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 Das Wesen der Dinge und der Liebe

Ungekürzte Lesung


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Als im Jahr 1760 der junge Henry Whittaker vom Dienstherrn seines Vaters, der Gärtner in Kew Gardens ist, zusammen mit Kapitän Cook zur See geschickt wird, nutzt er seine Erfahrungen aus der Arbeit in diesem riesigen botanischen Garten, um sich unterwegs ein riesiges Wissen im Bereich der Pflanzenkunde anzueignen. Unter anderem entdeckt er die Chinarinde und hat Ideen, wie man sie Gewinn bringend anbauen könnte. Doch seine Arbeit wird in England nicht gewürdigt, und er beschließt, andernorts sein Glück zu versuchen. Mit seiner Frau geht er nach Philadelphia, und seine dortige Pflanzenzucht einschließlich diverser Pflanzungen in Übersee machen ihn rasch zum reichsten Mann der Stadt.
1800 kommt seine Tochter Alma zur Welt. Sie wächst in einem wissenschaftlich und ökonomisch geprägten Umfeld auf und erfährt alle erdenkliche Förderung. Alma entwickelt ein reges Interesse für Botanik. Ihre Welt kommt aus dem Gleichgewicht, als ihre Eltern die Waise Prudence adoptieren. Während Alma hochintelligent, aber kein bisschen schön ist, weist Prudence keine überragenden intellektuellen Fähigkeiten, dafür eine makellose Schönheit auf. Die beiden Schwestern finden keinen Zugang zueinander. Und da sie nicht miteinander reden können, schon gar nicht über die Liebe, kommt es zu einer unerfüllten Liebe seitens Almas und einer unglücklichen Ehe für Prudence – und ebenso zum zerstörten Lebensglück der gemeinsamen Freundin Retta. Auch Almas spätere Ehe mit einem deutlich jüngeren Mann bringt nicht die erhoffte Erfüllung. Alma, die mehrere Leben einschließlich ihres eigenen aufgrund ihrer mangelnden Empathie und ihres Egoismus ruiniert hat, versucht schließlich mit über fünfzig Jahren einen Neuanfang.

Eine interessante Geschichte mit mehreren Dreiecksbeziehungen, sehr vielen Schicksalsschlägen und unglücklicher Liebe bei allen Beteiligten. Hinzu kommt die spannende Epoche, für die sich die Autorin entschieden hat: Trotz der Fesseln durch Religion und gesellschaftliche Konventionen weht der Geist der Aufklärung durch die westliche Welt und ermöglicht auch für Mädchen und Frauen Bildung, sogar auf dem naturwissenschaftlichen Sektor.
Alma spezialisiert sich auf Moose und entwickelt nebst einer Fülle an botanischen Einsichten zu diesen vielseitigen, zierlichen Gewächsen auch eine auf das Moos bezogene Philosophie, unterscheidet zwischen Moos- und Menschenzeit und lernt schließlich, wenn auch spät und nach sehr bitteren Erfahrungen, Facetten der Liebe kennen, die sie zuvor niemals beobachtet hätte.
So weit, so gut. Doch ein Buch besteht nicht nur aus einem Thema. Nicht nur sind sämtliche Charaktere nicht sonderlich sympathisch, und die Freundin der beiden Schwestern, Retta, wirkt völlig überzeichnet und unnatürlich und wie ein unangenehmes Füllsel, das später für die Komplettierung der Dreiecksgeschichten benötigt wird, sondern die Handlung zieht und zieht sich, Banales wird schwer erträglich ausgewalzt, und auch die philosophisch geprägten Passagen wirken aufgebläht, sodass ihre durchaus vorhandene Schönheit untergeht. Es stört nicht weiter, wenn der Hörer einen Anruf erhält, vergisst, die Pausentaste zu drücken und nach einer Viertelstunde oder länger zurückkehrt: verpasst hat man nichts und kann gleich wieder einsteigen. Oh, hätte der Verlag doch kräftig gekürzt, es hätte ein wirklich gutes, empfehlenswertes Hörbuch entstehen können. Stattdessen ergibt sich der Hörer in die ausgedehnten Schilderungen des Alltags von Alma in jedem Lebensalter, deren Elemente sich wiederholen, in ausufernde Beschreibungen von Orten und Personen, Ideen, erotischen Wünschen oder auch einer langen, für die Handlung als solche jedoch völlig unerheblichen Seefahrt. Wollte die Autorin damit zeigen, wie ausgiebig sie recherchiert hat und wie gut sie Almas Epoche kennt? Aber doch bitte nicht so.
Was, wie gesagt, ein spannender und gerade vom Thema her so ungewöhnlicher wie der Allgemeinbildung förderlicher historischer Roman sein könnte, entwickelt sich über weite Strecken zu einer leichten Form der Tortur, es sei denn, der Hörer beschäftigt sich anderweitig und lässt die CD dazu plätschern.

Die trotzdem positive Gesamtwertung ist ein Dank an die ausgezeichnete Sprecherin Suzanne von Borsody, der es gelingt, sich in alle Rollen einzufühlen und den Protagonisten jeweils einen individuellen Charakter zu verleihen. Frau von Borsody liest so exzellent, dass sie viele ereignislose Passagen belebt und etliche Überlängen erträglich macht. Ein "Chapeau" an diese Sprecherin.
Zudem gefallen die aparte Aufmachung der Hülle (Karton mit Einschüben für die CDs, zusammenklappbar) mit dem Moos- und Tropenpflanzenmotiv.

Eine Empfehlung kann also nur mit Einschränkungen abgegeben werden.

Eine Hörprobe findet sich auf der Verlagsseite zum Buch (bezogen auf eine Ausgabe mit "normalen" CDs, nicht mp3).

Regina Károlyi



MP3-CD | CD-Anzahl: 3 | Erschienen: 1. November 2013 | ISBN: 9783862313211 | Laufzeit: ca. 1500 Minuten | Originaltitel: The Signature of All Things | Preis: 29,99 Euro | Sprache: Deutsch

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