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 Pfingstopfer


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Schleswig Holstein: Im Garten einer Pfingstgemeinde wird die Leiche einer Prostituierten gefunden. Die Ermordete wurde wie ein Menschenopfer auf einem Altar drapiert, in ihrem Schädel wird ein Zettel mit dem Bibelzitat "Die Wahrheit wird euch frei machen" gefunden. Der Kriminalbeamte Anton Gauland ist mit den Ermittlungsarbeiten beauftragt. Eine Spur führt zu einem bekannten Wissenschaftler aus dem Bereich der Neurobiologie. Dieser hatte Gott für tot erklärt und war somit mit der Freikirche in einen medial ausgetragenen Konflikt geraten.

Die vom Verlag gewählte Bezeichnung als "literarischer Kriminalroman" beschreibt Ulrich Woelks Buch sehr gut. "Pfingstopfer" hat zwar einen Mordfall als Aufhänger, aber das zentrale Thema ist religiöser Fanatismus. Dabei geht es nicht um muslimischen Fanatismus, der momentan die Presse beherrscht, sondern um christlichen. Pfingstgemeinden finden immer mehr Zulauf. Deren Mitglieder sehen die Bibel als widerspruchsfrei und unfehlbar an. Anstelle der Evolutionstheorie wird es lieber gesehen, wenn der Kreationismus gelehrt würde. Häufig werden Homosexualität, außerehelicher Geschlechtsverkehr und Schwangerschaftsabbrüche abgelehnt.

Im Mittelpunkt steht Anton Gauland, der keineswegs religiös ist und von einem befreundeten Geistlichen Nachhilfe benötigt, wenn es um christliche Feiertage und Symbolik geht. Themen, die in diesem Fall eine wichtige Rolle spielen. Privat hat der Kriminalbeamte mit vielen Problemen zu kämpfen. Seine Frau, von der er seit zehn Jahren getrennt lebt, ist nach einem Suizidversuch in psychiatrischer Behandlung. Sein siebzehnjähriger Sohn ist ihm bereits entglitten und droht von der Schule verwiesen zu werden. Würde dies nicht reichen, taucht vor Gaulands Tür auch noch die ehemalige BKA-Beamtin Paula Reinhardt auf. Paula war vor Jahren in den Tod von Gaulands Halbbruder, einem ehemaligen RAF-Mitglied, verwickelt.

Diese erdrückende Menge an Problemen sorgt dafür, dass der Kriminalfall nicht selten in den Hintergrund rückt. Häufiger ist Gauland damit beschäftigt, seine Vergangenheit zu bewältigen und sein jetziges Leben wieder in die Spur zu bekommen. Gerade Paulas Biografie und die daraus resultierenden Konflikte wirken in diesem Kontext oft als zu viel des Guten. RAF und Jugendwerkhöfe der DDR auch noch in einem Kriminalroman über religiöse Fundamentalisten unterzubringen, erschlägt den Leser fast. Da aber Anton Gauland und Paula Reinhardt bereits ihren ersten Auftritt in „Die letzte Vorstellung“ hatten, ist es nicht überraschend, dass diese Punkte erneut aufgegriffen werden.

Der große Gegenspieler der Pfingstgemeinde und dadurch gleichzeitig der Hauptverdächtige ist der Neurobiologe Reiter. Dieser geht direkt in Konfrontation mit einem prominenten Prediger der Freikirche. Autor Woelk nutzt die Gelegenheit für Kritik daran, wie religiöse Hardliner versuchen in der Politik und auch Bildung Einfluss zu nehmen.

Das dann doch wieder genre-typische Finale mit einer direkten, lebensbedrohlichen Konfrontation mit dem Mörder bietet plötzlich viel Dramatik und überraschende Wendungen. Was nicht bedeuten soll, dass die vorherige Handlung spannungsarm wäre, nur beschäftigt sich der Autor mit enorm viel verschiedenen brisanten Themen.

Fazit: "Pfingstopfer" beschäftigt sich mit religiösen Fundamentalismus und führt vor Augen, dass es diesen selbstverständlich auch im christlichen Glauben gibt. Viele Nebenkriegsschauplätze und die persönlichen Probleme des Ermittlers sorgen dafür, dass der Kriminalfall häufig in den Hintergrund tritt.

Eine Leseprobe ist auf der Verlagsseite zu finden.

Annika Schukies



Taschenbuch | Erschienen: 1. März 2015 | ISBN: 9783423260480 | Preis: 14,90 Euro | 384 Seiten | Sprache: Deutsch

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