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 Klimt ist nicht das Ende

Aufbruch in Mitteleuropa


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Am Ende des Ersten Weltkriegs stand Europa vor einem Scherbenhaufen ungeheuren Ausmaßes. Es war ein riesiger Verlust an Menschenleben zu beklagen, die Wirtschaft lag am Boden, die Menschen hungerten und starben an der Grippe. Und Grenzen wurden neu gezogen beziehungsweise errichtet.
Mit der Zerschlagung des Habsburgerreiches ging eine Zersplitterung des künstlerischen Lebens in Mitteleuropa einher, die Thema der Ausstellung "Klimt ist nicht das Ende - Aufbruch in Mitteleuropa" ist. Diese fand vom 23. März bis 26. August 2018 in Wien statt und wird noch bis zum 20. Januar im BOZAR in Brüssel zu sehen sein.

Beim hier besprochenen Buch handelt es sich um den Katalog zur Ausstellung. Auf eine Einführung folgen sechs große Abschnitte, in denen jeweils ein oder mehrere Essays einem Tafelteil mit Abbildungen der Exponate gegenüberstehen. Die Teile des Bandes sind überschrieben mit "Kreative Vielfalt. Pluralismus 1914-1918", "Vom Hurra zum Leichenfeld. Krieg und Ernüchterung", "Psychogramme – Revolution und Aufbruch", "Künstlerische Internationale", "Variationen des Figurativen", "Emigration – Verfolgung – Widerstand".
Im Anhang finden sich ein Verzeichnis der Künstlerinnen und Künstler sowie der Exponate, ein Personenindex, eine Konkordanz der Ortsnamen, Angaben zu den Autorinnen und Autoren, Hinweise zur Typografie, Bildnachweis und Impressum.

Als sich Europa in den Wahnwitz des Ersten Weltkriegs stürzte, konnte niemand ahnen, welche Verwerfungen sich an dessen Ende ergeben würden – und welch grundlegende Auswirkungen diese auf praktisch alle Bereiche des Lebens haben würden, unter anderem auch auf Kunst und Kultur. Vor allem die Künstler der ehemaligen K.u.k.-Monarchie trafen die Veränderungen hart, wurden doch Vernetzungen brutal zerschnitten, als Österreich nur noch als Rumpfstaat bestand und mit Ungarn, der Tschechoslowakei und Jugoslawien eigene Staaten entstanden. Weitere ehemals habsburgische Gebiete gingen an andere Länder. Und führende österreichische Künstler – Klimt, Schiele, Moser, Wagner – waren gerade gestorben.

In der Ausstellung "Klimt ist nicht das Ende – Aufbruch in Mitteleuropa" und natürlich ebenso im dazugehörigen Katalog werden diese Zersplitterung und ihre teilweise Überwindung thematisiert. Einen wesentlichen Aspekt bildet hierbei das Exil vor allem in Paris, das einige der prominenten Kunstschaffenden aus der zerrissenen Donaumonarchie wieder zusammenführte. Im ersten Teil geht es um "Gustav Klimts letzte Schaffensjahre und seine Beziehung zur jungen Avantgarde in Wien" – so der Titel eines Essays – sowie um die Entwicklung der expressionistischen Kunst in den größeren der aus dem Habsburgerreich hervorgegangenen Länder. Darüber hinaus werden weitere Stile und Strömungen unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, nicht zuletzt jedoch auch rückblickend die Arbeit der "Kriegsmaler" im Dienst der Monarchie.

Besonders positiv fällt auf, dass der Band nicht einfach aus einem Teil mit (durchaus bebilderten) Essays und einem mit Abbildungen der Exponate besteht, sondern dass sich die Kunstwerke der Ausstellung immer am Ende des jeweiligen Abschnitts befinden, sodass es dem Leser leichtfällt, den Zusammenhang herzustellen. Gerade angesichts der komplexen Gemengelage in Sachen Politik, Kultur und soziale Verwerfungen erweist sich dies als hilfreich; auch tragen die fachkundig, ebenso jedoch packend verfassten Essays bestens zum Verständnis der thematisierten Epoche bezüglich der Kunst in Österreich, Ungarn und der Tschechoslowakei bei.

Für die Abbildungen der Kunstwerke wurde ein – bezogen auf die angenehm großformatigen Buchseiten – möglichst großzügiges Format gewählt, sodass die Bilder und Skulpturen gut zur Geltung kommen. Dazu trägt ebenfalls der Umstand bei, dass sie nur von einer sehr knappen Information begleitet werden: Selbstverständlich gibt es im Anhang ein angemessen umfangreiches Verzeichnis mit allen relevanten Angaben. Wie bei Hirmer üblich, lassen Druck- und Papierqualität nichts zu wünschen übrig. Auch das Layout überzeugt.

Ein starker Begleitband zu einer wichtigen Ausstellung!

Ein virtueller Blick ins Buch ist auf der Verlagsseite möglich.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 1. März 2018 | ISBN: 9783777430584 | Preis: 45,00 Euro | 392 Seiten | Sprache: Deutsch

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