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 Die Sandmeer-Chroniken, Band 1: Wédora - Staub und Blut

Serie: Die Sandmeer-Chroniken, Band 1
Autoren: Markus Heitz
Verlag: Knaur

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Eine Stadt inmitten einer riesigen Wüste, Umschlagplatz für die Händler der umliegenden Reiche und Heimat für eine Millionen Menschen: das ist Wédora. Unterteilt in verschiedene Stadtviertel, trennen sich die Reichen von den Armen, die Kranken von den Gesunden, die Durchreisenden von den Einwohnern. Die Regentschaft liegt beim Daremo, den jedoch seit Jahrzehnten niemand mehr gesehen hat. Eine Botin spricht für ihn, Ratsherren und -damen aus den einzelnen Bezirken führen die Geschicke der Stadt und strenge Regeln ordnen das Leben. Regeln, die Liothan und Tomeija erst lernen müssen, als sie durch ein Missgeschick plötzlich in der Wüste erwachen. Seit diesem Moment ist ihr Leben ein Kampf ums Überleben und um die Heimkehr in das ferne Reich Walfor, ihre Heimat.

*Achtung Spoiler*

Mit seinem aktuellen Fantasieroman entführt Markus Heitz den Leser in die faszinierende Wüstenmetropole Wédora. Dieser ergründet die Stadt und ihr Umland durch die Augen der beiden Hauptfiguren Liothan und Tomeija, deren Heimat von der Wüste so weit entfernt liegt, dass niemand in Wedora je davon gehört hat. So steht vor allem die Fremdartigkeit der Stadt, ihre Bewohner und deren Bräuchen im Zentrum des Romans. Dabei gelingt es Heitz ein lebendiges, stimmungsvolles und tiefgründiges Setting vor dem Leser auszubreiten. Etliche spannende Einzelheiten - beispielsweise die Herrschaftsform, Legenden oder der Glaube der hier lebenden Menschen - werden zwar nur angerissen, lassen aber deutlich mehr Hintergrund vermuten. So erscheint allein die Vorgeschichte um den Außenposten "Sandwacht" genügend Stoff für einen eigenen Roman zu bieten, ebenso wie die Lebensgeschichten einiger Einwohner Wédoras.

Die beiden Hauptfiguren sind spannende mitreißende Charaktere, die zunächst jedoch keinerlei Verbindung zu Wédora haben. Bei Liothan bleibt der Status als Fremder auch erhalten, während Tomeija in der Wüstenstadt nach und nach zu sich selbst zu finden scheint, und so im Rahmen der Handlung immer weiter an Tiefe gewinnt. Woher diese Verbindung zu der Metropole fern ihrer Heimat kommt, bleibt jedoch leider unerklärt, obwohl dies die erhoffte Verbindung der Charaktere zur Storyline der Wüstenstadt bringen könnte. Die Charaktere werden zwar in die Ereignisse in Wédora hineingezogen, letztlich fehlt ihnen aber jegliche persönliche Einbindung in weite Teile der Handlung. Ganz im Gegensatz zu dem mitreißenden Setting, wirkt die Rahmenhandlung daher flach und unmotiviert. Es scheint als sei sie mehr die Bühne, um die Stadt Wédora zu präsentieren, als eine tatsächlich erzählenswerte Geschichte. Zu oft ist reiner Zufall des bestimmende Element.

So stolpern die beiden Hauptfiguren lediglich durch einen Zufall in die ferne Welt. Sie werden getrennt, treffen jedoch trotzdem in der Millionenstadt zufällig auf dieselben Menschen. Sie geraten beide durch einen Zufall in Ereignisse, die entscheidend sind für die Stadt und sie letztlich zum Rat der Regierenden führt. Während anfangs die Zufälle noch akzeptabel erscheinen, erregt deren Zunahme jedoch das Gefühl einer mangelnden Idee seitens des Autors. An machen Stellen dienen zufällige Überschneidungen vor allem dazu, dem Leser Informationen mitzugeben, die den Figuren selbst fehlen. An anderen Stellen erzeugt dies aber auch filmische Momente, etwa in einer Szene mit Stimme aus dem Off, als Liothan von einer Person berichtet wird, während Tomeija diese im selben Moment am anderen Ende der Stadt kennenlernt. Gleichzeitig gibt es weniger gelungene Szenen. So liefert Tomeijas Zusammentreffen mit Eakina dem Leser etwa das Wissen über deren lebensverlängernde Maßnahmen. Das mag erklären, warum die reiche Dame Liothan als Sklave in ihr Haus holt, ohne dass sie in langen Bösewicht-Monologen ihre Gründe offenlegt. Doch sollte ein erfahrener Autor wie Markus Heitz auch andere Wege kennen, glaubhaft handelnde Charaktere zu beschreiben, ohne auf diese etwas ideenlose Art die Handlung des Buches erklären zu müssen. Die Häufungen der Zufälle und Überschneidungen weckt im Leser die Erwartungshaltung, es müsse irgend einen tieferen Grund, einen Zusammenhang zwischen den Hauptfiguren und der Stadt oder den Ereignissen geben. Diese wird jedoch enttäuscht.

Leider macht der Autor es sich auch etwas einfach, wenn es darum geht, die Rahmenhandlung im fernen Walfor wieder mit den Gestrandeten in Wédora zu verbinden. Nachdem diese das ganze Buch nach einem Heimweg gesucht haben, gibt es am Ende schlicht keinen und somit keine Auflösung für den Leser. Dadurch wirkt die weitergeführte Handlung in Walfor sinnlos, und mit den aufeinanderfolgenden brutalen Toden aller Protagonisten lediglich wie Effekthascherei.

In "Wédora" trifft ein detailliert gestaltetes Setting mit spannenden Figuren auf eine oberflächliche und lieblos konzipierte Rahmenhandlung. Nichtsdestoweniger bietet der Roman spannende Unterhaltung. Durch die Eigenheiten der Wüstenmetropole und der darin lebenden Figuren versteht es Markus Heitz, den Leser zu fesseln und an das Geschehen zu binden, auch wenn die in Wédora stattfindende Geschichte eigentlich nichts mit seinen Hauptfiguren zu tun hat. So erscheint ein Folgeband trotz einiger Kritikpunkte an diesem Roman reizvoll, um mehr über die Hintergründe der Stadt und der Personen zu erfahren, ebenso wie die Ausgänge einiger offenen Plotenden.

Wer einen Blick ins Buch werfen möchte, kann dies auf der Website von Droemer Knauer tun.

Ganz persönlich

Tatsächlich hinterlässt die Lektüre von "Wédora" ein zwiespältiges Gefühl. Ich habe immer wieder im Band den Eindruck gewonnen, er sie etwas schnell heruntergeschrieben und die gesamte Rahmenhandlung lieblos und ideenlos aufgestellt, um das Setting zu präsentieren. Die Wüstenstadt selbst jedoch ist durchaus faszinierend und spannend, sowie die dortige Handlung. So hatte ich letztlich viel Freude beim Lesen, auch wenn die Kritikpunkte mannigfaltig sind. Definitiv besser hätte ich den Roman jedoch gefunden, Markus Heitz sich auf die Handlung in der Wüstenstadt beschränkt und die Rahmenhandlung in Walfor gänzlich gestrichen hätte. Es hätte den Band nicht nur gekürzt, sondern auch die Erwartungshaltung in mir, Walfor und Wédora würden auf irgendeine Weise verbunden, oder Tomeija und Liothan kämen zurück, nicht enttäuscht.


Claudia Heinzelmann



Taschenbuch | Erschienen: 1. August 2016 | ISBN: 9783426654033 | Preis: 16,99 Euro | 608 Seiten | Sprache: Deutsch

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