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 Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Als Nelli von der Bauernfamilie Leithner aufgenommen wird, ist sie eigentlich nicht mehr als ein weiteres Problem. Im Frühjahr 1945 gibt es im österreichischen Mostviertel nicht viel, was die Landbevölkerung noch schockieren könnte, doch innerhalb der aufnehmenden Familie kommt es durchaus zu Missgunst und Eifersüchteleien. Nelli entzieht sich diesen durch die Erschaffung ihrer eigenen Welt.

Dann taucht ein geflüchteter Kriegsgefangener mit einem rätselhaften Bild auf dem Anwesen auf. Er beflügelt Nellis verzauberte Welt. Doch gegen die bald darauf eintreffenden Nazis kann das Mädchen ihn nicht schützen. Es ist das Familienoberhaupt, das wider Willen zum Helden wird. Allerdings nicht sehr. Und genau das bleibt als bitterer Nachgeschmack.

Nelli hat die Flucht ihrer donauschwäbischen Familie aus dem jugoslawischen Banat nach Niederösterreich überlebt. Als Einzige dieser Familie kam sie bei einer Bombardierung des nahen Industriestandorts nicht um, der ihren Lieben und ihr selbst zur vorübergehenden Heimat geworden war. Ohne Erinnerung trifft sie bei der Mostviertler Familie Leithner ein. Die Dreizehnjährige, mehr geduldet als aufgenommen, schafft sich mittels ihrer Aufzeichnungen ihre eigene Welt, und nur manchmal dringen überraschend Gedächtnisfetzen an die Oberfläche ihres Bewusstseins.

Als der weißrussische Kriegsgefangene Michail Levjochin auf dem Hof auftaucht, im Gepäck ein rätselhaftes Bild, das Kenner sofort an Franz Marc erinnert, verändert sich Nellis kleine Welt von Grund auf. Die zaghafte Freundschaft zu dem Fremden und dem Bruder ihres "Großvaters", des Bauern, lassen das Mädchen in Gefahr geraten. Soldaten tauchen auf und stellen den Bauernhof auf den Kopf. Der Großvater wird zum Helden für einen Tag, und doch ist diese Geschichte im Wesentlichen eine Dokumentation des Scheiterns – aus kindlicher Sicht. Sie ist stark und wirkt nachhaltig, kein Zweifel, doch der Held ist keiner, der die Geschichte verändert hat, nur einer von den vielen kleinen Trotzigen, von denen manche überlebt haben und andere nicht.

Nelli, frühreif und nachdenklich trotz oder gerade wegen ihres Gedächtnisverlusts, ist natürlich die eigentliche Heldin dieser Geschichte. Sprecherin Valerie Tscheplanowa greift die eigenwillig nüchtern-poetische Art der jungen Protagonistin perfekt auf und schildert die bestürzenden Abläufe ausgesprochen identisch. Am Ende ergibt sich ein schmerzlich-verstörendes Gesamtbild einer gezeichneten Nation.

Reinhören ist hier möglich.
Die beiden CDs befinden sich in einer attraktiv aufgemachten Karton-Klapphülle.

Regina Károlyi



CD | CD-Anzahl: 2 | Erschienen: 24. Juli 2017 | ISBN: 978-3956392962 | Laufzeit: 150 Minuten | Preis: 16,99 Euro | Sprache: Deutsch

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