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 Ideologie und Verbrechen

Kommunismus und Nationalsozialismus im Vergleich


Cover
Gesamt +----
Anspruch
Preis - Leistungs - Verhältnis
Eine der umstrittensten zeitgeschichtlichen Debatten betrifft die Vergleichbarkeit der kommunistischen Regime in Osteuropa und des Hitler-Regimes. Anhänger der Totalitarismusthese vertreten, dass Kommunismus und Nationalsozialismus im Wesen verwandt miteinander sind. Den Vorwurf, dass sie damit die NS-Zeit und ihre Verbrechen relativieren, weisen sie zurück. Der Sammelband "Ideologie und Verbrechen" von Frank-Lothar Kroll und Barbara Zehnpfennig versammelt ein Dutzend Aufsätze, die aus dieser Perspektive argumentieren.

Das gut 300-seitige Buch ist in drei Abschnitte gegliedert. Im ersten Teil beschäftigen sich die Autoren mit dem ideologischen Denken von Kommunisten und Nationalsozialisten. Im zweiten Abschnitt behandeln vier Aufsätze den Zusammenhang zwischen Ideologie und Verbrechen. Im letzten Teil wird nach historisch-praktischen Zusammenhängen zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus gesucht, beispielsweise nach Kooperationen zwischen der Sowjetunion und dem Dritten Reich.

Der Band endet mit einer Bibliographie.

Frank-Lothar Krolls und Barbara Zehnpfennigs Band "Ideologie und Verbrechen" geht einer Frage nach, deren Antwort die Autoren von vornherein für sich mit Ja beantwortet haben: Sind Nationalsozialismus und Kommunismus im Wesen miteinander verwandt? Die Totalitarismustheorie wird in allen Aufsätzen dieses Bandes unkritisch vorausgesetzt. Kritik an dieser These findet in diesem Buch nicht statt. Daher ist dieser Band weder eine differenzierte Auseinandersetzung mit den von den Autoren bezeichneten totalitären Regimen noch ein fruchtbarer Versuch mittels einer historisch-kritischen komparativen Methode zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.

Zwei Beispiele hierzu: Der letzte Aufsatz des Bandes von Jochen Staadt mit dem Titel "Antifaschismus als Herrschaftsinstrument" beginnt mit einem politischen Pamphlet gegen Gregor Gysi und die PDS. Staadt geht es weniger darum eine Geschichte des Antifaschismus zu erzählen, sondern arbeitet sich politisch an einem Zitat Gysis ab, um danach auf 20 Seiten zu beweisen, dass die DDR im Kern nicht antifaschistischer war als die Bundesrepublik, sie es nur propagandistisch besser inszeniert hat. Auch in der DDR gab es ehemalige Nazis in hohen Funktionen, auch in der DDR gab es jugendliche Rechtsradikale. Staadt schreibt so als müsste dies einmal gesagt werden, um Legenden zu bekämpfen. Doch das ist alles bekannt und scheint daher eher einen politischen als einen wissenschaftlichen Zweck zu verfolgen.

Auch wissenschaftlich wenig erkenntnisreich ist der Aufsatz von Hendrik Hansen "Karl Marx - ein Ideologe?". Hansen legt in diesem Aufsatz Marx' Ideologiebegriff dar, um in der Folge unter anderem an seiner Arbeitswertlehre zu zeigen, dass Marx selbst ein Ideologe sei und damit den Weg in die Verbrechen des Stalinismus geebnet habe. Durchweg bleibt Hansen dabei einseitig. So legt er beispielsweise Marx durchgehend deterministisch aus und zitiert dafür die bekannten Stellen. Dass sein Werk differenzierter und komplexer ist und auch einer sich ständig wandelnden Rezeption unterliegt, blendet er aus. Wenn er am Ende Marx als Ideologen abqualifiziert, der die Grundlage für den Stalinismus legte, fragt sich der Leser unweigerlich, ob Hansen nicht auch zu großen Teilen der stalinistischen Lesart des marxschen Werkes aufsitzt. So oder so überzeugt diese plumpe Ideengeschichte kaum.

So könnte jeder der zwölf Aufsätze in diesem wenig wissenschaftlichen Sammelband durchgegangen werden. In diesem findet keine historisch-kritische Auseinandersetzung mit Quellen statt, sondern die Autoren versuchen um jeden Preis ein Narrativ durchzusetzen demnach Nationalsozialismus gleich Kommunismus ist, Hitler gleich Marx und Vernichtungslager gleich Gulags sind. Ebenso wenig findet eine kritische Analyse der Begriffsverwendung statt. Warum beispielsweise Stalinismus und Kommunismus eine anscheinend synonyme Verwendung bei vielen der Autoren findet, wird nicht erläutert.

Dieser Band, der sich so ideologiekritisch gibt, bietet keine fundierte vergleichende historische Analyse, sondern betreibt eine unkritische und politisch gewollte Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Kommunismus. Spannend und interessant ist daran gar nichts!

Andreas Schmidt



Softcover | Erschienen: 11. Dezember 2013 | ISBN: 978-3770556397 | Preis: 39,90 Euro | 306 Seiten | Sprache: Deutsch

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