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 Absurd

Unheimliche Geschichten


Cover
Gesamt ++++-
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Sieben Kurzgeschichten von Stefan Melneczuk präsentiert der VirPriv-Verlag in dem vorliegenden 134-seitigen Buch. Den Geschichten ist vor allem eins gemeinsam: die spürbare Lust am Erzählen ominöser Geschehnisse.

Der Autor entführt den Leser in bizarre Realitäten, düstere Zukunftsvisionen und unheimliche Ereignisse. Gleich in der ersten Geschichte "Glas" lernt der Ich-Erzähler ein mysteriöses Mädchen im Zug kennen, das er stets nur in der Spiegelung einer Glasscheibe sieht. Der Auftakt gibt bereits die Richtung vor: Melneczuk serviert dem Leser Mysteriöses und Unerklärliches in ausgewählten Worten.
Gleich die nächste Geschichte setzt noch einen drauf. Eine dunkle Zukunft zeichnet der Autor in der Geschichte "Träumer". Tristan, der Protagonist, glaubt sich verfolgt von "ihnen". Doch ist das wahr oder entstammen diese bizarren Überlegungen nur seiner Fantasie? Dringen "sie" tatsächlich mit Gerätschaften in seinen Kopf und manipulieren ihn, nur weil er hin und wieder zu schnell Auto fährt, oder wird der junge Mann verrückt? Und musste einer seiner Arbeitskollegen wirklich sterben, weil er ihm von seinem Verdacht erzählte? Tristan beginnt, Experimente anzustellen, um herauszufinden, wo die Wahrheit liegt.
Der Ich-Erzähler in "Verfolgt" muss sich derweil mit ganz anderen Dingen herumplagen - was mit der Übernahme einer Taufpatenschaft beginnt, endet in einer Begegnung der übersinnlichen Art - und das Patenkind Derek ist das Medium zu einer nicht ruhen wollenden Seele.
Gegen den "Durst" müssen die Männer eines Bautrupps kämpfen, denn in der sengenden Hitze der Wüste geht Unheimliches vor sich; sämtliche Wasservorräte der Arbeiter scheinen sich in Luft aufzulösen.
"Hardsons letzter Song" erzählt von dem Aufstieg einer kleinen Rockband, der mit der Hilfe des Ich-Erzählers gelingt. Die Geschichte begleitet die Band um Sänger Jeff Hardson, den etwas Mysteriöses umgibt. Und wie seltsam Hardson wirklich ist, beweist er mit seinem letzten Song, den er seiner Heimatstadt widmet.
Die folgende Geschichte heißt "Hunger" und beginnt albtraumhaft: Der Ich-Erzähler steckt in einem Bassin voller blauer Flüssigkeit, nackt, verkabelt und an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Erinnerungen werden wach, wie es zu dieser bizarren Situation kam - und diese Erinnerungen sind grauenvoll …
Den Abschluss bildet eine Kurzgeschichte namens "Kanal 38"; Martin ist von dem Gedanken besessen, seine verstorbene Freundin mittels eines Fernsehers wiederzusehen. Auf den Rat einer alten Frau hin dreht sich sein komplettes Leben nur noch um die Suche nach Christine … und Kanal 38.

Den Geschichten vorangestellt ist ein Vorwort des Autors, in dem er von seiner Motivation zu schreiben erzählt. Dort erwähnt er unter anderem Stephen King, dessen Einfluss auf Melneczuk in den Kurzgeschichten spürbar ist. Abschließend gibt es weitere Informationen zum Autor und zu seinen Büchern sowie eine Danksagung, die dem Buch eine persönliche Note geben.

Von vornherein muss gesagt werden, dass nicht jede Geschichte zündet; nicht bei jeder der sieben Storys ist die Auflösung der Ereignisse - sofern es denn überhaupt eine Auflösung gibt - eine Offenbarung für den Leser, wie es gerade bei Gruselgeschichten vonnöten ist, um den wohligen Schauer beim Lesen zu erreichen. Dafür entschädigt Melneczuks Stil jedoch allemal. Mit einem tollen Gespür für die richtige Wortwahl und einer ansprechenden Erzählweise zieht der Autor seinen Leser in die kurzen Verläufe der Handlungen, lässt ihn teilhaben an seinen Verschwörungstheorien und den bizarren Erlebnissen seiner Charaktere. Die gruselige Auflösung am Ende, die man aus so vielen anderen Gruselgeschichten kennt, ist hier nicht notwendig, um beim Lesen zu fesseln, die Form überwiegt den Inhalt auf gelungene Weise; weniger ist also der Inhalt zu kritisieren als der Stil zu loben. Dabei gelingt es dem Autor, stets eine düstere, packende Atmosphäre zu erzeugen und mit wenigen, aber wirkungsvollen Stilmitteln Spannung und Stimmung zu schaffen - in Kurzgeschichten ohnehin schwieriger als in einem Roman, der den nötigen Platz dafür böte.

Stilistisch bekommt der Leser Ansprechendes serviert. Vermag nicht jede Geschichte dem Genre etwas Innovatives beizufügen, so wird dies durch die Art und Weise des Erzählens mehr als überzeugend ausgeglichen. Sieben Kurzgeschichten laden den Leser ein, sich einen Schauer über den Rücken jagen zu lassen … und nebenbei Literatur zu genießen, die sich etwas über den Durchschnitt gewöhnlicher Kurzgeschichten erhebt.

Tina Klinkner



Softcover | Erschienen: 01. Juni 2002 | ISBN: 3935327196 | Preis: 10 Euro | 136 Seiten | Sprache: Deutsch

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