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 Für Prophet und Führer

Die islamische Welt und das Dritte Reich


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Preis - Leistungs - Verhältnis
Der Zweite Weltkrieg ist das vielleicht am besten erforschte Ereignis in der Geschichtswissenschaft. Dennoch finden sich noch Aspekte, die wenig beleuchtet sind. So etwa die Islampolitik des Dritten Reiches, die nun David Motadel in einer Studie erforscht hat.

Das gut 570-seitige Werk will einen Gesamtüberblick über die Islampolitik der Nationalsozialisten während des Krieges geben und behandelt dafür drei Aspekte in je einigen Abschnitten. Im ersten Kapitel geht es um die allgemeine Islampolitik des Deutschen Reiches, im zweiten um den Umgang mit Muslimen in besetzten Gebieten und im dritten und letzten wird die Einbindung von Muslimen in den Krieg durch Wehrmacht und SS behandelt. Abgeschlossen wird das Buch durch einen 150-seitigen Anmerkungsapparat und ein Personenregister.

David Motadels Studie "Für Prophet und Führer" ist das Ergebnis einer intensiven und fundierten Forschungsarbeit zu einer bislang kaum gestellten Frage. Das Ergebnis macht deutlich, dass die Rolle des Islams im Zweiten Weltkrieg noch einiges an fruchtbarer Forschung ermöglicht, die geleistet werden sollte.

Der Aufbau dieser Forschungsarbeit folgt den verschiedenen Aspekten der NS-Politik gegenüber dem Islam und den Muslimen, die mit zunehmender Kriegsdauer weniger ideologisch-rassistisch und immer stärker sehr pragmatisch ausgerichtet wurde. Während im ersten Abschnitt die allgemeine Islampolitik dargestellt wird, die recht pauschalisierend Unterschiede in der islamischen Welt ausblendet, geht es im zweiten um konkrete Politik gegenüber Muslimen im eigenen Machtbereich, die ab 1941 von einer repressiven zu einer toleranten übergeht, um die Muslime gegen die Kriegsgegner mobilisieren zu können. Im dritten und interessantesten Abschnitt geht es um Muslime, die sogar in Wehrmacht und Waffen-SS aufgenommen wurden, und wie sie von diesen Institutionen behandelt wurden.

Ähnlich wie im Ersten Weltkrieg betrachtete die deutsche Führung den Islam als einen potentiellen Verbündeten, der gegen die Kolonialmächte und die UdSSR in Stellung werden konnte. Muslimische Praktiken und Moscheen wurden also zugelassen, eine weltweite Propaganda etabliert, die Deutschland als Schutzmacht der Muslime darstellte, und es wurden sogar Muslime in den Militärapparat aufgenommen. Motadel stellt dies alles als Erster systematisch dar und macht mit dem dritten Punkt einen sogar weitgehend unbekannten Aspekt des Weltkrieges bekannt, indem er dazu geforscht hat, wie gut oder schlecht die Muslime in der SS behandelt wurden, wie weit die Toleranz aus Kriegspragmatismus wirklich ging.

Die Zahlen und die Energie, mit der die Deutschen die Muslime für sich gewinnen wollten, zeigen deutlich, dass der Islam ein wesentlicher Faktor im Weltkrieg war. Motadels Studie sollte daher ein Vorbild sein, um ähnliche Frage ebenso für andere kriegsteilnehmende Staaten zu erforschen, denn wie der Autor auch schreibt, haben sich alle Mächte im Weltkrieg um die Muslime bemüht. Das Zerren um die Muslime und den Islam war ein bedeutender Aspekt im Krieg, dessen Erforschung noch am Anfang steht. Motadel hat einen guten ersten Aufschlag geliefert.

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.

Andreas Schmidt



Hardcover | Erschienen: 11. November 2017 | ISBN: 978-3608981056 | Originaltitel: Islam and Nazi Germany's War | Preis: 30,00 Euro | 568 Seiten | Sprache: Deutsch

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