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 Sommer in Ephesos


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Anastasia, die Ich-Erzählerin und Protagonistin des Romans "Sommer in Ephesos", erfährt von ihrer Mutter telefonisch, dass ihr Vater gestorben ist und sie sich um die Beerdigung kümmern soll. Dreizehn Jahre hat sie von ihm nichts mehr gehört – all die Jahre nach dem Sommer, den sie mit ihm, einem renommierten Archäologen, in Ephesos an der dortigen Ausgrabungsstätte verbracht hat.
Während die Handlung auf die Beerdigung zuläuft, lassen häufige und recht umfangreiche Rückblenden lauter Mosaiksteinchen vor dem Leser entstehen. Da ist die offensichtlich egozentrische Mutter, eine ehemalige Tänzerin, die den Vater während dessen langen Abwesenheiten bei seinen Ausgrabungskampagnen immer wieder betrügt; bis es schließlich nach einem Eklat, dessen Hintergründe der Leser erst mit der Zeit begreift, zur Trennung kommt. Natürlich ist da auch der Vater, bewundert, intellektuell, der Anastasia die Faszination der griechischen Antike vermittelt. Und schließlich Hubert, der Vorzeigestudent ihres Vaters und gern gesehener Gast in dessen Haus, von dem kleinen Mädchen angehimmelt. Bis es dazu kommt, dass Anastasias Vater und Hubert sich hoffnungslos zerstreiten.
Erst als Siebzehnjährige sieht Anastasia Hubert wieder, in Ephesos, wo sie die Ferien verbringt und bei den Ausgrabungen hilft. Sie himmelt ihn nicht mehr an wie ein kleines Mädchen einen jungen Mann, sie verliebt sich in ihn. Aber plötzlich tun sich rings um sie Abgründe auf; in ihrer Unschuld versteht sie nicht, was sie anrichtet – und schließlich verliert sie beide, den Vater und Hubert.
Erst bei der Beerdigung fügen sich unvermittelt all die Mosaiksteinchen zu einem stimmigen und schrecklichen Bild zusammen.

Das Erstlingswerk der österreichischen Autorin Elisabeth Schmidauer besticht durch einen geschickten Aufbau, der eine geradezu greifbare Spannung erzeugt. Rasch erkennt der Leser, dass die Protagonistin ein massives Problem mit sich herumträgt, dass sie bindungsunfähig ist, dass in ihrer Vergangenheit eine traumatische Erfahrung verborgen liegen muss. Er geht mit ihr auf Spurensuche, und in dem Moment als beide Handlungsstränge aufeinandertreffen, jener aus der Gegenwart rund um den Tod des Vaters und die Beerdigung sowie jener, der die Rückblenden umfasst, lösen sich alle Rätsel wie von alleine. Tröstlich ist da nun freilich nichts: Wie bereits erwähnt, geht es um menschliche Abgründe.
Elisabeth Schmidauer setzt Sprache und Stil sehr gezielt und geschickt ein; sie versteht es, feinste Nuancen von Gefühlen und Stimmungen darzustellen und zu vermitteln. Dadurch - und ebenso durch den erwähnten Aufbau mittels doppelsträngiger Handlung - kommt sehr viel Spannung auf, manchmal als bewusst kaum wahrnehmbare subtile Oberschwingung, manchmal vorherrschend. Zudem hat der Leser die Orte der jeweiligen Handlung regelrecht vor Augen, die alte Villa, in der die Protagonistin als Kind gelebt hat, ebenso wie das Ephesos, das sie als Siebzehnjährige erlebt.
Ein fesselnder und faszinierender Roman – von dieser Autorin möchte man mehr lesen!

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 6. März 2012 | ISBN: 9783701715862 | Preis: 21,90 Euro | 295 Seiten | Sprache: Deutsch

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