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 Mr Hyde vs. Frankenstein

Autoren: Dobbs
Illustratoren: Antonio Marinetti
Übersetzer: Swantje Baumgart
Verlag: Splitter Verlag

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ende des 19. Jahrhunderts steht die Welt nicht nur vor der Industrialisierung, sondern auch vor wagemutigen Entdeckungen, sei es in der Medizin oder der Wissenschaft. Kühne Männer wollen die bekannten Grenzen überschreiten und Neues entdecken. Einer von ihnen ist Doktor Henry Jekyll, der davon überzeugt ist, die Persönlichkeit eines Menschen in Gut und Böse teilen und beide Hälften voneinander trennen zu können. Seine Kollegen halten ihn für einen Scharlatan, doch er lässt sich nicht entmutigen. Einen Durchbruch erhofft er sich von einem Experiment, das Jahrzehnte vor seiner Zeit stattfand. Er will die Forschungsergebnisse Viktor Frankensteins verwenden und daraus seinen Nutzen ziehen. Doch Frankensteins Kreatur ist nicht tot und in Jekyll selber lauert schon ein neuer Gegner, Mister Hyde.

Was für eine Zeit! Autor Dobbs kann hier aus dem Vollen schöpfen, wenn er die richtige Stimmung für seine Story heraufbeschwört. Er beschreibt eine Welt, in der die Dampfmaschine eben erst erfunden wurde. Die Kinematographie fasziniert die Menschen in aller Welt. Die Wissenschaft wendet sich ab von Althergebrachten und entdeckt neue Wege. Sigmund Freud entwickelt zu diesem Zeitpunkt seine Theorie zur Psychoanalyse. Dobbs gelingt es, diese Aufbruchstimmung zu spiegeln und seiner Geschichte etwas Verwegenes zu verleihen. Seine Protagonisten reisen auf ihrer Suche nach den begehrten Unterlagen von Frankenstein quer durch Europa und treffen dort nicht nur auf Sigmund Freud und seine Kollegen, sondern auch auf diverse technische Errungenschaften, die ihre Welt verändern werden. Doch so faszinierend diese Möglichkeiten auch sind, es schleicht sich gleich zu Beginn auch ein unbehagliches Gefühl ein. Das Böse, daran lässt Dobbs keinen Zweifel, gehört auch in diese Welt, ob es durch skrupellosen Ehrgeiz entsteht, oder durch Unwissen.

Erstaunlicherweise beginnt die Geschichte in Whitechapel, einem armen und verrufenen Ortsteil Londons. Hier trifft der Leser auf die Krankenschwester Faustine Clerval, die hier nach ihrem Patienten Joseph Merrick sieht, der Welt auch als der Elefantenmensch bekannt. Faustine besitzt Mitgefühl, aber auch die Entschlossenheit das zu tun, was sie für das Richtige hält, das lernt der Leser gleich auf den ersten Seiten. Ein paar Jahre später ist Faustine die Assistentin Dr. Jekylls, eines bis dahin angesehenen Arztes, dessen Ruf jedoch vor kurzer Zeit Schaden genommen hat. Warum, das wird schnell klar, denn Jekyll beginnt, sich zu verändern. Der bis dahin sanftmütige und freundliche Arzt wird nicht nur muskulöser, sondern auch unberechenbarer und er entwickelt einen Hang zur Grausamkeit. Wie es scheint, hat sein Versuch, die Persönlichkeit eines Menschen in Gut und Böse aufzuspalten, einen anderen Verlauf genommen, als gehofft, denn sein Alter Ego, Mister Hyde, schlummert bereits in ihm und bahnt sich immer öfter seinen Weg an die Oberfläche.

Faustine und Jekyll sind sich sehr zugetan, doch sie vertrauen einander nicht. Zu Recht, wie sich herausstellt, denn beide haben ihre eigenen Gründe für die Suche nach Frankensteins Forschungen. Dazu kommt, dass Frankensteins Kreatur von den Nachforschungen nicht begeistert ist und sie verhindern möchte. Wer jedoch ist eigentlich wirklich böse in dieser Geschichte? Dobbs macht es sich nicht einfach, erzählt die Geschichte in Rückblenden und Zeitsprüngen und gibt dem Leser die benötigten Informationen erst nach und nach. So ganz reibungslos klappt das nicht immer, dazu presst er zu viel Handlung in 96 Seiten und lässt ein paar Fragen unbeantwortet, doch bleibt die Geschichte bis zur letzten Seite interessant und kann zum Schluss noch mit ein paar Überraschungen aufwarten.

Zeichner Antonio Marinetti entführt mit seinen Panels den Leser gekonnt in die Zeit Jekyll und Hydes. Farblich so stark reduziert, dass sie zum großen Teil monochrom wirken, überlappen die Bilder einander, erwecken den Eindruck von Enge und schaffen eine herrlich düstere Atmosphäre. Sein London des 19. Jahrhunderts ist voller Schatten und Menschen, eng aneinander gedrängt. Jekylls Labor zeigt den Zustand der inneren Verwahrlosung seines Besitzers an und die Gesichter der Figuren sind hart und verschlossen. Es ist ganz klar sein Verdienst, dass der Comic überzeugen kann, denn wo die Handlung den roten Faden verliert, hält er durch seine Bilder das Interesse wach.

"Mister Hyde vs. Frankenstein" besticht weniger durch eine raffinierte Handlung, als die gelungene Schilderung der damaligen Zeit und qualitativ überzeugende Bilder, bei denen es Spaß macht, in die Geschichte einzutauchen und die Stimmung der damaligen Zeit zu genießen.

Der Splitter-Verlag bietet eine Leseprobe an.

Iris Jockschat



Hardcover | Erschienen: 1. Januar 2016 | ISBN: 9783958392779 | Originaltitel: Mister Hyde contre Frankenstein | Preis: 19,80 Euro | 96 Seiten | Sprache: Deutsch

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