und unterhalten auf einem hohen Niveau, viele jedoch bleiben leider in Klischees verhaftet.

Jedoch besteht Hoffnung für all jene, deren Verständnis von SF über die zwar unterhaltsamen, aber doch schnell ermüdenden Raumschlachten mit silberglänzenden Schiffen hinausgeht. Achim Mehnert tritt mit seiner Kurzgeschichten-Anthologie "Altenwelt", erschienen im Blitz Verlag, den Beweis an, dass die Verbindung von Unterhaltung und kritischem Ansatz sehr gut funktionieren kann.

Eine Voraussetzung dafür ist, dass der Autor sein Handwerk versteht. Und das ist bei Achim Mehnert der Fall. Sein Schreibstil kombiniert handwerkliches Können mit visionären Ideen zu einer Mischung, die unter die Haut geht. Die Wirkung seiner Geschichten bleibt noch nach der Lektüre bestehen, ein deutliches Merkmal für literarische Qualität.

Die Kurzgeschichten sind durchweg Dystopien, meist angesiedelt in einer nahen Zukunft. Beispielsweise lässt Mehnert in "Altenwelt" die Menschheit ihre Senioren auf einem fremden Planeten aussetzen, um Platz für die Jungen zu schaffen. Doch eines Tages braucht man das Wissen eines der Alten und will ihn zurückbringen - aber die Mission ist nicht so einfach wie gedacht.

In einer anderen Geschichte wird die Frage aufgeworfen, wie real die Realität eigentlich ist. Ein Forscher verschwindet in einem Vergnügungspark, der aus einer großen virtuellen Datenholografie besteht. Als ein anderer Mann hineingeschickt wird, stellt er sich die Frage nach dem Wesen der Realität - mit beängstigenden Folgen.

Die Geschichte "Die Zeitmaschine des Herbert George Wells" setzt dem Erfinder der modernen Science-Fiction ein literarisches Denkmal, während "Träume zu Maschendraht verwoben" auf die Gefahr hinweist, dass die deutsche Vergangenheit nicht vergessen werden kann, ohne den Preis der Zukunft aufs Spiel zu setzen. Die beeindruckendste Geschichte der Sammlung ist zweifelsohne "Der zweite Winter", in welcher Achim Mehnert zwei parallele Handlungsstränge geschickt zu einem Endplot verwebt - klasse!

Achim Mehnert beweist in seinem Buch "Altenwelt" erstaunliche Fähigkeiten als Erzähler moderner Science-Fiction, die sich nicht in Flucht aus der Realität erschöpft, sondern kritische Töne gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen anschneidet. Das ist wohl die beste Art, Unterhaltung und Nachdenkliches zu verbinden - mehr davon!

Cronn



Taschenbuch | Erschienen: 1. Januar 2003 | ISBN: 9783898404013 | Preis: 9,90 Euro | 166 Seiten | Sprache: Deutsch

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