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 Dschungel der Apokalypse


Cover
Gesamt +----
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Vietnam in den ausgehenden sechziger Jahren: In einem Camp der US-Armee treffen neue Rekruten ein, welche die Lücken, die der Vietcong den Amerikanern unermüdlich zufügt, füllen sollen. Bei Patrouillemärschen im Dschungel lernen die Frischlinge schnell die grausame Realität des Krieges kennen, wenn Kameraden aus dem Hinterhalt erschossen werden oder Minenfallen von "Charlie" zum Opfer fallen. Als das Platoon unter Lieutenant Young den Befehl erhält, in einem vietnamesischen Dorf nach Waffen- und Munitionsdepots des Vietcong zu suchen, marschiert die demotivierte Truppe ihrem Ende entgegen ...

Kritik zum Film:

Abgesehen vom Zweiten Weltkrieg wurde kein anderer von den USA mitgetragener militärischer Konflikt so oft im Kino thematisiert und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet wie der Vietnamkrieg. Kommt die Sprache auf den langwierigen und blutigen Stellvertreterkrieg in Indochina, fallen dem versierten Cineasten gewiss sofort die Namen Coppola ("Apocalypse Now"), Kubrick ("Full Metal Jacket"), Stone ("Platoon") und Cimino ("Die durch die Hölle gehen") ein. Aber auch Barry Levison ("Good Morning, Vietnam"), Randall Wallace ("Wir waren Helden"), Werner Herzog ("Rescue Dawn") und sogar Uwe Boll ("1968 Tunnel Rats") sowie viele weitere Regisseure haben sich des großen Traumas der Weltmacht USA angenommen und ihre eigenen Visionen vom ungeheuren Sterben in Vietnam auf die Leinwand gebannt – mit zugegebenermaßen unterschiedlichem qualitativen Ergebnis. Hierzulande kaum bekannt ist "How Sleep the Brave" (1981) des britischen Filmemachers Lindsay Shonteff, der in seiner Heimat allenfalls mit einer Handvoll James-Bond-Imitate aufgefallen ist. Der geringe Bekanntheitsgrad in den heimischen Gefilden mag nicht überraschen, denn "Dschungel der Apokalypse" – so der deutsche Titel – ist keine Reise ins Herz der Finsternis, sondern ein Billigtrip in den Urwald cineastischer Ödnis.

Jedes Filmgenre hat seinen Bodensatz, das ist Gesetz. Auch der Vietnamkriegsfilm bildet da keine Ausnahme, und "Dschungel der Apokalypse" hat tatsächlich durchaus berechtigte Ansprüche, zur qualitativen Antithese zu "Apocalypse Now" oder "Full Metal Jacket" gekürt zu werden. Denn wo die Meisterwerke von Coppola und Konsorten auf eindringliche Weise den Wahnsinn hinter dem großen Sterben in Indochina freilegen oder sich um eine schonungslose Realistik hinsichtlich der Darstellung des Krieges bemühen, wirft Shonteffs Billigstreifen tonnenweise Langeweile-Napalm über die Zuschauer ab. Eine – irgendeine – Form von Spannung sucht man in diesem cineastischen Desaster vergeblich, da das Drehbuch – schlicht, ergreifend und unbeschönigend ausgedrückt – Müll ist. Nicht nur, dass der Film keine ansatzweise nennenswerte Handlung besitzt, er verfährt dabei mit der Logik auch noch ungefähr so drastisch wie der Vietcong mit seinen Gefangenen. Beispiel gefällig? Nach einem Gefecht im Dschungel bleibt ein GI bei einem verletzten Kameraden zurück, während der Rest der Truppe weiter zum Ziel vorrückt. Und was macht der Soldat? Er döst seelenruhig im vietnamesischen Dschungel vor sich hin, als wäre "Charlie" nur ein Schreckgespenst, mit dem man nicht einmal kleinen Kindern Angst einjagen könnte, geschweige denn den echten Kerlen von der U.S. Army, die der roten Gefahr wacker entgegentreten! Und damit ist das gewaltige Logikvakuum noch lange nicht ausgeschöpft: War der erste Marsch zu einem vietnamesischen Dorf ein fünfminütiger Spaziergang durch leichtes Dickicht, so entwickelt sich der zweite plötzlich zu einem stundenlangen Trip, der von einem Hinterhalt zum nächsten und dabei an Orte führt, die vorher kein Thema waren. Und überhaupt: Einen ersichtlichen Grund, weshalb die GIs bei ihrem ersten Ausflug das Dorf aufsuchen, gibt es nicht.

Handlung und Logik sind aber nicht das Einzige, bei dem gehörig eingespart wurde. Die Kulissen sind lachhaft, das US-Militärcamp besteht aus gefühlten zwei Zelten und zehn Mann Besatzung, das Setting des vietnamesischen Dorfes steht dem in nichts nach. Die Schauspieler sind allesamt von der hintersten Reservebank rekrutiert worden und schlendern, wenn sie nicht gerade drehbuchhörig dümmliche Sprüche von sich geben, lässig mit umgehängter Waffe durch europäische Mischwälder, um sich der Reihe nach von "Charlie" mit Kunstblut einsalben zu lassen. Die Handvoll Gore-Momente wie etwa eine Wirbelsäule, die aus dem Rücken eines verwundeten GIs herauslugt, erinnern entfernt an die Amateureffekte eines Jochen-Taubert-Machwerks und runden den kümmerlichen Low-Budget-Look ab. Den Vogel schießt jedoch der Soundtrack ab: Nicht nur, dass stets dasselbe einfallslose Thema wiederholt wird, die verträumt-idyllische Musik passt zu den Scharmützeln und den sterbenden GIs ungefähr so gut wie Rammstein zu "Casablanca".

Keine Frage, "Dschungel der Apokalypse" ist ein echter kriegsfilmischer Blindgänger, ein Billig-Bombardement der Langeweile, eine Kesselschlacht, in der die Geduld des Zuschauers auf brutalste Weise aufgerieben wird. Wer unbedingt ein Faible für Vietnam-Trash zu pflegen hat, der ist mit einschlägigen Werken italienischer Provenienz besser bedient. Ansonsten wird dringend zum Griff auf das Genre-Viergestirn Coppola/Kubrick/Stone/Cimino geraten ...

Kritik zur DVD:

Nicht nur das Alter, auch die Produktionsumstände machen dem Bild gehörig zu schaffen: ein steiler Kontrast, blasse Farben, niedrige Schärfewerte, konstantes Rauschen, ein unruhiger Bildstand sowie zahlreiche analoge Defekte wie Verschmutzungen oder Kratzer im Bildmaterial – die Palette der negativen Eindrücke ist breit gefächert. Sowohl der deutsche wie auch der englische Ton liegen jeweils in Mono vor und lassen altersbedingt jede Dynamik vermissen. Hinzu kommen Rauschen und Knistern, auch klingen beide Tonspuren recht blechern. Der deutsche Ton ist zwar leiser als sein englisches Pendant, bietet im Gegenzug aber die bessere Dialogverständlichkeit; besonders in den Waldszenen drängen beim O-Ton die Umgebungsgeräusche zu stark in den Vordergrund.
Der Bonus-Content ist überschaubar: Neben dem deutschen Trailer hat Savoy Film zusätzlich die Langfassung (ca. 87 min) des Films auf die Silberscheibe gepresst, die die Story durch zusätzliche überflüssige Handlungsszenen noch mehr in die Länge zieht. Außerdem liegt die Langfassung im Gegensatz zur Kinoversion im beschnittenen 1,33-Bildformat vor und unterbietet sogar an mehreren Stellen die ohnehin schon schwache Bildqualität der Kinofassung. Ferner liegt der DVD ein Wendecover bei.

Michael Höfel



DVD | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 807297091090 | Erschienen: 5. April 2012 | FSK: 16 | Laufzeit: 82 Minuten | Originaltitel: How Sleep the Brave | Preis: 9,99 Euro | Untertitel verfügbar in: keine | Verfügbare Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 1.0), Englisch (Dolby Digital 1.0)

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