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 Popliteratur

Eine Einführung


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Lange Zeit fristete die Popliteratur ein Nischendasein. Denn nachdem diese in den 1960er Jahren ihren ersten Höhepunkt erreicht hatte, wurde es in den 1970ern und 1980ern ruhig um sie. Erst mit Christian Kracht und vor allem Benjamin von Stuckrad-Barres "Soloalbum" geriet diese wieder ins öffentliche Bewusstsein. Doch was ist Popliteratur eigentlich?

Für gewöhnlich werden damit Texte bezeichnet, die "von der Popmusik, der Pop-Art und/oder bestimmten modernen Ausprägungen der Medienkultur geprägt sind". Sie sind somit nicht nur eng mit anderen popkulturellen Phänomenen verwoben, sondern nutzen beziehungsweise zitieren Versatzstücke aus den Medien in vielfältiger Weise. So nimmt es nicht Wunder, dass der vorliegende Einführungsband zunächst die "Popkultur" selbst sowie den Popdiskurs und die Poptheorie in den Blick nimmt. Erst dann folgen "pop-poetische" Anmerkungen. Den weitaus größeren Teil des Bandes - rund zwei Drittel - räumen die drei Autoren Thomas Hecken, Marcus S. Kleiner sowie André Menke jedoch den wichtigsten Popliteraten selbst ein - von Rolf Dieter Brinkmann über Thomas Meinecke bis hin zu Charlotte Roche, Rocko Schamoni und Co. Der Chronologie folgend zeichnen sie so den Werdegang dieses jungen literarischen Genres nach. Neben wichtigen Kennzeichen und Entwicklungen nehmen sie dabei auch einzelne Werke in den Blick, die stilbildend waren. Ein ausführliches Literaturverzeichnis sowie ein Personenregister runden den Band schließlich ab.


Noch stärker als 1968/69 ist "Popliteratur" in der zweiten Hälfte der 1990er und zu Beginn der 2000er Jahre im Literaturbetrieb ein wichtiges Schlagwort.


So leicht sich popliterarische Werke bisweilen lesen lassen, so theoriebehaftet ist die literaturwissenschaftliche Beschäftigung mit denselben. Allerorten wird dies in dem Band deutlich, der nur so mit Fachbegriffen und programmatisch wirkenden Selbst- und Fremdzuschreibungen um sich wirft. Dies mag zunächst einige Mühe kosten, öffnet jedoch auch den Blick auf ein ganz besonderes literarisches Genre, das sich eben erst durch diesen theoretischen Diskurs öffnet. Denn die Texte der Popliteraten leben von einer starken Intertextualität und -medialität, die es zu durchschauen gilt. Hinzu kommt die Berücksichtigung des Umfeldes, da diese gerade auch durch ihre Tätigkeiten als Popjournalisten, Musiker oder DJs beeinflusst wurden und werden. Mit dem Popstar-Gehabe eines Benjamin von Stuckrad-Barres in Form von Auftritten in Clubs und Konzerthallen sowie anderweitiger medialer Präsenz tritt zudem etwas auf, das bis dato nur aus der musikalischen Pop- oder auch Rockszene bekannt war.

Doch wie der Band an vielen Stellen offenbart, ist der manchmal als Popliteratur-Prototyp stilisierte Benjamin von Stuckrad-Barre nur eine mögliche Ausprägung. Zu vielfältig sind die Einflüsse, zu unterschiedlich die individuellen Neigungen der hier angesprochenen Popliteraten. Auch deshalb ist dieser als Einführung betitelte Band sicherlich kein Lehrbuch im klassischen Sinne, sondern eher die Vermessung eines auf den ersten Blick sehr inhomogen wirkenden literarischen Genres, welches sich in einem ständigen Wandel befindet und somit nur schwer zu bündeln ist. Dieser Schwierigkeit begegnen die drei Verfasser des Bandes auf zweierlei Art und Weise. Zum einen legen sie an unzähligen Stellen die bereits angesprochenen intermedialen und intertextuellen Bezüge (vielleicht die entscheidende Gemeinsamkeit des Genres) offen. Zum anderen zeigen sie immer wieder an beispielhaften Werkanalysen, wie unterschiedliche Popliteratur sein kann. Nicht immer ist es dabei für den Leser ganz einfach, das, was gemeinhin als gemeinsamer Nenner bezeichnet wird, im Auge zu behalten. Neben der angesprochenen Vielfalt des Genres liegt dies auch daran, dass Thomas Hecken, Marcus S. Kleiner und Andrè Menke im zweiten Teil des Bandes mit ihrem chronologisch angelegten Zugriff auf einzelne Popliteraten einen beschreibenden Zugang wählen, der zu selten in eine zusammenfassende, die Grundlinien herausarbeitende Darstellung mündet. Einzig der lediglich dreieinhalb Seiten umfassende Schluss versucht dies zumindest.

FAZIT: Eine gute Einführung in ein inhomogen wirkendes literarisches Genre, welches jedoch keine lehrbuchartigen Informationen beinhaltet, sondern stattdessen das Feld der Popliteratur ausgiebig vermisst und damit dessen ganze Vielfalt aufzeigt.

Weitere Informationen, eine Leseprobe sowie ein Blick ins Inhaltsverzeichnis finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Softcover | Erschienen: 7. September 2015 | ISBN: 9783476025357 | Preis: 24,95 Euro | 218 Seiten | Sprache: Deutsch

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