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 Stolpern ist nicht schlimm

Materialien zur Holocaust-Education


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Lange Zeit waren es die Überlebenden des Holocaust, die uns immer wieder eindringlich ermahnten: So etwas wie der Holocaust dürfe nie wieder geschehen. Doch allmählich versterben auch die letzten Zeitzeugen und die Erinnerung an dieses ungeheure Verbrechen droht zu verblassen. Die sogenannte "Holocaust-Education" bedarf also einer Neuausrichtung. Wie eine solche aussehen könnte, zeigt der vorliegende Band.


Auf den nächsten Seiten lernt ihr Menschen kennen, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurden. Jeder Mann und jede Frau steht für eine Gruppe von Menschen, die in der nationalsozialistischen Gesellschaft aus bestimmten Gründen nicht mehr dabei sein sollten.


Ausgangspunkt sind dabei sechs biografische Skizzen von Menschen, die keine Zukunft im nationalsozialistischen Staat hatten. Deren Lebensgeschichten verweisen die Schüler bereits implizit auf die nationalsozialistische Rassenpolitik und dessen geistige Wurzeln Eugenik und (Sozial-)Darwinismus. Diese letztgenannten Schlagworte rücken anschließend in den Mittelpunkt der Materialien, die folgende sechs Themenfelder umfassen:


  • Eugenik im Jahr 1921: Eine selbstbewusste Wissenschaft mit großen Visionen
  • Eugenik und Sozialdarwinismus
  • Bevölkerungspolitik in der Weimarer Republik
  • Ideologischer Rassismus und Rassenhygiene
  • Die Vorstellung vom "lebensunwerten Leben"
  • Zweierlei "Recht" im Nationalsozialismus


Im letzten Teil erfolgt schließlich eine Hinwendung zur Gegenwart, indem anhand verschiedener aktueller Denkmuster gezeigt wird, dass ausgrenzendes Denken leider nicht der Vergangenheit angehört und daher wirksamer aufklärenden Maßnahmen bedarf.

Wie kann der Stellenwert des Themas "Holocaust" in der (außer-)schulischen Bildung auch zukünftig erhalten bleiben? Das ist die zentrale Leitfrage, welche den vorliegenden Materialien zugrunde liegt. Die Antwort ist vielschichtig: Zum einen nach wie vor durch eindringliche biografische Beispiele, welche das ganze Ausmaß und die Perversion nationalsozialistischer Rassenpolitik aufzeigen, sowie durch ein kritisches Hinterfragen der menschenverachtenden Ideen wie Eugenik und Sozialdarwinismus, derer sich die Nationalsozialisten bedienten. Denn "Holocaust Education" darf eben nicht in der Erinnerung erstarren, sondern muss aufklären, um bei jungen Menschen Toleranz und Mitmenschlichkeit auszubilden. So muss sich eine zeitgemäße "Holocaust Education" zum anderen unweigerlich der Gegenwart und Zukunft zuwenden, da Rassismus - so erschreckend das auch klingen mag - unter uns ist. Das verlangt geradezu wachsam zu sein, und nicht die Augen zu verschließen. Es ergibt daher Sinn, dass die Autorin Themen wie Homophobie, unüberlegte Bezeichnungen wie "Assi" oder die Diskussion um die Biopolitik ans Ende ihrer Einheit stellt, um nicht nur die Erinnerung, sondern vor allem auch die Lehren aus dieser - nämlich das kritische Hinterfragen von Stereotypen und die Überwindung einer Abwertung bestimmter Personen - zu ziehen. Letztlich geht es in dem vorliegenden Ansatz darum, Schüler für derartige Denkmuster zu sensibilisieren. Ganz in diesem Sinne finden sich immer wieder Arbeitsaufträge, die mit "Denke nach und denke weiter" nicht treffender umschrieben werden könnte. Denn was kann geeigneter sein als Nachdenken, um die Unhaltbarkeit rassistischen Denkens zu entlarven.


Es sind die vielen "kleinen" Menschen, die etwas erreichen können. Auch dafür gibt es in der Geschichte viele Beispiele. Vielleicht sucht ihr danach und lasst euch davon Mut machen?


In der Regel können die Aufgaben mithilfe der im Band abgedruckten Materialien bearbeitet werden. Bisweilen müssen jedoch auch weitergehende Informationen recherchiert werden. Etwas unklar bleibt, ob der zwischen den Materialien abgedruckte Begleittext auch für die Schüler bestimmt ist – der Sprachduktus, zum Teil in Form von "Du" spricht zumindest dafür - oder ob dies als Information für die Lehrenden gedacht sein soll, was angesichts der anspruchsvollen Ausführungen ebenfalls denkbar ist. Vielleicht ist es aber sowieso sinnvoll, die Materialien des Bandes nach den eigenen Bedürfnissen auszuwählen und zusammenzustellen, zumal das Layout nicht allzu ansprechend ist.

FAZIT: Der Band zeigt, wie eine zeitgemäße "Holocaust-Education" nach der Zeitzeugen-Ära aussehen könnte, um ausgrenzende Denkmuster kritisch zu hinterfragen.

Weitere Informationen zum Buch sowie ein Blick ins Inhaltsverzeichnis finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Softcover | Erschienen: 12. Oktober 2015 | ISBN: 9783734400872 | Preis: 19,80 Euro | 112 Seiten | Sprache: Deutsch

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