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 Porträt und Reportage

Der lauschende Blick

Autoren: Jürgen Wassmuth
Illustratoren: Jürgen Wassmuth
Verlag: Mitp-Verlag

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Menschen zu fotografieren ist, so stimmen viele Fotokünstler überein, die spannendste und am meisten fordernde Disziplin ihrer Zunft. So viele Situationen, so viele Haltungen, Gestik, Mimik, so viele grundverschiedene Individuen!
Es erweist sich in der Praxis als schwierig, die unterschiedlichsten Charaktere im Lichtbild einzufangen, zumal viele Menschen vor der Kamera fremdeln, selbst wenn sie ein Porträt gewünscht haben. Noch komplizierter wird die Situation, wenn ein Fotograf eine interessante Person entdeckt hat, diese aber zu erkennen gibt, dass sie nicht fotografiert werden möchte, oder wenn der Kontext, vielleicht eine Beerdigung, Diskretion erfordert. Auch ist die rechtliche Lage nicht immer einfach zu klären.
Der Fotograf Jürgen Wassmuth erläutert in seinem Buch nicht nur, wie spannende Reportagefotos oder Porträts entstehen, sondern auch den zwischenmenschlichen Aspekt, denn Fotografien leben häufig von der Interaktion zwischen Fotograf und Porträtiertem.
Und so schulen die ersten Kapitel im Umgang mit (abzulichtenden) Menschen, es geht um Respekt und Möglichkeiten, auf Menschen zuzugehen und ihre Erlaubnis für ein Foto zu erwirken, sie dann jedoch trotzdem entspannt und natürlich abzubilden. Der rechtliche Aspekt wird ebenfalls angeschnitten.
Es schließen sich Kapitel zu beachtenswerten Regeln der Bildkomposition und Technik an, eines ist dem Licht gewidmet, ein weiteres geht auch auf die Ausrüstung und die elektronische Bildbearbeitung ein. Der letzte Abschnitt befasst sich mit Fotografien des Autors, die eine außergewöhnliche Geschichte erzählen, und zeigt auf, wie solch einmalige Bilder zustande kommen und wie sich der Leser auf entsprechende, unverhoffte Situationen vorbereiten kann und sollte. Am Ende finden sich Literaturempfehlungen und der Index.

Wer eine Schritt-für-Schritt-Anleitung erwartet, dürfte ein wenig enttäuscht von diesem Buch sein, denn es bietet sie nicht, allerdings aus gutem Grund: Gerade die Menschenfotografie lässt sich nicht pauschal abhandeln und in Schemata pressen, wie, tendenziell, zum Beispiel die Architektur- und Landschaftsfotografie oder das Stillleben, bei denen man es meist mit perfekt planbaren Aufnahmen zu tun hat. Daher richtet der Autor sein Augenmerk besonders auf die für das Genre so typische Interaktion zwischen "Motiv" und Fotograf, die durchaus problematisch sein kann. Hierzu erhält der Leser ein ordentliches Rüstzeug, insbesondere eine Einführung in jene Sensibilität, die beim Eindringen in eine persönliche Sphäre stets stattfindet, wobei es sich bei der Menschenfotografie letztlich handelt. Dem Autor liegt es am Herzen, Übergriffen vorzubeugen und gleichzeitig auch den Fotografen auf seine rechtlichen und psychologischen Möglichkeiten hinzuweisen. Es gelingt ihm. Ebenso gelingt es ihm, den Blick des Lesers für die Beobachtung von Menschen zu öffnen, die er porträtieren möchte, ob es sich nun um mehr oder weniger gestellte oder "zufällige" Fotos handelt. Dabei handelt es sich um die wesentliche Intention des Buchs.
Auch die Abschnitte zur Bildkomposition und den technischen Aspekten erweisen sich als durchdacht und nützlich, wenngleich zuweilen eine Strenge durchscheint, die es in der Praxis nicht gibt: Ein spannendes Porträt kann unter Umständen mit allen Regeln brechen – gleichwohl sollte jeder ernsthafte Fotograf sie kennen und verinnerlichen, was anhand des hier besprochenen Buchs sehr gut gelingt.
Manchem Leser mag die elektronische Bildbearbeitung etwas zu kurz kommen. Der Fotograf bevorzugt offensichtlich die analoge Technik, aber zur Bildbearbeitung gibt es genügend eigene Bücher.
Bemerkenswert sind die Beispielfotos – sie belegen die Aussagen der einzelnen Kapitel gut, und gerade jene aus dem letzten Kapitel, das die Geschichten der Fotos erzählt, haben eine großartige Wirkung und regen zum Mut in ungewöhnlichen Situationen an. Alle Fotos sind schwarz-weiß.
Für Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen zu empfehlen; da aber unter anderem dezidiert mit der Blendeneinstellung gearbeitet wird, sollte der Interessierte über eine Kamera verfügen, die eine Zeitautomatik und möglichst weitere Eingriffe zulässt, idealerweise eine Spiegelreflex oder Vergleichbares.

Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.

Regina Károlyi



Softcover | Erschienen: 12. März 2013 | ISBN: 9783826694493 | Preis: 29,95 Euro | 169 Seiten | Sprache: Deutsch

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