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 Der letzte Tanz

Der Untergang der russischen Aristokratie

Autoren: Douglas Smith
Übersetzer: Bernd Rullkötter
Verlag: Fischer

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Der große britische Historiker Orlando Figes bezeichnete den Untergang des Zarenreiches und die nachfolgende Herrschaft der Bolschewiki in Russland einmal als die "Tragödie eines Volkes". War es für die Menschen, für die die Revolution offiziell erfochten wurde, bereits eine "Tragödie", was muss es dann für den Adel gewesen sein, der damit vertrieben wurde? Blickt man in das vorliegende Buch "Der letzte Tanz", dann gibt es wohl nur eine Bezeichnung: eine Katastrophe. Ihres Besitzes beraubt, der Würde enthoben und häufig mit dem Leben bezahlend, so ließe sich die Situation der russischen Aristokratie nach der bolschewistischen Revolution beschreiben. Dabei gehörte sie noch wenige Jahre zuvor zu einer der schillerndsten Gesellschaften.

Mit Verve entfaltet der in Seattle lebende Historiker Douglas Smith anhand von zahlreichen Lebensgeschichten den Untergang der russischen Aristokratie. Er legt dabei ein blendend erzähltes Sachbuch vor, welches vor allem durch seine epische Qualität beeindruckt. Mit seiner erzählerischen Kraft entführt er den Leser in eine Zeit voller Grausamkeiten und verlorener Existenzen. Durch die äußerst gelungene Mischung aus einzelnen persönlichen Schicksalen und inhaltlichen Zusammenhängen schafft Smith dabei ein äußerst fesselndes und zugleich beklemmendes Werk, welches die ganze Tragik des Untergangs der russischen Aristokratie offenbar werden lässt. Als genialer Schachzug erweist sich dabei, dass Smith das Buch durch das Schicksal der beiden Familien Scheremetjew und Golizyn zieht, deren Familiengeschichte quasi als roter Faden dient.

Das Werk lebt insbesondere von den vielen authentischen Stimmen. Diese stammen neben offiziellen Archiven vor allem aus Privatsammlungen, so dass die zahlreichen unveröffentlichten Zitate ein reichhaltiges und eindrucksvolles Stimmenpanorama ergeben. Nicht nur aus diesen Stimmen, sondern auch aus manchem rekonstruiertem Lebensschicksal lassen sich viele erschreckende Details entnehmen. So stimmt das Buch bei aller Lesefreude immer wieder nachdenklich. Denn Smith gelingt es auf hervorragende Weise zu zeigen, mit welcher Wucht sich die Verhältnisse in Russland zur damaligen Zeit umkehrten, so dass aus der feinen Gesellschaft Geächtete wurden, die ständig mit der drohenden Verschleppung oder Ermordung leben mussten.

Garniert wird das Ganze mit einigen Schwarz-Weiß-Fotografien aus privaten Sammlungen, einem Stammbaum der beiden Aristokratenfamilien Golizyn und Scheremetjew sowie ein detailliertes Register.

FAZIT: Mit diesem erzählgewaltigen Sachbuch steht Douglas Smith seinem Historikerkollegen Orlando Figes in nichts nach. Ein enormer Wurf, mit dem Douglas Smith zu den Großen seines Faches aufsteigt!

Zur Leseprobe auf der Verlagswebsite: Der letzte Tanz

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 1. Januar [Value3] | ISBN: 9783100772039 | Originaltitel: Former People: The Final Days of the Russian Aristocracy | Preis: 24,99 Euro | 528 Seiten | Sprache: Deutsch

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