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 DSA-Roman, Band 22: Der Spieler

Serie: DSA-Roman, Band 22
System: Das Schwarze Auge
Autoren: Christian Jentzsch
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Spannung
Halgor, das As, der beste Boltan-Spieler von Gareth, hat eine Reihe von Problemen: Er wird des Mordes an dem jungen Adligen Baldur von Hohenstein beschuldigt, gegen den er in einem dramatischen Kartenspiel sein gesamtes Vermögen verloren hat, wobei aber Betrug durch Magie im Spiel gewesen sein muss. Er wurde bewusstlos bei der Leiche liegend aufgefunden. Weiterhin will man im Bordell "Die Sechzehn Ministerinnen" gesehen haben, wie er die Kurtisane Marisha aufsuchte und bald darauf wieder verschwand. Man fand Marisha, die er liebte und mit der er sein Leben verbringen wollte, geschändet und erwürgt in ihrem Zimmer. Nun vermutet man, er habe sie um Geld angebettelt, um das Spiel fortsetzen zu können, und sie im Zorn umgebracht, als sie ihm das verweigerte. Ein weiteres Problem: Er ist aus dem Kerker geflohen, was wie ein Schuldgeständnis aussieht, und in die Dämonenbrache geflohen - nachts während der Namenlosen Tage. Dort hat ihm der Erzdämon Blakharaz, der Herr der Rache, einen Pakt aufgezwungen, denn der hat ebenfalls ein Problem: Er war beschworen worden, damit jemand Rache nehmen konnte, und nach vollbrachter Tat ist es dem Beschwörer gelungen, durch ein kompliziertes Ritual den Pakt zu lösen. Beide wollen sich an dem selben Mann rächen, Halgor, weil dieser Mann Marisha umgebracht hat, und der Dämon, weil er diesen Paktbruch nicht einfach hinnehmen will.
Der Spieler wird allseits für tot erklärt - einen solchen Wahnsinn in den Tagen des Namenlosen kann keiner überleben! Das erleichtert ihm die Rückkehr nach Gareth zu seinem Freund Drogosch, Zwerg und Besitzer des Bordells "Levthans Horn". Halgor kann ihn und dessen Hausmagier Thanos von seiner Unschuld überzeugen und sie bewegen, ihm bei der Suche nach dem Mörder zu helfen. Dieser ist bald so gut wie ausgemacht, und um den letzten Zweifel zu beseitigen, will Halgor ihn aufsuchen und zur Rede stellen - und ihn töten, denn inzwischen ist er den Einflüsterungen des Erzdämonen erlegen. Wie der Zufall aber so will, bekommt der Gesuchte das mit und erwartet Halgor ...

Vermutlich haben die meisten DSA-Spieler individuelle Vorstellungen davon, wie ein Erzdämon darzustellen ist, weshalb man die Umsetzung in diesem Buch nicht gleich verniederhöllen darf. Blakharaz kommt hier als theatralischer, teilweise verspielter und redseliger Dämon daher, der zugleich oberlehrerhaft und penetrant wirkt und allzu viele menschliche Züge aufweist. Darüber hinaus entspricht die strukturierte argumentative Herleitung des Racheprinzips nicht dem, was man sich unter dämonischem Chaos vorstellen könnte. Überhaupt lässt sich dieser Erzdämon, Antagonist des Götterfürsten Praios, viel zu sehr auf menschliches Niveau herab, er diskutiert, statt einfach seine Macht spielen zu lassen. Am Ende lässt er sich sogar übers Ohr hauen - das ist unbefriedigend, nicht nur für eins der mächtigsten Dämonenwesen der gesamten Niederhöllen.
Die Geschichte ist ungewöhnlich und wird in drei Teilen erzählt, die einem Spiel gleich mit "Austeilen", "Einsetzen" und "Aufdecken" betitelt sind - der Autor spielt mit dem Leser. Spielerisch ist der Einstieg: Zunächst wird im Prolog auktorial das Schicksal des Mörders vorgestellt, das sich um drei Personen dreht, die aber nicht namentlich genannt werden. In den ersten beiden Kapiteln lernt der Leser dann diese Personen kennen, wobei es Spaß macht mitzukombinieren. Dieser Blick auf die Aktivitäten des Mörders kehrt in Zwischenspielen wieder, der Rest ist aus der Sicht Halgors in der Ich-Perspektive verfasst. Und der erste Teil fasziniert trotz seiner bisweilen ermüdenden Beschreibungen von Boltan-Spielzügen, macht Lust auf den Rest, allerdings fasziniert dieser Rest dann nicht mehr so.
Die Geschichte kommt erstaunlicherweise ohne Waffengeklimper aus, ist dafür recht magielastig und listenreich, eine angenehme Abwechslung. Teilweise brutal ist sie dennoch, und die Vergewaltigung mit tödlichem Ausgang ist für jugendliche Leser schon grenzwertig. Sie weist leider eine gewisse Notwendigkeit für die Geschichte auf und ist von einer Härte, die immerhin einem Erzdämon gerecht wird, denn der hat die Finger auch im Spiel.
Ein Spieler, ein guter Zauberer, ein böser Zauberer und ein Zwerg tragen die Story, Frauen treten nur in Form von Bordellbelegschaft auf. Wirklich ausgeprägt kommt dabei nur die Figur des bösen Zauberers herüber, allerdings ist sein Wahnsinn oberflächlich und sein Handeln im entscheidenden Zeitraum ohnehin dämonisch gesteuert. Bei Halgor ist es ähnlich, er wird zum faszinierenden Charakter erst durch Blakharazens Einfluss, und die beiden anderen Charaktere bleiben eher farblos, auch wenn man von Thanos immerhin einen kleinen Lebenslauf erfährt.
Spannung kam eher selten auf, und durch die Ich-Erzählweise wird auch der Thematik des aufgezwungenen Paktes mit dem Erzdämon das Feuer genommen. Längen entstehen durch lange Beschreibungen von Boltanspielen, langen Ausführungen seitens Thanos' über das Wesen der Magie und Dämonologie - immerhin gelingt dem Autor eine wunderbar schlichte und verständliche Darstellung dieser Themen - und die Beschreibung von Einzelheiten, die nicht wirklich interessieren. Manche Aktionen funktionieren zu einfach, und man fragt sich: Warum hat Blakharaz Halgor nicht einfach gesagt, wer der wahre Täter ist? Natürlich, weil dem Leser ansonsten ein Großteil der Geschichte verwehrt geblieben wäre. Und weil Halgor nicht gefragt hat.
Die Geschichte ist flüssig und ohne erzählerische Höhepunkte geschrieben. Es ist kein herausragender DSA-Roman, aber auch kein schlechter, wenn man die Darstellung des Erzdämonen außer Acht lässt oder vielleicht auch genau so schätzt. Sprich: Gutes Mittelfeld. Man liest es, legt es weg und denkt nicht mehr drüber nach.
Das Buch ist mit einer Aventurienkarte vorne und dem obligatorischen Glossar aventurischer Begriffe hinten ausgestattet. Das Coverbild zeigt einen Gaukler, der mit Karten um sich wirft. Halgor hat nie Harlekinkleidung an, aber das ist zu vernachlässigen. Schlimm ist, dass das Gesicht und vor allem die Mundpartie gar nicht gelungen ist. Dieses Gesicht ist das Unheimlichste am ganzen Buch - das will was heißen, denn immerhin spielt ein Dämon mit.
Kleine Anmerkung: Müsste man nicht eigentlich misstrauisch werden, wenn ein Zwerg einen Menschen als entfernten Verwandten vorstellt?

Stefan Knopp



Taschenbuch | Erschienen: 1. Januar 1996 | ISBN: 345311941X | 283 Seiten | Sprache: Deutsch

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